Vera Int-Veen, Tine Wittler und Christopher Posch – von verdrehten Wahrheiten und inszenierten Halbwahrheiten.
Man hat es ja von Kindesbeinen an gelernt. Wer schummelt, ist ein Spielverderber. Entsprechend gab es schon in unserer Kindheit beim Spielen von „Mensch ärger dich nicht“ oder auch Sportspielen stets Aussprüche wie „Du schummelst doch“ oder „Nicht schummeln“. Wenn der Ehrgeiz uns gepackt hatte, wollten wir möglichst auch mit fairen Mitteln zum Erfolg kommen. Ein Grundsatz, den man uns eingetrichtert hat. Und auch die jüngste Generation, wenn man ihr beim meist auch sehr geräuschintensiven Treiben einmal zuhört, hat einen Grundsatz kapiert: Schummeln gilt nicht. Übertragen auf uns Erwachsene, die mit diesem Leitsatz schon groß geworden sind, heißt das: Wir haben gelernt, was Fairness bedeutet. Ein wachsames Auge gilt daher all denen, die sich nicht an die Fair-Play-Regeln halten. Das sind nicht gerade wenige, denn die Verlockung auch mal schneller und einfacher ans Ziel zu kommen und eine nicht ganz faire Abkürzung zu nehmen, ist immer da. Doch dazu muss man erst Dinge vortäuschen, die nicht der Wahrheit entsprechen oder zumindest Teil-Wahrheiten inszenieren, damit die Schummelei nicht auffliegt. Doch diese Lügen haben eben kurze Beine – am Ende kommt es meistens doch heraus.
Doch dann ist es viel schlimmer: Wer mit Absicht schummelt, musste schon als Kind damit rechnen, als Spielverderber zu gelten, wenn er auffliegt. Das Risiko ging mal hier und da mal ein. Was bei den Kurzen noch halb so wild ist, ist in der Erwachsenenwelt schon mal einen Skandal wert, der von anderen aufgedeckt wird. So wie jetzt die Real-Life-Doku «Mietprellern auf der Spur» von Vera Int-Veen stark in der Kritik steht, weil Tatsachen verdreht wurden und auch der Umgang Int-Veens mit einem geistig behinderten Jugendlichen, der das Kamerateam partout nicht in seinen verwüstete Wohnung lassen wollte, nicht gerade pfleglich war. Sowohl das Produktionsteam als auch die als „Helferin vom Dienst“ bei RTL geltende Moderatorin müssen sich die Schummel-Vorwürfe, die eine große deutsche Zeitung erhebt, gefallen lassen. Das Rohmaterial, das an die Öffentlichkeit kam, spricht Bände. Da ist deutlich zu sehen, wie der 17 Jahre alte Teenager Veras Kamerateam nicht in die Wohnung lassen will, das verbietet er sogar strikt. Doch statt vor der Tür zu warten, wird heimlich gefilmt und eine Produktionshelferin winkt den Kameramann auch noch hinein. Im TV wurde das „Nein“ des Jungen auf die Frage, ob man in die Wohnung dürfe, gar durch geschickten Schnitt in ein „Ja“ gewandelt. Die Schummelei ist perfekt.
Als der Junge flüchtet jagt Vera Int-Veen ihre Kameraleute hinterher: „Hopp! Hopp! Hopp! Bewegt Euch! Hinterher!“, ruft sie in dem Video und fügt dann noch ein „Geil!“ hinterher, als das Team die Verfolgungsjagd aufnimmt. Ein Bild, das keineswegs dem entspricht, das von Vera Int-Veen in ihren Sendungen wie «Schwiegertochter gesucht» gezeichnet wird. Ist sie also doch nicht die nette Helferin von RTL? Auch das darf der Zuschauer jetzt fragen. Doch da ist sie nicht die einzige. Wir erinnern uns an Tine Wittlers Häuserverkauf-Sendung «Unterm Hammer». Auch hier gab es Schummel-Vorwürfe darüber, dass ein Haus das laut TV-Ausstrahlung angeblich unter dem Hammer kam und verkauft wurde, in Wirklichkeit gar nicht verkauft wurde, sondern der Deal nur inszeniert wurde. Ähnlich geriet ein Fall von Christopher Posch zuletzt in die Kritik nachdem eine Hundebesitzerin als böse Tierquälerin dargestellt wurde, während ihr Anliegen darin bestand, das Kamerateam von Posch von ihrem Grundstück fernzuhalten. Immerhin wollte sie nur ihre Privatsphäre wahren, was im TV anders dargestellt wurde. Damit beschäftigen sich nun Anwälte, denn auch hier wurden möglicherweise Wahrheiten verfälscht und Schein-Realitäten geschaffen. Auf der anderen Seite liegen laut RTL-Produktionsunternehmen infoNetwork zahlreiche Strafverfahren gegen die Frau sowie eine Untersagungsverfügung des Veterinäramts vor, derzufolge sie keinen gewerblichen Hundehandel betreiben darf. Doch das Spiel mit verdrehten Tatsachen und inszenierten Halbwahrheiten ist dennoch ein Tanz auf Messers Schneide. Denn Schummeln gilt eben nicht. Da ist es nur wenig entlastend, dass jene große Boulevard-Zeitung, die diesen Skandal aufdeckte, selbst mit solchen Praktiken hantiert. Denn sind die Beweise erstmal auf dem Tisch, ist das Image ramponiert. Tine Wittler und Christopher Posch haben die kleinen Skandale nicht geschadet.
Möglich, dass auch über Vera Int-Veens Negativ-Berichterstattung schnell Gras wächst, zumal sie ja schon bald nach neuen Schwiegertöchtern sucht. „Das Fernsehen lügt“, lautet ein weiterer Leitsatz, den man als Kind schon beigebracht bekommt. Und weil das in der Tat – vor allem in den so genannten Real-Life-Sendungen – scheinbar Gang und Gebe ist, wird es der Zuschauer irgendwann hinnehmen, schließlich hat man sich auch schon mit dem Genre Scripted Reality abgefunden, das immer noch einen gewaltigen Zuschauerzuspruch erhält. Wenn der Zuschauer weiß, dass die Geschichten allesamt nur erlogen sind, macht ihm das offenbar nichts aus. Dass dann auch bei echten Reality-Sendungen hier und da mal was nicht stimmt, ist dann nur noch ein Tropfen auf den heißen Stein. Alles also halb so wild? Nein. Denn unter den Teppich kehren, braucht man es nicht: Schließlich erinnern uns die Skandale wie momentan um «Mietprellern auf der Spur», dass im Fernsehen mit Schein-Realitäten nur allzu leichtfertig hantiert wird. Die Macher solcher Schummel-Sendungen wissen, welches Risiko sie damit eingehen. Dem Schnittproducer von imago TV, das «Mietprellern auf der Spur» herstellte, hat es den Job gekostet. Ein Indiz dafür, dass Schummeleien eben doch nicht einfach hingenommen werden. Die Öffentlichkeit erwartet nämlich Konsequenzen, weil sie schon jeder Mensch zu Kindesbeinen an weiß: Schummeln gilt nicht!
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