Schlüter sieht's

«Schlüter sieht's»: Das TV-Labor

von
Thomas Bellut will ein deutsches «Two and a Half Men». Kann man sich das im ZDF vorstellen?

Am 27. August starten beim kleinen Digitalsender ZDFneo die Experimentier-Wochen: Dann nämlich werden innerhalb einer Woche am Spätabend insgesamt zehn Formate als Pilotsendungen vorgestellt, aus denen die Zuschauer ihren Favoriten wählen können – dieser geht später in Serie. Eine solche Idee ist zwar nicht neu – beispielsweise versuchte sich RTL II bereits vor einigen Jahren an einem ähnlichen Konzept mit «Die Fernsehmacher» – aber das ZDFneo-Konzept soll idealerweise im kommenden Jahr auch auf den Muttersender ZDF ausgeweitet werden.

Thomas Belluts Ankündigung eines «TVLab» bezieht sich hauptsächlich auf die Vorabendschiene um 19.25 Uhr, wo der Sender ohnehin im kommenden Jahr neue Formate auf Sendung schicken will. Auch hier sollen nach aktuellen Planungen dann die Zuschauer entscheiden, wovon sie mehr sehen wollen. Die partielle Demokratisierung des Fernsehprogramms ist aber nicht ohne Risiko: Denn oft gibt es TV-Sendungen, deren erste Episode sehr erfolgreich ist, im Laufe einer Staffel aber immer schlechtere Quoten erzielen. Umgekehrt ist dies nur selten der Fall.

Beispielsweise versuchte sich auch Sat.1 im Jahr 2002 an einem Serientest, bei dem innerhalb kurzer Zeit fünf Backdoor-Piloten ausgestrahlt wurden. Drei davon gingen in Serie, wobei «Körner und Köter» sowie «Der Elefant» nur eine relativ geringe Lebensdauer hatten. Lediglich «Mit Herz und Handschellen» brachte es auf immerhin drei Staffeln und war zuletzt sogar wieder erfolgreich im Programm. In der kommenden TV-Saison forciert Marktführer RTL zwar nicht ein solch identisches Konzept, aber strahlt einige Pilotfilme aus, die zu möglichen Serien werden könnten. Die Meinung der Zuschauer – ob nun bei ZDFneo, RTL oder künftig im ZDF – wird wieder wichtiger. Was eben nicht heißen muss, dass die Zuschauer bei ihrer Serie bleiben, wie die früheren Pilottests gezeigt haben.

Dennoch bleibt festzuhalten, dass das ambitionierte «TVLab» bei ZDFneo starke Sendungen verspricht. Darunter befinden sich beispielsweise ein Filmmagazin mit Nilz Bokelberg und Donnie O'Sullivan, eine Personality-Show mit Sarah Kuttner, ein Format mit dem neuen Youtube-Star Tedros "Teddy" Teclebrhan, ein modernes Reisemagazin oder auch eine Comedy für und mit sozialen Randgruppen. Im kommenden Jahr will Thomas Bellut dann Größeres wagen: Unter anderem monierte er, dass gute deutsche Comedy-Serien derzeit fehlen. „Eine Serie wie «Two and a half Men» muss doch auch in Deutschland möglich sein. Wir haben doch gute Autoren.“ Ob Bellut den brisanten Charakter der Sheen-Sitcom kennt, ist fraglich – ein solches Format beim ZDF würde jedenfalls nicht funktionieren. Vermutlich aber kritisiert Bellut eher die Abwesenheit gut produzierter Sitcoms – beispielsweise wie sie bei RTL jahrelang am Freitagabend funktioniert hatten: «Das Amt», «Ritas Welt», «Nikola». Tatsächlich vermisst man solche Formate aus deutschen Landen, und die Zuschauer wahrscheinlich ebenso, ohne dass sie es selbst wissen. Umso lobenswerter ist es, wenn sich das ZDF tatsächlich an eine deutsche Comedy im Abendprogramm wagt. Und sei es auch nur als Experiment im «TVLab».

Jan Schlüters Branchenkommentar beleuchtet das TV-Business von einer etwas anderen Seite und gibt neue Denkanstöße, um die Fernsehwelt ein wenig klarer zu sehen. Eine neue Ausgabe gibt es jeden Donnerstag nur auf Quotenmeter.de.

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