RTL II zeigt die Imitatoren-Castingshow «My Name Is» und Quotenmeter.de hat hingeschaut.
In den ersten Minuten gibt sich «My Name Is» in gewisser Weise wie eine Art «Popstars» zweiter Klasse, denn die typischen Casting-Elemente sind vorhanden: Zunächst werden all die Kandidaten, die sich als Imitatoren bewerben, kameratechnisch in Totalen eingefangen. Anschließend wird ein Teilnehmer nach dem anderen auf die Bühne geschickt – teilweise natürlich mit entsprechenden Interviews vor dem Auftritt. Unterscheiden soll sich das neue RTL II-Format von anderen Castingshows durch das Imitatoren-Element. Ist dies geglückt?
Problematisch wird ein Imitatoren-Konzept dann, wenn der eigentliche Kandidat nicht wie sein prominentes Vorbild aussieht – wie beispielsweise der erste Teilnehmer der Show, der angeblich Robbie Williams ähnelt. Subjektiv hatte dieser allerdings nur entfernt das Aussehen des Sängers, das er allerdings durch eine umso beeindruckendere Stimme wettmachen konnte. Ähnlich verhielt es sich mit fast allen anderen Kandidaten.
Dass diese Castingshow die üblichen Zuschauer des Genres abfischen will, zeigt der deutliche Fokus auf das Musikalische: Alle Doubles imitieren Pop- oder Rockstars und geben ein Lied zum Besten, sodass das Doppelgänger-Konzept nur begrenzt zur Geltung kommt und mehr das Mittel zum Zweck ist – dieser Zweck besteht darin, die bekannte und erfolgreiche Mischung, bekannte Songs von mehr oder weniger sympathischen Menschen vor einer Jury zu präsentieren. Dass es hier weniger um die eigentliche Imitation geht, zeigt auch eine sehr junge Kandidatin, die Whitney Houston nachmacht: Auch hier passt das Aussehen überhaupt nicht zum Gesangsstar, sondern lediglich die Stimme. Und letzterer Umstand ist nicht neu, sondern wird oft auch in „normalen“ Castingshows wie «Deutschland sucht den Superstar» gesehen. So wird auch in dieser RTL II-Show wohl weniger der beste Imitator, sondern eher (und wieder einmal) der beste Sänger gesucht; zumindest vermittelt ein Großteil der ersten Sendung diesen Eindruck.
Grundsätzlich hat «My Name Is» damit zunächst einmal sein Konzept verfehlt. Denn auch die Jury bewertet weniger Aussehen oder Gestik des jeweiligen Imitators, sondern legt ihren Fokus ebenfalls auf eindrucksvollen Gesang. Viele andere Doppelgänger-Shows haben ihre Doppelgänger-Idee konsequenter verfolgt – so beispielsweise im Jahr 2008 «Lebe deinen Star!» in Sat.1, wo alle Star-Doubles nicht nur wie ihre Vorbilder singen konnten, sondern auch genau wie sie aussahen und tanzten. Und wir als Zuschauer teilweise verblüfft ob der Ähnlichkeit und des Imitations-Talents waren – dieser Aha-Effekt kam bei «My Name Is» leider in der ersten Episode viel zu selten auf (beispielsweise bei der Imitatorin von Hildegard Knef).
Natürlich dürfen bei einer Castingshow auch nicht die obligatorischen Nonsens-Sequenzen fehlen, bei denen es lediglich um banale Unterhaltung geht: So imitiert eine 71-jährige Rentnerin das Boulevard-Sternchen Daniela Katzenberger, natürlich ohne auch ansatzweise wie sie auszusehen oder zu singen. Spätestens hier entfernt sich «My Name Is» endgültig von einer ernstzunehmenderen Talentsuche hin zu dem üblichen Castingshow-Einheitsbrei, der schon dutzendfach im Fernsehen gesehen wurde. Daran ändert auch die Jury nichts, die aus Schlagersängerin Michelle, der „Glamourqueen“ (so wurde sie jedenfalls von RTL II betitelt) Alessandra Pocher und dem Musikmanager Maarten Steinkamp besteht und während der Sendung blass bleibt.
Positiv hervorzuheben ist das Moderatorenduo Pete Dwojak und Nadine Vasta, das sich allerdings größtenteils sehr zurückhält und, ähnlich der «DSDS»-Castingepisoden, selten auf dem Bildschirm erscheint. Nett sind allerdings die teils süffisanten, ironischen Kommentare Dwojaks, der das Showformat richtigerweise nicht allzu ernst nimmt – leider im Gegensatz zu vielen anderen Protagonisten. Richtig interessant wird «My Name Is» erst in der letzten halben Stunde: Dann treten die besten, von der Jury ausgewählten Imitatoren nochmals vor Publikum auf. Sie werden in den Tagen zuvor von professionellen Coaches und Stylisten hinsichtlich des Aussehens und der Performance trainiert, um ihrem Star näher zu kommen. Diese letzten Auftritte vor Publikum kommen dem Imitatoren-Konzept dann deutlich näher; die Doubles sehen ihren Vorbildern nun auch äußerlich sehr ähnlich. Leider macht dieser Teil der Sendung nur die letzten Minuten aus – RTL II hätte das wenig spektakuläre Anfangs-Casting, das eineinhalb Stunden dauert, kürzen und den Publikumsauftritten viel mehr Sendezeit einräumen müssen.
Insgesamt gestaltet sich «My Name Is» als unterhaltungstechnischer Durchschnitt, der wohl nur hartgesottenen Castingshow-Fans ansatzweise gefallen dürfte, die auch im Sommer nicht genug von den sogenannten Talentsuchen bekommen. Problematisch ist insbesondere das nicht konsequent verfolgte Imitatoren-Konzept, das erst in der letzten halben Stunde richtig zur Geltung kommt. Dass die Show aber der üblichen Casting-Formel folgt, bedeutet nicht, dass sie viel schlechter als andere Formate ist: Wer also gewohnte, handwerklich solide gemachte Sommerunterhaltung am Mittwochabend sucht, ist bei RTL II halbwegs ordentlich aufgehoben.