Sonntagsfragen

„Muss etwas ein Hype sein, um erfolgreich zu sein?“

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Am Sonntag startet die Frauen-WM 2011 in Deutschland. ARD und ZDF teilen sich die Übertragungsrechte im Free-TV. Als Kommentator ist neben Bernd Schmelzer auch Tom Bartels wie schon 2007 die ARD-Stimme der Frauen-WM. Tom Bartels kommentierte zuvor bereits Partien für Sky-Vorgänger Premiere und RTL, wo er bei der WM 2006 in Deutschland vor dem Mikrofon war. Kurz vor dem WM-Anpfiff der Damen ist der Sportkommentator im Quotenmeter.de-Interview.

Tom Bartels, Glückwunsch erst einmal zum Gewinn des diesjährigen „HERBERT-Awards“ als „Bester Sport-Livekommentator“. Was bedeutet die Auszeichnung dieses Sportjournalistenpreis für Sie?
Generell bin ich Auszeichnungen gegenüber eher skeptisch eingestellt, aber da der HERBERT-Award von Sportlern selbst vergeben wird, habe ich mich sehr gefreut – ja, wirklich sehr.

Kaum ein anderes TV-Event erreicht Millionen Zuschauer wie Fußballspiele. Wie erklären Sie sich das?
Fußball ist ein großer gemeinsamer Nenner, weltweit. Ob mit zusammen geknoteten Tüten, mit Dosen, mit Lederbällen, mit Plastikflaschen, es gehört fast zum natürlichen Reflex gegen etwas zu treten und schon ist man beim Fußball. Das Spiel hat einfache Regeln, ist fast überall zu spielen. Und alles, was einem selbst Freude bereitet, begleitet man natürlich auch. So erklären es zumindest Psychologen und Soziologen.

Frauenfußball genießt bisher nicht so einen großen Stellenwert wie der Männerfußball in Deutschland. Welche Zuschauerzahlen erwarten Sie?
Ich erwarte zumindest bei den Deutschland-Spielen ausverkaufte Stadien. Bei den anderen Spielen hängt es davon ab, wie der Funke überspringt, wie das Wetter sein wird, wie die WM in den Medien begleitet wird, ob sich besondere Spielerinnen aus den Mannschaften heraus heben können. Es sind tatsächlich viele Kleinigkeiten, die ein Ereignis zu einem Nationalen Event machen. Die deutsche Nationalmannschaft ist sich jedoch bewusst, dass es keine Wiederholung von 2006 geben wird. Ich bin gespannt, was möglich sein wird.

Warum fand der Frauenfußball in den Medien bisher eher wenig statt?
Die Geschichte des Frauenfußballs ist eine kurze. 1990 wurde in Deutschland erst die Frauen-Bundesliga eingeführt. Frauen-Fußball muss noch seine eigene Geschichte finden, das braucht Zeit. Die Männer haben 1954, das Wembley-Tor, Cordoba – um nur drei fußballhistorische Höhepunkte zu nennen. Das hat der Frauenfußball alles noch vor sich. Wir können bei dieser WM mit dabei sein, bei dem spannenden Entwicklungsprozess. Wir müssen nur bereit dafür sein, das muss jeder Fußballfan für sich entscheiden. Ich freue mich sehr darauf ein Teil dieser WM zu sein.

Macht es für Ihre Arbeit als Sportkommentator überhaupt einen Unterschied, ob Frauen oder Männer auf dem Platz spielen?
Überhaupt keinen! Das Spiel ist das Gleiche und als Reporter begleite ich nichts als das Spiel mit seinen Protagonisten.

Wie muss man sich die Sendungs-Vorbereitung als WM-Kommentator vorstellen?
Ich treffe mich mit den Trainern und Trainerinnen der mir zugeteilten Teams, recherchiere im Umfeld des Teams, lese alles, was ich in die Hände bekomme und schaue wie immer intensiv Spiele auf DVD.

Was halten Sie vom DFB-Slogan „20elf von seiner schönsten Seite“?
Ich nehme an, dass er mit dem Frauenteam abgesprochen ist. Auch da gilt, das Team muss sich selbst finden, seinen Platz suchen. Es ist größtenteils noch jung und kann sich ausprobieren – warum nicht über Attraktivität. Die Männer machen das doch ähnlich, posieren in Modemagazinen, stylen sich mit der neusten Mode, werden in Männer- wie Frauenmagazinen als Stil-Ikonen gefeiert. Die schönen Seiten werden von Frauen wie Männern genutzt.

Inwieweit wird die WM 2011 dem Frauenfußball langfristig nützen?
Die WM wird eine weitere Treppenstufe in der eigenen Fußballgeschichte sein. Sie wird natürlich nützlich sein. Die Welt schaut zu, Deutschland ist ganz nah dran. Die Frauen haben eine große Chance sich zu zeigen - ihre Leistung, ihren Charakter, ihre Spielweise und sie werden sicher viele Mädchen motivieren Fußball zu spielen, selbstbewusster auf dem Pausenhof mitzukicken, sich im Fußballverein anzumelden. Ein Zulauf von Mädchen zum Fußball wäre der größte langfristige Nutzen.“

Welche Chancen räumen Sie der Frauen-Nationalmannschaft bei der WM ein?
Sie sind für mich mit dem Heimvorteil und der zielgerichteten Vorbereitung mit Spezialisten in allen Teilbereichen DER Favorit!

Vor Ihrer ARD-Zeit kommentierten Sie die WM 2006 in Deutschland für RTL. Inwieweit unterscheidet sich die Berichterstattung der Privatsender gegenüber der öffentlich-rechtlichen Sender heutzutage?
Die Berichterstattung ändert sich immer – dazwischen liegen fünf Jahre - ganz unabhängig vom Sender. Der Sendungsaufbau verändert sich, es werden immer wieder neue Sendungselemente ausprobiert, manche bewähren sich, andere fliegen raus. Die Sprache verändert sich, weil man sich selbst verändert. Das Internet spielt als Medium eine immer größere Rolle. Es ist alles im Fluss, aber tatsächlich unabhängig vom Sender.

Vor einem Jahr schaute die Fußball-Welt nach Südafrika. Was war für Sie das WM-Highlight 2010?
Das Highlight für mich war das 4:0 der deutschen Mannschaft gegen Argentinien, gleich danach der Sieg gegen England. Die Art und Weise dieser Erfolge wirken nach – das hat jeder Fußballfan auf der ganzen Welt mitbekommen. Einfach großartig!

Glauben Sie, dass wir wie bei der WM 2006 im eigenen Land erneut einen „Sommermärchen“-WM-Hype erleben werden?
Es werden viele Menschen, nicht die Massen wie 2006, das Turnier verfolgen. Ich bin mir sicher, die Fans werden sich schmücken und die Gäste aus aller Welt genauso empfangen wie 2006. Ist das ein Hype? Was ist ein Hype, muss etwas ein Hype sein, um erfolgreich zu sein?

Werden wir Sie bald auch wieder in einer Primetime-Show als Moderator sehen?
Es macht mir auf jeden Fall großen Spaß im SWR («Sport im Dritten», «Flutlicht») zu moderieren. Alles andere liegt nicht in meiner Hand. Ich habe mich nie um Showmoderationen beworben – als die Anfrage kam, habe ich spontan zugesagt und es nicht bereut. Kommt irgendwann wieder jemand auf mich zu, würde ich erneut abwägen, ob es mir Spaß machen könnte.

Zum Abschluss: Wenn Sie wetten müssten, welche Nationalmannschaft holt den WM-Titel 2011?
Die Deutsche!

Vielen Dank für das Interview und eine schöne WM 2011, Herr Bartels!

Kurz-URL: qmde.de/50383
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