360 Grad

Highway to Connecticut

von
Die Deutschen lieben ihren zu Guttenberg immer noch. Er muss in der deutschen Politik- und Medienlandschaft wieder präsenter sein.

Da wird unser Ex-Verteidigungsminister wohl erst einmal seinen Kaffee auf der Zeitung verteilt haben, als er das las: Sein Leben, das heißt primär seine Plagiatsaffäre, soll nun verfilmt werden. Das Drehbuch ist bereits geschrieben, die Produktionsarbeiten sollen im kommenden Frühling beginnen. Nicht einmal im beschaulichen Connecticut, zwischen hübschen Villen und altmodischen Backsteinhäusern, und weit weg vom kriselnden Europa hat man seine Ruhe.

Um seine Persönlichkeitsrechte und die seiner Familie zu wahren, soll der Stoff allerdings stark fiktionalisiert werden. So bestreitet Guttenberg etwa bis heute, jemals einen Ghostwriter engagiert zu haben – in besagtem Drehbuch ist eine solche Figur jedoch bisherigen Berichten zufolge vorgesehen. Sat.1 colort dein Life eben auch gerne einmal um.

Doch diese Nachricht zeigt: Das Interesse an Karl-Theodor zu Guttenberg ist in Deutschland ungebrochen. Auch wenn er uns als Minister verlassen und dem Kontinent den Rücken gekehrt hat – die Deutschen wollen mehr von ihrem geliebten KrisenbewälTiger.

Eigentlich war es nur eine Frage der Zeit, bis seine Geschichte es in die Film-Pipeline schafft. Verwunderlich ist eigentlich nur, dass Helmut Dietl nicht an dem Projekt beteiligt ist – erinnert der Stoff doch sehr stark an sein satirisches Meisterwerk «Schtonk», die (gleichsam) fiktionalisierte Geschichte um die von Konrad Kujau gefälschten und vom „Stern“ publizierten Hitler-Tagebücher.

Doch wieso eigentlich fiktionalisieren? Warum hat VOX nicht schon längst in Neuengland angerufen, um ein Special von «Goodbye Deutschland! Die Auswanderer» mit wohl Deutschlands berühmtester Emigrantenfamilie in die Wege zu leiten? „Die Guttenbergs – Vom Copy-Shop in den Think Tank“ ließe sich doch sicherlich bestens vermarkten. Denkbar wäre vielleicht auch ein Crossover mit Wahltexaner Konny Reimann. Konny werkelt weiter an seinem Grundstück herum, und Karl-Theodor kopiert die Akten für die Baugenehmigungen. Win win für alle, wenn jeder das macht, was er am besten kann.

Eigentlich ist Guttenberg ohnehin ein Mann für die Medienwelt – die Frisur sitzt, der Sprachduktus ist flüssig und er hat Erfahrung darin, Uralt-Texte zu recyclen. Top-Voraussetzungen also für eine steile Karriere. Der Ministerposten war da nur der Anfang, der Think Tank ein bloßer Zwischenstopp auf der Leiter des Erfolgs. Und auch wenn eine Reality-Show (verständlicherweise) vielleicht nicht ganz so sein Ding ist – seine Berufsmöglichkeiten sind vielfältig.

Scheint nicht Harald Schmidt gerade auf der Suche nach einem Sidekick zu sein? Manuel Andrack sitzt ja jetzt im Saarland und Olli Dietrich hat wohl auch nicht jede Woche für einen unangemeldeten Besuch Zeit. Da könnte doch Karl-Theodor ab und an mal im Studio 449 vorbeischauen, und mit Harry das Wochengeschehen auseinandernehmen. Jetzt kann es ihm immerhin völlig egal sein, ob Pofalla seine Fresse noch sehen kann oder nicht.

Schmerzlich vermisst wird Guttenberg auch in der Talk-Show-Offensive der ARD. Schließlich musste Günther Jauch schon auf Jürgen Klinsmann zurückgreifen, um uns Amerika zu erklären. Frank Plasberg ist in seiner Sendung schon auf absolute Schwafelthemen wie „Chancengleichheit“ angewiesen, zu denen er dann Christian Rach einladen muss. Eine Type wie Guttenberg täte da sicherlich gut.

Und wenn wirklich alle Stricke reißen sollten, kann er immer noch eine dieser Medienkolumnen schreiben. Nur allzu viel abschreiben darf er dann nicht mehr.

Mit 360 Grad schließt sich auch nächsten Freitag wieder der Kreis.

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