Da haben Sie ja in dieser Woche mal wieder nach etwas längerer Abstinenz von der Pressebühne für Aufsehen gesorgt. Oder sollte man lieber sagen, Ihr neues „Kind“ hat das? Wie auch immer: Dass die ProSiebenSat.1-Gruppe einen Beirat bekommen soll, der die Senderfamilie zu ethischen, gesellschaftlichen und medienpolitischen Fragen berät und unter Ihrer Leitung steht, war schon länger bekannt. Am Mittwoch haben Sie aber nun erstmals die von Ihnen berufenen Mitglieder für diesen Rat bekannt gegeben.
Wenn man dabei von Namen wie Klaus Töpfer, Markus Lüpertz oder gar Minu Barati-Fischer hört, bzw. liest, denkt man sofort an eine illustre Gästeliste für eine der 800 ARD-Talkshows. Bei einer solch bunt zusammengewürfelten Truppe fragt man sich, wie Ihr neuer Beirat denn eigentlich bei der Klärung der wichtigen Fragen auf einen gemeinsamen Nenner kommen will. Viel zu weit scheinen die Interessen und Meinungen seiner einzelnen Mitglieder auseinanderzudriften.
Folglich bleibt ein Diskussionsthema, welchem Sie, Ihre neuen Ratskollegen und auch der ProSiebenSat.1-Vorstand sich vor der ersten Tagung Ende November vielleicht noch einmal selbst stellen müssten: Den Zielen und Möglichkeiten der gesamten Beratungsrunde. Ist es nicht nur Show, wenn eine Privatsendergruppe sich eine solche leistet? Meistens geht es doch eh nur um das liebe Geld und nicht um die inhaltlichen Fragen des Programms oder der äußerlichen Präsentation des Senders. Das wissen Sie doch als Politiker selbst am besten, Herr Stoiber. Wie sollten also bestimmte Entscheidungen Ihrer Kommission am Ende richtig ernst genommen werden, sofern sie überhaupt zu Stande kommen? Außerdem: Treffen Sie und Ihre Kollegen eine falsche Beratung, werden auch Sie dafür zur Rechenschaft gezogen. Der Kritikpunkt, dass Politik - wie jüngst im ZDF - zu viel Einfluss bei den Sendern habe, wäre nicht weit. Können ausgerechnet Sie sich als Leiter einer EU-Arbeitsgruppe zum Bürokratieabbau das leisten? Haben Sie genug Zeit für diesen Nebenjob? Nun ja, wohl immerhin Erfahrung mit ebensolchen Arbeitsgruppen.
Übrigens: Sollte sich die löbliche Grundidee Ihres Beirates in Zukunft entgegen meiner Erwartung doch als unabhängig, treffsicher und relevant genug erweisen, zögern Sie doch bitte nicht, die beratende und korrektive Tätigkeit auch für die anderen deutschen Privatsender anzubieten. Vor allem die direkte Konkurrenzgruppe Ihres aktuellen Auftraggebers hätte so etwas eigentlich noch viel dringender nötig. Doch dass Frau Schäferkordt in Sachen ethischen Beratungen immun zu sein scheint, hat man ja schon an ihrer Ablehnung eines TV-Gesprächs mit Herrn Reich-Ranicki nach dem Fernsehpreis-Eklat gesehen. Apropos Fernsehpreis: Da könnten Sie vielleicht auch mal… Aber lassen wir das vorerst!
Ich wünsche Ihnen auf jeden Fall viel Erfolg und gute Erkenntnisse mit und in Ihrer neuen Beratermannschaft.
Auf dass sich Ihr Gremium profilieren möge…!
Ihr
Gregor Elsbeck