Fernsehfriedhof

Der Fernsehfriedhof: Wer kopiert hier wen?

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Quotenmeter.de erinnert an all die Fernsehformate, die längst im Schleier der Vergessenheit untergegangen sind. Folge 157: Ein vermeintlich dreistes Plagiat von «Frauentausch».

Liebe Fernsehgemeinde, heute gedenken wir des Beweises dafür, dass sich Geduld nicht immer auszahlt.

«Ich tausche meine Familie» wurde am 16. Juli 2004 bei RTL geboren und zu einer Zeit ausgestrahlt als der Schwesternsender RTL II mit seiner Doku-Reihe «Frauentausch» bereits große Erfolge feierte. Als dann RTL fast exakt auf den Tag genau ein Jahr später mit der Ausstrahlung einer eigenen Version der Sendung begann, waren schnell Kopie- und Plagiatsvorwürfe allerorts zu vernehmen. Immerhin hatte die neue Show exakt den gleichen Inhalt, denn auch in ihr wechselten zwei Frauen für sieben Tage gegenseitig ihre Familien und wurden dabei von Kameras begleitet.

Tatsächlich stellte sich der Fall genau umgekehrt dar, denn RTL werkelte an seinem Format bereits seit Frühjahr 2003 herum und begann mit den Arbeiten - also bevor RTL II mit seiner Fassung auf dem Schirm erschien. Offenbar wussten die Senderverantwortlichen jedoch dann mit dem Ergebnis nicht richtig etwas anzufangen und ließen die produzierten Ausgaben über ein Jahr im Archiv liegen, bevor sie sich nach dem Erfolg der RTL II-Variante entschlossen, diese doch noch auszustrahlen. Darüber hinaus basiert die Reihe von RTL auf dem britischen Original «Wife Swap», das unter anderem auch in die USA exportiert wurde. Für dieses Format hatte der deutsche Kanal auch die Lizenz „ordnungsgemäß erworben“, wie der damalige RTL-Sprecher Konstantin von Stechow mehrfach betonte. Dagegen basierte die RTL II-Sendung «Frauentausch» auf keiner adaptierten Vorlage. Im Grunde ist damit also die zuerst gestartete Show «Frauentausch» die dreiste Kopie und «Ich tausche meine Familie» trotz seiner späteren Ausstrahlung das Original.

Dass RTL II die Formatidee noch vor der Ausstrahlung und ohne Erwerb der Lizenz übernehmen durfte, war durch eine kurz zuvor getroffene Entscheidung des Bundesgerichtshofes möglich geworden. Dieser verhandelte nämlich einen Fall, in dem eine französische Produktionsfirma die deutsche Show «Kinderquatsch mit Michael» bezichtigte, das Konzept ohne Genehmigung kopiert zu haben. Die Klage wurde jedoch abgewiesen, denn das Gericht entschied, dass Showformate anders als fiktionale Drehbücher „im Allgemeinen nicht urheberrechtlich schutzfähig sind“ und ebnete damit unzähligen späteren Formatkopien auch von anderen Sendungen den Weg.

Für die RTL-Variante der Tauschmütter erwies sich die verzögerte Ausstrahlung indessen als fatal, denn ein großer Erfolg wurde das Programm nicht. Am Freitagabend um 20.15 Uhr lockten die einstündigen Folgen wöchentlich weniger Zuschauer an. Waren die Werte zur Premiere mit 2,00 Millionen Menschen und einem werberelevanten Marktanteil von 16,9 Prozent noch akzeptabel, stürzten sie bereits in der dritten Woche auf 1,55 Millionen Zuseher und nur noch 11,2 Prozent ab. Die eigentliche Urfassung wurde von den Zuschauern offenbar nur als unverfrorenes Duplikat angesehen. Der dramatische Abwärtstrend war letztlich auch die Ursache, weswegen die Reihe keine zweite Staffel erhielt.

«Ich tausche meine Familie» wurde am 27. August 2004 beerdigt und erreichte ein Alter von sieben Folgen. Dem Erfolg des Tausch-Konzepts folgten nochzahlreiche andere Ableger wie «Urlaubstausch» (ProSieben) «Wir tauschen unser Leben» (WDR) oder «Schatz, mach du mal meinen Job!» (kabel eins), in denen alles mit jedem getauscht wurde. Der MDR plante mit «Die Neulandtester» gar einen Ossi-Wessi-Wechsel, strahlte diesen jedoch nicht aus. Selbst das ZDF sprang mit der Sendung «Gottschalk zieht ein» auf den Zug auf, auch wenn der Entertainer nur eine fremde Familie übernahm, aber seine eigene nicht abgab.

Möge die Reihe in Frieden ruhen!

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