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Im Juni startete die Serie schließlich in vorerst zehn Folgen. Im Mittelpunkt Highschool-Schülerin Chloe King, nach dem Verschwinden ihres Vaters alleine von der Mutter aufgezogen, die an ihrem 16. Geburtstag feststellen muss, dass sie anders ist als die Menschen um sie herum. Chloe entwickelt ein enormes Gehör, die Fähigkeit zur Empathie, katzenhafte Fertigkeiten im Klettern und Springen sowie enorme Reflexe. Zudem kann sei Gefahr scharfe Krallen ausfahren. Doch ihr Dasein als Mitglied der sogenannten Mai hat nicht nur gute Seiten, denn Chloe weiß noch nichts über die Gefahr, die sie für die Menschen bedeuten kann - bis jemand stirbt.
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Den Kern der Serie bildet allerdings ohnehin das Drama, das aus Chloes neuer Lebenssituation bezogen wird: Eine verhinderte Beziehung, die für Chloes Schwarm tödlich enden könnte, ein Doppelleben, von dem die eigene Mutter, die wichtigste Bezugsperson in Chloes Leben, nichts erfahren darf, ein Balanceakt zwischen Mai-Familie und Freundeskreis, in dem zwangsläufig jemand zu kurz kommen muss. Punkten kann «Chloe King» in den Nebenrollen. Paul, der Comicfan, der in Chloe die Verkörperung seiner Superheldenträume gefunden hat, ist genau wie Chloes überdrehte beste Freundin Amy eine gelungene Karikatur typischer Highschool-Rollen.
Ein würdiger «Buffy»-Nachfolger, zu dem die Serie von manchen Seiten schon geschrieben wurde (wie bereits dutzende Serien zuvor), ist «Chloe King» mit Sicherheit nicht. Dazu fehlt es den Charakteren an Ecken und Kanten und reizt die Serie ihr Potential bei weitem nicht aus. Insbesondere fällt auch die ziemlich lausige Choreographie der Kampfszenen ins Auge, die auch durch wilde Schnitte nicht ausreichend kaschiert werden kann. Ob ABC Family «The Nine Lives of Chloe King» über die ersten zehn Folgen hinaus die Zeit einräumen wird, sich weiter zu entwickeln, ist alles andere als sicher. Trotz riesiger Werbekampagne fiel der Start verhalten aus, aktuell verliert die Serie über die Hälfte der Zuschauer von «Pretty Little Liars» im Vorprogramm.
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Auch der Tod von Xavier durch die Hand - oder vielmehr den Mund - von Chloe lastet nicht allzu lange auf der Hauptfigur. Die Schuld, einen Unschuldigen auf dem Gewissen zu haben, weicht schneller als es realistisch wäre - natürlich ist es durchaus sinnvoll, die Hauptrolle nicht direkt zu Anfang in eine depressive Phase zu werfen. Dieses Element wird später immerhin durch Chloes On-Off-Beziehung mit Brian kompensiert, die das Dilemma der tödlichen Küsse zwischen Mai und Menschen wieder aufgreift. Besonders realistisch sind die Entwicklungen hier allerdings auch nicht gezeichnet.
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Was «The Nine Lives of Chloe King» fehlt und in einer eventuellen weiteren Staffel in Angriff genommen werden sollte, ist eine stärkere Ausdifferenzierung der Figuren und der Situation. Welche Funktion ist Chloe als "Uniter" zugedacht? Was sind die Ziele der "Order" auf der Antagonisten-Seite? Erst wenn die Motive klarer werden, lassen sich starke Geschichten erzählen. Hier macht die Serie, wahrlich nicht als einzige, leider den Fehler, Spannung aus dem Zurückhalten von Information zu beziehen - Information, die das Fundament der Serie darstellen sollte.