Serien-Update

«Fringe»

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Auch die vierte Staffel lässt sich bislang wieder Zeit mit Antworten und wandelt auf dem schmalen Grat zwischen Sciencefiction und Esoterik.

Bisher bei «Fringe»: Die mysteriöse Maschine der Ersten Menschen hat Peter 15 Jahre in die Zukunft transferiert, wo das diesseitige Universum unter den katastrophalen Auswirkungen zu leiden hat, welche die Verbindung der beiden Universen mit sich brachte. Walter entdeckt einen Weg, wie Peter diese Zukunft ungeschehen machen kann und Peter gelangt zurück ins Jahr 2011. Dort löst sich Peter in Luft auf und niemand scheint sich mehr zu erinnern, dass er jemals existiert hat. Außer den Beobachtern, die auf Liberty Island versammelt sind - dem Ort, an dem fortan eine feste Verbindung zwischen den beiden Universen besteht.

Für gewaltige Spannung hat der Cliffhanger um das Verschwinden Peters in der Sommerpause gesorgt. Wie ist sein Verschwinden zu erklären, wieso erinnert sich niemand mehr an ihn, wie kann er wieder zurückgeholt werden, wenn doch niemand mehr von ihm weiß? Und kehrt Peter überhaupt zurück? Es dürfte kaum ein Spoiler sein, die letzte Frage an dieser Stelle schon einmal zu beantworten: Ja. Immerhin ist Joshua Jackson auch in der vierten Staffel im regulären Cast der Mysteryserie vertreten. In den Fragen des Wie und Warum bleibt die Serie bislang allerdings Antworten schuldig und es stellen sich einige unangenehme Erinnerungen an die esoterischen Phasen ein, die die Serie seit Mitte der dritten Staffel eingeschlagen hatte.

Eine mindestens genauso große Tragweite für die Ausrichtung der Serie wie das Verschwinden von Peter hat sicherlich die nun feste Verbindung zwischen den Universen, die in einer permanenten Zusammenarbeit der beiden Fringe-Teams resultiert. Während man sich zwar weiterhin auf mysteriöse Fälle im eigenen Universum konzentriert, kommt es nun doch des Öfteren etwa auf ein Zusammentreffen der beiden Olivias. Auch Lincoln Lee ist wieder da, allerdings in der diesseitigen Variante. Etwas ärgerlich ist, dass sich die Autoren für die neue Staffel eine veränderte Zeitlinie gestrickt haben und so Ereignisse aus der Vergangenheit der Serie "retconnen", sprich umschreiben konnten. So ist Lincoln dem Fringe-Team zum Beispiel völlig unbekannt, obwohl sie bereits in der vergangenen Staffel aufeinander trafen.

Leider macht «Fringe» dort weiter, wo man im letzten Jahr aufgehört hat, von den finalen Folgen abgesehen. Trotz eines fantastischen Plots im Hintergrund, riesigen Charakterpotentials und einem Dutzend aktueller Mysterien, die die Figuren vorrangig beschäftigen müssten, wird permanent das Tempo verschleppt. Dabei könnte die Serie eigentlich befreit zur Höchstform auflaufen, denn mit einer fünften Staffel ist nicht unbedingt zu rechnen. Das Budget scheint jedenfalls da zu sein, denn visuell auf hohem Niveau und mit einem erweiterten Cast scheint man selbst auf dem zuschauerschwachen Freitagabend gut gerüstet zu sein.



Aus der Zeit gelöscht, im Reiden Lake ertrunken, phasenverschoben in eine andere Realität? Es wäre einfach mal ungeheuer schön, wenn «Fringe» sich zu einer konkreten Antwort durchringen könnte auf die Fragen, die man aufwirft. Im Finale der dritten Staffel heißt es, Peter habe niemals existiert, dann erfahren wir, dass er als Kind im Reiden Lake ertrunken ist und als er in der vierten Folge zurückkehrt heißt es plötzlich, er sei in einer parallelen Realität gefangen gewesen. Hier müssen die nächsten Episoden unbedingt Klarheit schaffen.

Leider zieht sich die Geschichte um den verschwundenen Peter wie ein leidiger Faden durch die ersten vier Folgen. In den ersten beiden Episoden werden die Charaktere nicht müde, immer wieder zu betonen, welch unerklärliche Leere in ihrem Leben herrscht. Peters Erscheinungen bei Walter - extrem klischeehaft als Spiegelbild - erinnern stark an Peters Erscheinungen bei Olivia zu Beginn der dritten Staffel, als man in den Parallelweltfolgen einfach nicht auf Joshua Jackson verzichten wollte. Und mit der übermenschlichen Macht der Erinnerung steht bereits die nächste esoterische Erklärung parat, wie Liebe Raum, Zeit und physikalische Gesetze überwinden kann.

Erklärt wird wenig und die Beobachter als Pseudo-Erklärungen ziehen längst nicht mehr. Als unbeteiligte Gestalten, die seit nunmehr gut drei Jahren alles zu wissen scheinen, aber niemals etwas verraten, sind sie von geheimnisumwitterten Kult-Figuren zu nervigen Phrasendreschern verkommen. 18 Folgen stehen diese Staffel noch aus, möglicherweise nicht mehr. Zeit, endlich einmal den ein oder anderen roten Faden anzuziehen, um nicht so zu enden wie einst «Lost», das trotz feststehendem Ende bis ins Serienfinale keine Fahrt mehr aufnahm.

In den für sich stehenden Kriminalplots sowie dem Zusammenspiel der Charaktere funktioniert «Fringe» hingegen weiterhin ausgezeichnet. Die veränderte Teamdynamik wurde gut aufgegriffen, Walters alternative Entwicklung ohne seinen Sohn gut umgesetzt in einem verwirrten alten Mann, der Angst hat, das eigene Labor zu verlassen. Olivia bringt genug Präsenz mit, sodass das Fehlen eines Partners überhaupt nicht auffällt - wenn sie es nicht ständig betonen würde. In diesem Punkt ist die Serie derzeit leider etwas zu holzhammerartig aufgelegt. Das neue Element der verbundenen Universen wurde bislang in einer Episode sehr gut ausgespielt, insgesamt wäre aber auch hier noch mehr drin. Es ist weiterhin der fehlende Mut, das unübersehbare Potential voll auszureizen, der «Fringe» davon abhält, die herausragende Serie zu sein, die es problemlos sein könnte.

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