
Doch was erfolgreich ist, korreliert im Falle des deutschen Fernsehens nicht zwangsläufig mit qualitativen Maßstäben. Der Vorabendschund «Babyalarm! Teeniemütter in Not» darf sich da nur als ein weiteres Beispiel in der schier endlosen Reihe trauriger Ideenlosigkeit und billiger Realityproduktionen einreihen. Wie schon der reißerische Titel suggeriert, hat Sat.1 sich mit dem Format kein pädagogisches Lebenswerk aufgebürdet, sondern profitiert von der existenziellen und immer verfügbaren Not Einzelner, die wie so oft mit dem vorwurfsvollen Voyeurismus erhoffter Zuschauermassen kokettiert. Dafür sorgen die obligatorischen und ob der Omnipräsenz in ähnlichen Formaten mittlerweile bis in die Lächerlichkeit verzerrten Schwarz-Weiß-Aufnahmen mit unterlegter Horrorfilmmusik, gierige Nahaufnahmen auf von Rechtschreibfehlern gespickte Einkaufszettel oder Listen und eine immerzu präsente unterschwellige Bevormundung.
Für den vermeintlichen pädagogischen Aspekt sorgt Diplom-Sozialpädagogin Simone Tabke, die wenig konsequent, dafür aber mit vielen, vielen klugen Ratschlägen die eh schon überforderten jungen Eltern bombardiert. Alte Traumata, ob Vergewaltigung oder der Verlust von Verwandten, werden in tränenreicher Fülle ausgiebig vor der Kamera besprochen, als nette Geste danach das verdreckte Wohnzimmer aufgeräumt und nach zwei Wochen nochmals nach dem Rechten geschaut. Dass viel tiefergehende Probleme hinter einem staubigen Badezimmerboden oder sich in der Ecke stapelnder Dreckwäsche stehen, wird zwar nicht verschwiegen, allerdings auch nicht in den Vordergrund gestellt. Und damit bleibt «Babyalarm! Teeniemütter in Not» wie so viele andere Formate seiner Art eine verallgemeinernde Skandalisierung, die die Protagonisten langfristig weiterhin perspektivlos am langen Arm verhungern lässt. Hier gewinnt nur Sat.1 – wenn überhaupt.