Marvels Heldenepos «The Avengers» brach schon mit seinem Trailer die ersten Rekorde. Und gibt unserem Kolumnisten kleine Rätsel auf.
Sollte irgendjemand aus dem Marketing-Team hinter Marvels «The Avengers» nach einem weiteren Superlativ suchen, mit dem sich das Aufeinandertreffen von Hulk, Iron Man, Thor und Captain America beschreiben lässt, so hätte ich einen taufrischen Vorschlag: „Der am heißesten erwartete Film aller Zeiten!“
Solche ultimative Aussagen sind natürlich stets etwas streitbar, aber die Macher des Superhelden-Crossovers können immerhin auf eine überaus beeindruckende Zahl deuten, um ihre selbstbeweihräuchernde These zu stützen. Innerhalb von nur 24 Stunden wurde die Vorschau zu «The Avengers» bei iTunes über 10 Millionen Mal runtergeladen. Dies ist ein neuer Rekord, und noch dazu einer mit stattlichem Vorsprung gegenüber dem bisherigen Rekordhalter «Transformers 3». Notorische Wettspieler zum Thema Kino-Einspielergebnisse dürfen jetzt also ein gutes Stück lauter darüber nachgrübeln, ob sie nicht darauf setzen wollen, dass «The Avengers» 2012 die Milliarden-Dollar-Grenze überbietet. Zum Vergleich: Michael Bays Alien-Roboter-Klopperei hat es dieses Jahr auf eine mir unerklärliche Weise auf Platz 3 der weltweiten, ewigen Kino-Hitliste geschafft.
Der Trailer zu «The Avengers» ist aber nicht nur aufgrund seines großen Online-Erfolgs interessant. Er ermöglicht vor allem auch einen, wie ich finde, spannenden Blick in die Kulissen des Hollywood-Geschäfts. Wie sich manche vielleicht erinnern, übernahm die Walt Disney Company 2009 für 4 Milliarden Dollar den Comic-Verlag Marvel, inklusive der Rechte an seinen Figuren sowie dem aufstrebenden Marvel-Filmstudio. Um möglichst schnell Gewinn aus diesem Geschäft zu schlagen, traf Disney außerdem mit den Paramount Studios eine Vereinbarung bezüglich des nächstes Jahr startenden Films «The Avengers» sowie «Iron Man 3». Diese Filme waren noch Teil eines Abkommens zwischen Marvel und Paramount, doch Disney erwarb für 115 Millionen Dollar die weltweiten Vertriebsrechte sowie die Marketing-Pflichten für diese beiden Kinoproduktionen. Sollten die Filme beim Kinopublikum besser als erwartet ankommen, erhält Paramount statt der 115 Millionen Dollar 8 bzw. bei «Iron Man 3» 9 Prozent der Kinoeinnahmen.
Weshalb nun dieser kleine Rücksturz in die jüngere Hollywood-Vergangenheit? Nun, jeder der sich den «The Avengers»-Trailer angesehen hat, dürfte das darin auftauchende Paramount-Logo bemerkt haben. Die Marke Disney sucht man dagegen mit der Lupe. Wieso Disney nicht im Trailer genannt wird, verrät der Branchendienst Variety: Teil des Vertrags zwischen Paramount und Disney war, dass Paramount auf den Postern und in den TV Spots sowie Trailern zu den genannten Filmen präsent ist. Man verhandelte wohlgemerkt kein Exklusivrecht aus, der Disney-Konzern hatte die freie Wahl, seinen Namen gleichberechtigt mit Paramount in den Promo-Materialien zu platzieren. Allerdings entschied man sich, die Marke Marvel zu stärken, und sie allein in den Vordergrund zu rücken. Der konzerninterne Gedanke: Marvel ist nun Teil von Disney, wenn also die Marvel Studios erwähnt werden, dann wird praktisch auch Disney erwähnt.
Für einige überkritische Marvel-Fans dürfte dies eine Erleichterung sein. Seit der Übernahme wird von einer lauten Minderheit immer wieder die Befürchtung geäußert, Disney würde Marvel ins Steuer greifen. Danach schreit dieser freiwillige Rückzug Disneys aus den Promomaterialien nun wirklich nicht.
Ein wenig erinnert es mich an die Kinowerbung für «Fluch der Karibik»: Disney warb für das wilde Piratennamen ausschließlich mit dem Blockbuster-Produzenten Jerry Bruckheimer, das eigene Studiologo wurde ins Kleingedruckte von Postern verbannt. Nach dem Überraschungserfolg wurde das Disney-Logo in sämtlichen Trailer der Fortsetzungen gezeigt und wesentlich präsenter auf die Filmplakate gedruckt.
Ich würde glatt Thors Hammer darauf verwetten, dass es mit «The Avengers» ähnlich verlaufen wird.