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Sitcom-Boom und Drama-Krise - die Trends im US-TV

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Die ersten drei Wochen der neuen Saison im US-Fernsehen zeigen die aktuellen Trends auf: Während Sitcoms prächtig laufen, haben es Drama und Genre-Stoffe schwer. Einige Sender befinden sich weiter im freien Fall.

Vor drei Wochen begann die neue TV-Saison im US-amerikanischen Fernsehen, das noch deutlich saisonaler strukturiert ist als der deutsche Markt. Alle fünf großen Broadcaster starten binnen etwa zwei Wochen alle ihre neuen Serien und neuen Staffeln - von den Serien abgesehen, die erst im Frühjahr gestartet werden oder als Notfallplan zurückgehalten werden. So kristallisieren sich binnen Tagen starke Trends heraus: Welches Genre funktioniert dieses Jahr und welches nicht? Hat der Zuschauer die Schwemme an Krimiserien endlich satt, steht ihm der Sinn nach Mystery oder doch eher nach Familiendrama? Und gelingt es den großen Sendern dieses Jahr den permanenten Verlust von Marktanteilen an die Konkurrenz insbesondere im Kabelfernsehen aufzufangen?

Letztere Frage kann man bereits mit einem ziemlich deutlichen Nein beantworten. Von ganz wenigen Serien abgesehen verloren die altbekannten Shows auch in diesem Herbst wieder zahlreiche Zuschauer im Jahresvergleich während sich unter den Neustart einmal mehr kaum Hits zeigten. Für Sender wie The CW und NBC, die schon einige miese Jahre hinter sich haben, geht es derzeit in ganz gefährliche Gewässer. Beide Networks haben zudem schon frisch gestartete Programme aufgrund von desaströser Einschaltquoten absetzen müssen.

Ein Genre scheint sich allerdings in diesem Herbst gegen den Trend zu stemmen: Sitcoms sind wieder ganz groß im Kommen. Einige Formate bescheren ihren Sender derzeit Traumquoten und das beschränkt sich nicht etwa nur auf das aufgefrischte «Two and a Half Men» mit Ashton Kutcher als neuem Hauptdarsteller. Den Startschuss für den Comedy-Herbst gab der CBS-Hit allerdings, der mit der ersten neuen Folge über 28 Millionen Zuschauer anlockte und in der Zielgruppe einen Marktanteil von 25 Prozent ergatterte. Solche Zahlen hatte das fiktionale Fernsehen in den Staaten seit Jahren nicht gesehen.

Aber auch die Newcomer bestätigen die neue Freude an der Comedy: «2 Broke Girls» profitierte zwar enorm von einer Sonderprogrammierung der Pilotfolge hinter «Two and a Half Men», hat sich dann aber auf dem regulären Sendeplatz prächtig etabliert. Resultat: eine jüngst erfolgte Bestellung für eine volle Staffel. Die erste Serie, der in diesem Jahr diese Ehre zuteil wurde, war «New Girl»: Die Comedyserie mit Zooey Deschanel als nerdige neue Mitbewohnerin dreier Männer ist der größte Hit unter den neuen Serien. Die mit Emmy Awards überschüttete Comedyserie «Modern Family» startete mit Rekordwerten in die dritte Staffel, «How I Met Your Mother» und «Mike and Molly» bescheren ihrem Sender tolle Quoten und mit «Up All Night» und «Whitney» haben noch zwei weitere neue Sitcoms bereits eine volle Staffel erhalten.

Auf der Seite der Drama-Serien sieht es hingegen düster aus. Anzahl der Serien, die von ihrem Sender das Vertrauen für ein ganzes Jahr geschenkt bekommen haben: bislang null. Gerade mal eine einzige neue Serie verblieb bislang über der Marke eines 3.0-Ratings, ein guter Indikator für einen Erfolg in der Zielgruppe. Doch dabei handelt es sich um «Terra Nova», die ungeheuer teure Spielberg-Serie um eine Zeitreise in die Dinosaurier-Zeit. Angesichts der riesigen Erwartungen, wegen der sich noch vor Sendestart auch ProSieben bereits die Rechte sicherte, ist auch hier das Ergebnis enttäuschend.

Da «Terra Nova» aufgrund der aufwändigen Produktion in diesem Jahr ohnehin nicht mehr als 13 Episoden produzieren wird, sind andere Serien Favoriten für die erste "Back-9-Order" einer Dramaserie. Das in den 60er Jahren angesiedelte «Pan Am» von ABC, ein Stewardessen-Drama zwischen Romantik und Politik, das sich in dieser Woche ProSiebenSat.1 zur deutschen Ausstrahlung sicherte. Der ebenfalls von ABC ausgestrahlte Rache-Thriller «Revenge», erfolgreichster Neustart des Jahres, der aber schon einige Federn lassen musste. Und zuletzt der ungewöhnliche Krimi «Person of Interest» mit «Lost»-Star Michael Emerson als mysteriöser Software-Millionär, dessen Technologie Verbrechen im Voraus erahnen kann. Alles keine großen Hits, aber für die heutigen Verhältnisse dürfte es ausreichen.

Dieses Glück haben nicht alle Serien. NBCs «The Playboy Club», über den Sommer kräftig gehypt und zuletzt vom amerikanischen Eltern-Verband PTC aufgrund von Vorwürfen über Pornographie-Verherrlichung immer wieder in die Diskussion gebracht, erlebte eine Bruchlandung. Die Absetzung folgte nach drei Folgen. ABCs Neuauflage von «Charlie's Angels» steht diese kurz bevor. Nach miesem Start stürzten die Einschaltquoten ins Bodenlose. Auch um den NBC-Krimi «Prime Suspect» steht es eher schlecht.

Auf Senderseite gibt es dieses Jahr schon jetzt klare Gewinner und Verlierer. FOX hat mit «The X Factor», das in Deutschland bereits auf VOX erfolgreich lief, zwar nicht den erhofften Riesenhit gelandet, aber erfolgreich eine neue Reality-Show etabliert, mit «Terra Nova» die erfolgreichste neue Dramaserie und mit «New Girl» die zweiterfolgreichste neue Comedy im Programm. CBS hat mit dem Relaunch von «Two and a Half Men» dem gesamte Montagsprogramm zu Traumquoten verholfen und einige solide Serien etabliert - wenngleich auch mit «How to be a Gentleman» ebenfalls bereits eine Absetzung zu verzeichnen. ABC geht es den Umständen entsprechend gut. Noch. Denn das Gespenst alternder Hits begleitet den Sender seit Jahren.

Wie bereits angesprochen sind NBC und The CW die großen Sorgenkinder der Network-Landschaft. Letzterem gelang einmal mehr überhaupt kein Erfolg. Die Teenie-Fantasy «The Secret Circle» verliert zuviele Zuschauer von «The Vampire Diaries», beim wirren Doppelgängerdrama «Ringer» mit Sarah Michelle Gellar blieb der erhoffte Ansturm der «Buffy»-Fans aus und «Hart of Dixie» mit Rachel Bilson startete schwach. Mit der Realityshow «H8R» landete The CW den Flop des Jahres und zog auch noch seinen Showveteran «America's Next Top Model» in den Abgrund. Wieder einmal steht man vor der Frage, wie der Sender jemals wieder erfolgreich werden soll.

Bei NBC hat man das noch nicht ganz aufgegeben, aber die Realität des Senders, bei dem schon in den letzten Jahren viele Köpfe rollten, sieht anders aus. «The Playboy Club» nach drei Folgen abgesetzt, «Free Agents» nach vier Folgen abgesetzt, «Prime Suspect» miserabel gestartet, zwei Sitcoms verlängert eher, um ein Lebenszeichen zu senden als des Erfolges wegen. Auch das alte Programm ist teils ruinös. «Harry's Law» läuft absetzungsverdächtig schlecht, der Comedy-Donnerstag ist völlig heruntergewirtschaftet, selbst die Reality-Shows bekommen keinen Fuß mehr auf den Boden. Hier sind endlich neue Ideen gefragt.

Was bedeuten die letzten drei Wochen also für die deutsche TV-Landschaft? Es wird vermutlich Zeit, mehr Sendeplätze für Comedyserien zu etablieren und sich des Trends anzunehmen. Mit «Mike & Molly» und «2 Broke Girls» warten zwei Serien, die optimal zu «Two and a Half Men» passen, «Modern Family», die derzeit zweiterfolgreichste Serie aus den Staaten, liegt bislang brach. «New Girl», Kritikerliebling «Community», die neue Vorstadt-Satire «Suburgatory» sowie zahlreiche noch nicht gestartete Formate wie «Last Man Standing», die neue Sitcom von «Hör mal wer da hämmert»-Star Tim Allen.

Auch im Crime Genre wird das Material nicht ausgehen, dafür sorgt "Altherrensender" CBS - der dank nachhaltiger Programmstrategie ironischerweise derzeit mit FOX der erfolgreichste Sender beim jungen Publikum ist. «Person of Interest» und «Unforgettable» sollten ihren Weg nach Deutschland finden. Was die Zukunft von Genre-Serien angeht, muss das Frühjahr abgewartet werden. Mit «Terra Nova» sind erst einmal nur 13 Folgen Sciencefiction-Abenteuer sicher. Das «Inception»-inspirierte «Awake» und die Horrorserie «The River» starten erst 2012. Aussichten: eher durchwachsen. Denn nicht zuletzt die aktuelle Misere von «Supernatural» und «Fringe», die in den vergangenen Wochen mächtig an Zuspruch verloren haben, zeigt, dass schwere Zeiten angebrochen sind für phantastisches Fernsehen.

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