Michael Bay gehört zweifellos zu jenen Regisseuren, die die Gemüter von Filmliebhabern auf der ganzen Welt spalten. Und das nicht etwa durch eine besonders schockierende und unkonventionelle Art der Inszenierung oder die Behandlung kontroverser Themen, sondern schlicht durch die Tatsache, dass er immer wieder aufs Neue bombastische Actionfeuerwerke der Marke «Armageddon» (1998) auf der Kinoleinwand entfacht, denen in der Regel eine wenig plausible Handlung und ein fehlender Anspruch gemein sind. Wie kein Zweiter versteht es Bay, pathetische und fast durchweg enorm erfolgreiche Spektakel zu entfalten, welche die einen nur zum missbilligenden Kopfschütteln anregen, während die anderen jubelnd die atemberaubende Show genießen. Dabei machte Bay daraus, dass die Story in den meisten Fällen zweitrangig war, selten einen Hehl, durchzieht seine Produktionen doch oft auch der notwendige selbstironische Humor. Paradebeispiel für die Baysche Erfolgsformel ist dabei zweifellos die äußerst lukrative «Transformers»-Reihe, deren hirnrissige Vorlage wie geschaffen für einen Michael-Bay-Film schien. Dass die in den 80er Jahren als Spielfiguren und in der begleitenden Zeichentrickserie erstmals in Erscheinung getretenen außerirdischen Roboter auch heute noch derart große Massen begeistern, hätte wahrscheinlich nicht mal der Krawallregisseur selbst gedacht. Das weltweite Gesamteinspiel von «Transformers» (2007) und «Transformers: Die Rache» (2009), das sich auf über 1,5 Mrd. US-Dollar belief, machte einen dritten Teil unvermeidlich. Und getreu ungeschriebener Fortsetzungsregeln, hat sich Bay dabei zumindest in Sachen pompöser Action ein weiteres Mal selbst übertroffen.
Bevor er es in «Transformers 3» allerdings so richtig krachen lässt, wird zunächst ein großer Bogen gespannt. Ausgangspunkt ist wie immer der ewig währende Bürgerkrieg zwischen den guten Autobots und den bösen Decepticons. Während einer der vielen Schlachten auf deren Heimatplanet Cybertron versuchte einst ein Raumschiff mit kriegsentscheidender Technologie an Bord ins Weltall zu entkommen. Dabei wurde es jedoch von feindlichen Schüssen getroffen und stürzte schließlich Anfang der 60er Jahre auf dem Mond der Erde ab. Dies blieb von den Menschen nicht unbemerkt und trieb die amerikanische Regierung dazu, ihr Raumfahrtprogramm mit großen Schritten voranzutreiben. So diente die erste Mondlandung im Juli 1969 insgeheim vor allem der Erkundung des verunglückten Raumschiffes. Doch erst als Optimus Prime, der noch immer im Auftrag der US-Regierung tätige Anführer der Autobots, über 40 Jahre später vom Verbleib des Schiffes erfährt, gelingt es ihm, einen Teil der Technologie vom Mond zu bergen. Der Rest befindet sich jedoch bereits in den Händen seines Erzfeindes Megatron, der zurückgezogen einen skrupellosen Plan verfolgt, um den Krieg ein für alle Mal für sich zu entscheiden. Derweil versucht der ehemalige Weltenretter Sam Witwicky (Shia LaBeouf) verzweifelt, einen Job zu finden. Für seinen Lebensunterhalt kommt in der Zwischenzeit seine neue Freundin Carly (Rosie Huntington-Whiteley) auf, die für den arroganten Millionär Dylan Gould (Patrick Dempsey) arbeitet. Als Sam letztendlich eine Anstellung in der Firma des verschrobenen Bruce Brazos (John Malkovich) bekommt, wird er bald darauf im Büro offen von einem Decepticon angegriffen, was ihn dazu veranlasst, wieder mit den Autobots in Kontakt zu treten. Und ehe er sich versieht, ist er dadurch erneut in eine Auseinandersetzung verwickelt, die über das Schicksal der gesamten Menschheit entscheidet.
Was durch die Verknüpfung historischer Ereignisse mit dem «Transformers»-Universum anfangs vielleicht wie eine halbwegs originelle Verschwörungsstory klingen mag, entpuppt sich schnell als recht belanglose Exposition. Nett gemeint und bis auf eine miserable Gesichtsanimation von John F. Kennedy solide in Szene gesetzt ist dies allemal. Doch hält sich die Relevanz für den weiteren Verlauf des Films angesichts der hierauf verwandten Zeit definitiv in Grenzen. Vielmehr besinnt sich der Film nach den ersten 20 Minuten auf altbekannte Zutaten. In der Tat ist der Grundkonflikt in «Transformers 3» nahezu derselbe wie in den Teilen eins und zwei. Ein weiteres Mal kämpfen Autobots und Decepticons auf der Erde um eine von Cybertron stammende Technologie, die einen enormen Vorteil im Krieg verspricht. Unser blauer Planet scheint merkwürdige, durchs All flatternde Alien-Artefakte förmlich anzuziehen. Neue Fans wird die Reihe damit wohl kaum gewinnen, eventuell aber Anhänger des ersten Teils, die von der konfusen ersten Fortsetzung enttäuscht waren, erneut bekehren.
Die Handlung war jedoch bekanntermaßen noch nie die Stärke der «Transformers»-Filme, ist doch aus sich prügelnden Alien-Robotern storytechnisch nicht allzu viel herauszuholen. Immerhin versuchen Michael Bay und sein Drehbuchautor Ehren Kruger («Scream 3», «Transformers: Die Rache»), sich auf die überschaubaren Tugenden der Reihe zu verlassen. So wird der Humor wieder recht groß geschrieben, was das rudimentäre Handlungskonstrukt und das mitunter alberne und schwülstige Gebrabbel von Optimus Prime und Co. überhaupt erst erträglich macht, obgleich die beabsichtigte Situationskomik und die eingestreuten Gags und Sprüche nicht immer zünden. Gerade hinsichtlich der Nebenfiguren schießt Kruger hier und da über das Ziel hinaus. Zwar ist gegen skurrile und für gelegentliche Lacher sorgende Überzeichnungen inmitten des gebotenen Settings nichts einzuwenden, doch wurde hierfür insbesondere in der ersten Hälfte kaum ein ausgewogenes Maß gefunden. Vor allem im Fall von Ken Jeong verliert sich «Transformers 3» auch hinsichtlich des Humors in allzu ausgewalzter Albernheit. In Ansätzen ist sein kurzes Gastspiel durchaus amüsant, doch hat es schnell den Eindruck, als solle der Charakter seinen Mr. Chow aus «Hangover» in Sachen Überdrehtheit unbedingt noch einmal in den Schatten stellen, was zuweilen einfach nur in Peinlichkeit mündet.
Vielleicht hätten dem Film stattdessen mehr Auftritte von John Malkovich («Con Air») gut getan, der als Sams neuer, eigentümlicher Chef herrlich schrullig daherkommt. Durch seine mangelnde Bedeutung für den Fortgang der Handlung verschwindet aber auch diese Figur recht schnell und unvermittelt. Doch für annähernd gleichwertigen Ersatz ist in der zweiten Hälfte des Films durchaus gesorgt, weiß Alan Tudyk («Tucker & Dale vs Evil») als Assistent des aus den beiden Vorgängern bekannten Agent Simmons (John Turturro) fast genauso gut zu gefallen. Die weiteren prominenteren Neuzugänge sind derweil kaum der Rede wert. Patrick Dempsey («Grey’s Anatomy») legt in der für ihn ungewohnten Rolle als Bösewicht eine solide Leistung hin und Model Rosie Huntington-Whiteley, welche die nach den Streitigkeiten mit Michael Bay gefeuerte Megan Fox («Jennifer’s Body») ersetzt, hat nicht mehr zu tun als ihre Vorgängerin, macht dies - von Bay gewohnt plump-sexistisch in Szene gesetzt - jedoch einen winzigen Tick charmanter als die unterkühlte Fox.
Das eigentliche Herzstück und der zentrale Reiz von «Transformers 3» sind jedoch einmal mehr die sonstigen Schauwerte in Form der ausschweifenden Actionsequenzen. Unterstützt von nahezu perfekten Animationen, schafft es Michael Bay einmal mehr, seine relativ klar abgesteckte, vorwiegend jüngere und männliche Zielgruppe in Staunen zu versetzen. Hat er seine Zerstörungsorgie erst einmal begonnen, lässt er seinem Publikum so bald keine Atempause. Aufgrund der unglaublichen Dynamik des Geschehens fällt es zunächst durchaus wieder schwer, sich dem bombastischen Effektgewitter zu entziehen. Trotz des ganzen Krawalls scheint Bay dabei aber stets die Kontrolle zu behalten, sodass die Szenen nie zu einem konfusen Brei verkommen, sondern im Gegensatz zur bloßen Handlung des Films weitestgehend nachvollziehbar bleiben, zumal die Roboter inzwischen auch klarer voneinander zu unterscheiden sind als das mitunter in den anderen beiden Teilen der Fall war.
Ein weiterer Vorzug gegenüber den Vorgängern ist die neu hinzugekommene Präsentation in 3D. Diese verändert zwar das Filmerlebnis nicht grundlegend, ist doch «Transformers» auch in 2D schon eine Augenweide. Allerdings erreichen derzeit nur wenige Filme die Qualität der Dreidimensionalität von «Transformers 3». Die 3D-Bilder bleiben dabei stets klar, werden erfreulich unaufdringlich eingesetzt und machen sich im Actiongetümmel trotzdem als kleine Bereicherung positiv bemerkbar. Das grandiose Sounddesign und der wohl dosierte Einsatz von Slow Motion tragen schließlich ihr Übriges zum beeindruckenden Action-Gesamtpaket bei. Vor allem ein virtuos inszenierter Einsturz eines Hochhauses dürfte die eine oder andere Kinnlade nach unten klappen lassen. Spätestens hier wird klar, dass «Transformers 3» unzweifelhaft für die große Leinwand gemacht wurde und wohl nur dort seine ganze visuelle Pracht entfalten kann.
Doch auch die großartigen Actionsequenzen sind nicht frei von Wermutstropfen. So ist die finale Schlacht, auch abseits davon, dass sie eigentlich nur dreist den Showdown-Schauplatz des ersten Teils recycelt, zweifellos zu lang geraten. Spätestens beim tausendsten explosiven Hin- und Hergeballer inmitten von Hochhäuserschluchten werden Abnutzungserscheinungen überdeutlich. Da der Film mit rund zweieinhalb Stunden ohnehin schon eine stolze Laufzeit vorweisen kann, hätte ihm die eine oder andere Straffung hier sichtlich gut getan. Darüber hinaus ist es schon recht ärgerlich, dass Bay auch seinen Hang zur Kriegsverherrlichung und Glorifizierung des (US-)Militärs noch immer nicht abgelegt hat. Im Kontext eines solchen Films wirkt dies zwar alles harmlos, doch hätte man dem Fehlen der einen oder anderen Einstellung von mutig dahin schreitenden Soldaten oder US-Flaggen (Ja, sie wehen auch zerfetzt noch tapfer im Wind.) oder dem Verzicht auf einige gewöhnungsbedürftige Dialogzeilen keineswegs hinterher getrauert.
«Transformers 3» ist also am Ende ziemlich genau das geworden, was man erwarten konnte: tosendes und insgesamt recht unterhaltsames Actionkino mit stupider "Handlung" und einer ordentlichen Prise Humor. Ein typischer Michael Bay eben. Und angesichts der oftmals unterschätzten Herausforderung, eine gelungene Actionsequenz auf die Beine zu stellen, ein weiterer Beweis dafür, dass der US-Amerikaner noch ein gutes Stück davon entfernt ist, ein wirklich schlechter Regisseur zu sein, auch wenn sich sein limitiertes Repertoire an stilistischen Mitteln gerade aufgrund der zu langen Laufzeit nun noch stärker bemerkbar macht als sonst und er bei der Vermittlung von Emotionen auf ganzer Linie kläglich scheitert. Gelegentliches Hirnabschalten und Berieselnlassen sollte allerdings hin und wieder auch beim Filmkonsum gestattet sein. Und wo kann man das besser und spektakulärer als vor einer von Michael Bay bespielten großen Kinoleinwand? «Transformers 3» ist zweifellos Popcornkino in Reinkultur und möchte auch nicht mehr sein als das. Das mag oft albern wirken. Es mag dämlich, gar primitiv sein. Aber es macht zumindest über weite Strecken verdammt noch mal Spaß!
«Transformers 3» ist seit dem 29. Juni in vielen deutschen Kinos zu sehen.