Am Donnerstag wird zum zweiten Mal der Deutsche Radiopreis verliehen. Quotenmeter.de nimmt die große Gala zum Anlass, sich in dieser Woche wieder intensiv dem Medium Radio zu widmen. Heute: Radiowerbung.
Über Sonderwerbeformen und die Frage, wie sich der Werbepreis im Radio errechnet. Wer verkauft die Werbung und wie muss diese ins Musikprogramm eingebunden sein?
Etwa 80 Prozent der Deutschen hören täglich Radio. Ein Drittel davon – das sind täglich knapp 31 Millionen - konsumiert das meistgenutze Medium im Auto. Mit vier Stunden am Tag nutzen die Deutschen das Radio mehr als das Fernsehen. In der werberelevanten Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen hören täglich 80 Prozent Hörfunk. Dabei wird Radio vor allem als regionales Medium genutzt, was durch das meist regional begrenzte Sendegebiet von Natur aus vorgegeben ist. Laut Media-Forschung vertrauen rund 60 Prozent der Deutschen dem Radio.
Programmmacher können sich zudem über eine treue Hörerschaft freuen. Im Schnitt ist Zapping out, sodass jeder Hörer täglich nicht mehr als 1,6 Radiosender einschaltet. Da die meisten Menschen ihre Einkäufe mit dem Auto erledigen, gilt Radiowerbung als letzter Werbekontakt vor dem Einkauf, was vor allem die Konsumgüterindustrie freuen dürfte. Im Vergleich zur Fernsehwerbung ist Radiowerbung durchschnittlich etwa sechsmal günstiger – dafür wird diese eben nicht bundesweit ausgestrahlt. Die Statistik spricht also für Radio-Werbung. Trotzdem macht Fernsehwerbung immer noch das größere Stück vom Werbekuchen aus. Sprichwörtlich stirbt der, der nicht wirbt. Quotenmeter.de beleuchtet den Markt der Funkspots, der für die meisten Hörer wohl eher als lästiges Muss beim Radiohören angesehen wird.
Wie viel Werbung maximal gesendet werden darf, ist im Rundfunkstaatsvertrag fest geschrieben. Dieser legt vereinfacht ausgedrückt, die „Spielregeln“ der Sender fest – sowohl für Radio- als auch Fernsehsender. Der Rundfunkstaatsvertrag gibt beispielsweise auch vor, wie hoch der Informationsanteil im Programm sein muss –wenn mal keine Werbung oder Musik läuft. Auch sogenannte Sonderwerbeformen wie Regelungen bei Gewinnspiel-Kooperationen sind dort genau beschrieben. Halten sich die Sender nicht an die Regeln der Medienanstalten, könnten Strafen wie Bußgelder oder im schlimmsten Fall sogar der Entzug der Sendelizenz folgen. Die meisten Sender setzen aus Image-Gründen etwas weniger Werbung ein als sie rechtlich senden dürften, um die Hörer nicht zu verschrecken. Darüber hinaus nutzen viele Moderatoren sogenannte Cliffhanger oder Teaser - also Spannungsbögen oder Vorankündigungen - um auf die kommenden Highlights in der Sendung hinzuweisen. Damit sollen möglichst wenig Hörer bei der eher unbeliebten Werbepause verloren werden. Auch das Spielen besonders beliebter Songs direkt nach der Werbung soll den Abschaltimpuls bei Hörern besonders klein halten.
Die üblichste Werbeform ist der vorproduzierte Werbespot oder eine Nennung durch den Moderator, in der Radiosprache auch als „Live-Reader“ bezeichnet. Auch Sponsorings für bestimmte Sendungen oder Sendestunden sind üblich. Für Privatsender ist Radiowerbung die wichtigste Finanzierungsquelle, da diese anders als die öffentlich-rechtlichen Sender keinerlei GEZ-Einnahmen erhalten. Einige öffentlich-rechtliche Sender strahlen als zweite Einnahmequelle zusätzlich auch Radiowerbung aus, was ebenfalls im Rundfunkstaatsvertrag geregelt ist. Zu den wichtigsten Werbezeiten-Vermarktern zählen die RMS (Radio Marketing Service) als Vermarkter vieler Privatsender sowie die ARD-Werbung Sales & Services für die öffentlich-rechtlichen Sender.
Der Rundfunkstaatsvertrag gibt eine ausführliche Definition über Reklame: „Werbung [ist] jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs, die im Rundfunk von einem öffentlich-rechtlichen oder privaten Veranstalter entweder gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung oder als Eigenwerbung gesendet wird mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Recht und Verpflichtungen, gegen Entgelt zu fördern.“ Die Sender sind – wie auch beim Fernsehen – zu Werbetrennern verpflichtet, um redaktionelle Inhalte von Werbung zu trennen. Dies geschieht meist durch Werbejingles vor dem ersten Spot bzw. im Anschluss häufig durch Station-IDs oder den Claim des Senders als Trenner zum folgenden Programm.
Radio ist Hörspiel – dementsprechend nutzen auch die Werber Audio-Gestaltungselemente wie akustische Logos. Allgemein gibt es verschiedene Spot-Varianten: Der klassische Werbespot hat in der Regel eine Dauer von 20 bis 30 Sekunden und steht im Gegensatz zum sogenannten Tandem-Spot im Werbeblock für sich allein. Bei dem Allonge-Spot folgt unmittelbar nach dem gleichbleibenden Basisspot im Anschluss die Allonge mit ein paar aktuellen Zusatzinformationen. Wenn beispielsweise ein Einrichtungshaus Werbung schaltet, könnte dieses in einer Allonge kurzfristig auf den kommenden verkaufsoffenen Sonntag hinweisen. Auch ein später in der Werbeinsel platzierter Reminder mit einer Länge von etwa sieben Sekunden könnte die Hörer so werblich informieren.
Als entscheidend für den Erfolg der Werbebotschaft gilt nicht nur die Anzahl der Wiederholungen, sondern auch der Zeitpunkt sowie – nicht zu vergessen - die Hörerzahlen an sich. Zweimal im Jahr wird die offizielle Radio Media Analyse veröffentlicht (wir berichteten). Diese unabhängig erhobenen Hörerzahlen sind die momentan einzig verbindliche „Währung“, um Leistungsdaten unterschiedlicher Medien abzubilden. Wie in der Schule erscheinen diese „Radio-Zeugnisse“ zweimal im Jahr, jeweils im Frühjahr und Sommer. Die ausgewiesenen Reichweiten sind Grundlage für die Preislisten-Gestaltung der Medien. Gemäß dem Grundsatz von Angebot und Nachfrage steigt der Preis eines Mediums in der Regel bei einer Reichweitensteigerung, bei einer Verringerung der Nutzer sinkt der Preis. Daher ist die zweite ma des Jahres, die zuletzt im Juli erschienen ist, eine Art „Versetzungszeugnis“, da sich die neuen Werbepreise für 2012 nach diesen Hörerzahlen festsetzen. Die nächsten neueren Hörerzahlen erscheinen wieder im März 2012. Entsprechend wichtig sind die aktuellen Reichweiten für die Vermarktung der Sender sowie für mögliche Veränderungen im Programm.
Da es – wie auch bei der Erhebung der TV-Quoten – technisch nicht möglich wäre, jeden Deutschen zu seinen Hörgewohnheiten zu befragen, findet eine repräsentative und bundesweite Befragung mittels Telefoninterviews statt. Zum Vergleich: Aus 5640 repräsentativen Haushalten Deutschlands, in denen fast 13.000 Personen leben, werden die TV-Einschaltquoten hochgerechtet. Beim Radio werden bundesweit fast 65.000 Interviews geführt, die für knapp 74 Millionen deutschsprachige Einwohner ab zehn Jahren erhoben werden. Dabei gelten TV-Quoten als annähernd so genau wie repräsentative Wählerumfragen. Aktuell gibt es noch kein Messsystem, das den Radiomachern ein schnelleres Hörer-Feedback geben kann – so wie die „Quotenboxen“ der GfK. Dennoch gilt das Medien-Nutzungsverhalten beim Radio als nicht so sprunghaft wie beim Fernsehen. Morgens nach dem Aufstehen, im Bad, auf dem Weg zur Arbeit, zur Schule oder beim Frühstück – zu dieser Zeit haben die Sender laut Media-Analyse die meisten Hörer. Dementsprechend gilt der Morgen als Primetime beim Radio. Dies zeigt sich bei einigen Sendern auch in der Preislistengestaltung.
Fernsehwerbung transportiert durch Bilder Emotionen und baut damit schnell Sympathie auf. Werbung in Publikumszeitschriften oder Tageszeitungen informiert stärker, da Leser die Anzeigen erneut durchlesen können und die Werbung damit nicht so flüchtig ist wie bei elektronischen Medien. Die Stärke der Radiowerbung liegt in der Steigerung der Markenpräferenzen sowie stärkerer Abverkaufssteigerung. Video killed the radio-star? Nach der letzten Media Analyse lebt Radio weiterhin – auch bei jüngeren Hörern trotz iPod-Konkurrenz. Somit beginnt der Tag bei knapp 80 Prozent der Deutschen mit dem Radio und der (notwendigen) Werbung.