Hingeschaut

Bunte Quiz-Party bei Jürgen

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Rund fünf Jahre nach seiner letzten großen Abendspielshow «Extreme Activity» (ProSieben) versuchte sich Altmeister Jürgen von der Lippe am Freitagabend erstmals wieder an einer ebensolchen und führte durch die Premiere von «Ich liebe Deutschland».

Dass sich Lippe als Angehöriger der Nachkriegsgeneration nicht unbedingt mit dem Titel seiner neuen Sendung identifizieren kann, verriet er bereits bei uns im Interview. Mit dem Format selbst scheint er sich aber - geht es nach der ersten Folge - schon sehr angefreundet zu haben, denn er präsentierte die aus den Niederlanden stammende Show gewohnt souverän und witzig. So war es für Fans des Komikers wohl ein Genuss, endlich einmal wieder ein paar spontane Sprüche von Lippe innerhalb einer großen Show zu erleben. Eine Auswahl gefällig? „Deutschland ist eine Wintersportnation – besonders im Winter.“ / „Deutschland kann nicht nur Kant und Goethe – Deutschland kann auch anders.“ / „So, Ihr Lieben: Ich werde zu Weihnachten unterm Bäumchen erwartet!“ (als sich die Kandidaten zu lange Zeit zum Überlegen ließen) / „Bleiben Sie oben! Sie können nicht auf die Karte treten, die geht kaputt!“ (als eine dicke Zuschauerin dem Team Marc bei einem Landkartenspiel helfen wollte) / „Daniel, raus aus Deutschland!“ (beim selben Spiel) / „Liebe Kinder: Nicht nachmachen! Denn das sind ja nur Promis, die kriegen viel Geld dafür.“ (nach der Spielerklärung eines Geburtstagsspiels, bei dem am Ende ein Geschenkpaket explodiert) / „Wir machen jetzt das, was jeder gute Liebhaber tut: Wir zögern den Höhepunkt hinaus.“ (vor dem Finale).

Auch sein kleines Referat über seinen Geburtsort Bad Salzuflen und dessen mögliche Alternativen zu Beginn der Show darf man nicht vergessen. Wenn er bei einem Spiel, in dem englische Liedtexte auf Deutsch erraten werden müssen, die deutschen Übersetzungen mit verstellter Stimme vorträgt, lässt auch «Was liest du?» grüßen. Dabei ist es schon ein kleines Kunststück, dass von der Lippe seinen berühmten (Wort)Witz in einer solchen ereignisreichen, lauten und bunten Sendung anbringen kann.

Doch damit nun auch direkt zum eigentlichen Inhalt: Viele verschiedene Spiele folgen während der Show aufeinander. Sie haben nicht immer unbedingt direkt mit unserem Heimatland zu tun und sind keineswegs neuartig oder innovativ, sondern gehören zum altbekannten Quizrepertoire: Fragen zu Filmen beantworten, Lieder erraten, Buchstabieren, Promi-Raten (das durch eine unter Zeitdruck lauthals umschreibende Sonya Kraus an «Extreme Activity» erinnert) oder Schätzen im Finale. Doch durch den Rahmen von «Ich liebe Deutschland» wirken sie trotzdem unterhaltsam. Eine ausgelassene Party-Stimmung im großen Studio mit zwei Publikumsblöcken aus wirklich freudig gestimmten und teils in Deutschland-Fan-Artikeln gekleideten Zuschauern hinter den beiden konkurrierenden Promi-Teams, deren Mitglieder ebenso enthusiastisch bei der Sache waren, machten diesen Rahmen aus.

Auch die Live-Musik von „Martin Ernst und den Deutschland-All Stars“, die unter anderem das eingängige, obgleich einfache und von Tom Astor komponierte Titellied zur Show darboten sowie Musik-Spiele unterstützen, trägt dazu bei. Im Titellied heißt es zu Beginn und nach der Werbung stets: „Hallo, Guten Abend Deutschland! Ich lebe hier, weil ich dich so sehr mag.“ Nett und fröhlich, wenn auch nicht tiefgründig – wie die ganze Sendung. Das runde, arenaartige Studio bietet ein passend buntes Design mit einem rundum durchlaufenden Schriftband, auf dem Sendungs- und Spieletitel zu lesen sind. Das Brandenburger Tor als Eingang für Jürgen von der Lippe, eingerahmt von anderen deutschen Bauwerken, lässt etwas an Kulenkampffs EWG zurückdenken. Zwei lange Theken für die beiden vierköpfigen Promiteams, die durch Lippes Pult verbunden sind, stehen vor den beiden farblich getrennten Publikumsblöcken.

Hinter dem Pult blieb Lippe aber leider zu lange stehen. Nur bei besagtem Geburtstagsspiel saß er mit den Promiteams in einer geselligen Runde in der Studiomitte zusammen. Letztere waren nicht gerade mit qualitativ guten Spielern bestückt, doch wie sehr ein durchmixtes Gespann aus Daniel Küblböck, Karl Dall, Eva Habermann und Kapitänin Sonya Kraus sowie Mario Basler, Bürger Lars Dietrich, Rebekka Mir und Kapitän Marc Bator zusammenhalten und spielen kann, und durch seinen Fanblock im Rücken angeheizt wird, ist dennoch interessant zu beobachten. Dabei lässt die Tatsache, dass sich der Siegerblock über den Gewinn von 200 Kugelgrillen diebisch freut, an gute alte Gameshow-Zeiten mit kleinen Sachpreisen erinnern. Neu ist auch das also wahrlich nicht, doch neu ist, dass hier Promis für normale Zuschauer im Publikum um solche Gewinne spielen. Und dies macht auch einen entscheidenden Reiz und viel Stimmung im Studio aus.

Noch drei Rahmenhighlights: Von der Lippe umschreibt vor der Werbung in einem Einspieler die Antwort für die Zuschauergewinnspielfrage. Diese wird zwar durch die üblichen zwei Antwortvorgaben, bei denen die falsche total abwegig ist, auf das bekannte Privatsenderniveau gesenkt, doch hat sie durch Lippes kleinen Vortrag mehr Sinn, als in den meisten anderen Sendungen. Die vier Assistentinnen von Lippe heißen übrigens alle Frauke. Und wenn die „vier Fraukes“ am Ende Kugelgrille verteilen, merkt man, dass sie sich wirklich ähnlich sehen. Außerdem stehen oder sitzen ein paar typisch deutsche Maskottchen wie das Sandmännchen, ein Gartenzwerg oder Max und Moritz im Publikum – ebenfalls nett. Und mehr will die gesamte Sendung ja auch gar nicht sein.

Insgesamt ist «Ich liebe Deutschland» also eine bunte Quiz-Party mit einem dezenten, aber dennoch präsenten Gastgeber Jürgen von der Lippe. Die Sendung überfordert den Zuschauer nicht mit zu viel Intellekt, fällt aber trotzdem nicht unter ein gewisses Niveau. Sie passt also perfekt in die Freitags-Primetime und ist auch mit Liebe zum Detail produziert. Der holländischen Originalversion steht «Ich liebe Deutschland» in Nichts nach, sollte hierzulande allerdings aufgrund von Übersättigungsgefahr der Zuschauer nicht all zu oft gesendet werden. Als Sommersendung ist sie jedoch genau richtig eingesetzt. Noch fünf Folgen hat das Publikum Zeit, die Party mitzufeiern. Sie bietet Klassisches im neuen, sorglosen Gewand. Nur eines fehlt der Spielshow: die Spannung. Doch dafür besucht man ja auch keine Party. Man will sich auf einer ebensolchen ja „nur“ amüsieren. Hoffentlich werden Jürgens Einladungen zu seiner sonnigen Deutschland-Sause zahlreich angenommen…

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