«Doctor’s Diary» endet. Und RTL bedauert den Verlust eines erfolgreichen Fiction-Formats.
«Doctor’s Diary» hat die aktuelle Renaissance der modernen deutschen Serie quasi eingeleitet: Das Format startete im Sommer 2008 und mitten in einer Zeit, in der diverse andere Serienprojekte kläglich scheiterten. Erst im Frühjahr 2010 konnte Sat.1 mit «Danni Lowinski» und «Der letzte Bulle» ebenfalls zwei neue fiktionale Formate etablieren, welche die deutschen Serie endgültig wieder im Abendprogramm verankerten. Nun aber wird der Trendsetter «Doctor’s Diary» eingestellt: Terminschwierigkeiten unter den Darstellern haben eine vierte Staffel unmöglich gemacht. Inhaltlich endete die dritte Runde mit einem Happy End für die beiden Figuren Gretchen und Marc – RTL dürfte aber nicht happy sein über das ungewollte Ende.
Selten kommt es vor, dass ein TV-Format nicht wegen der Quote abgesetzt wird. Noch seltener ist, dass der ausstrahlende Sender sogar danach sein Bedauern über das Ende einer Serie so offen bekundet: RTL-Fiction-Chefin Barbara Thielen lobte «Doctor’s Diary» in höchsten Tönen; schwärmte über die „brillant erzählten Figuren, aber auch die durch die Bank hervorragenden Schauspieler“, welche das Format „zu etwas Einzigartigem“ gemacht hätten.
Dass «Doctor’s Diary» wirklich etwas besonderes war, zeigt der Blick auf die aktuelle Lage der RTL-Fiction: Vor der TV-Saison 2011/12 kündigte man einige Serienpiloten an, die zunächst einmalig am Publikum getestet werden sollen – und bei Erfolg mit ganzen Staffeln auf die Bildschirme zurückkehren. Zwei dieser Testballons wurden schon gezeigt, mit mäßigem Erfolg: «IK1 – Touristen in Gefahr» erreichte in der jungen Zielgruppe 17,1 Prozent Marktanteil und damit einen zufriedenstellenden, aber nicht überdurchschnittlich guten Wert. Der Film «World Express» floppte gar mit nur 14 Prozent Marktanteil bei den Werberelevanten. Ein weiterer Pilot namens «Blinde Spuren» wird aktuell hergestellt, das Format «Die Trixxer» liegt zudem seit längerer Zeit auf Halde und wartet auf eine Ausstrahlung.
Auch wenn die deutsche Serie seit einiger Zeit wieder als vermeintlicher Trend gilt: Selbst bei RTL funktioniert nicht jede Fiction-Idee auf Anhieb. Ein guter Ersatz für «Doctor’s Diary», das mit der letzten Staffel 19,3 Prozent Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen erreichte, wird nur schwer zu finden sein. Letztlich geht es bei Serien immer um eine interessante Prämisse, gut geschrieben Geschichten und sympathische Charaktere – dies musste Sat.1 auch leidlich erfahren, denn nachdem jahrelang zahlreiche mittelmäßige Fiction-Projekte gefloppt waren, landete man erst mit den starken Drehbüchern und Schauspielern um «Danni Lowinski» und «Der letzte Bulle» wieder Quotenhits. Bei «Doctor’s Diary» war ein Baustein des Erfolgs sicherlich Drehbuchautor Bora Dagtekin – vielleicht ist ein neues Projekt mit ihm ja der Ansatz für eine neue RTL-Serie mit einer ordentlichen Portion Humor und Sympathie.
Jan Schlüters Branchenkommentar beleuchtet das TV-Business von einer etwas anderen Seite und gibt neue Denkanstöße, um die Fernsehwelt ein wenig klarer zu sehen. Eine neue Ausgabe gibt es jeden Donnerstag nur auf Quotenmeter.de.