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Mit der thematischen Umorientierung ging vor einigen Jahren nicht nur die schrittweise Verlagerung fast aller Schauplätze in den Straßenzug, sondern auch eine visuelle Neuausrichtung der Serie einher. Waren Soaps bis zu diesem Zeitpunkt nämlich oft von einer statischen Kameraführung und bühnenhafter Inszenierung geprägt, versuchte man nun vermehrt dynamischere Stilmittel wie Splitscreens, Bild-Musik-Collagen, Videoclip-Elelemte und ausgiebige Kamerafahrten einzubauen. Mit diesen Maßnahmen schaffte es die Produktion sich deutlich von anderen Mitbewerbern abzuheben, die dann wiederum begannen, sie zu kopieren.
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Ersetzt wurden diese Stilmittel vor allem durch unzählige Rückblenden, welche in jede Folge mehrfach eingestreut werden. Diese stellen dann Erinnerungs-Flashbacks der Figuren dar, um deren innere Gefühlslage zu verdeutlichen. Dabei wird zuweilen derart massiv auf dieses Mittel zurückgegriffen, dass sogar Szenen wiederholt werden, die aus der aktuellen Folge stammen und damit nur wenige Minuten alt sind. Dieses Stilmittel ist sicher eine effektive Art, Gedanken zu verdeutlichen, doch es ist zugleich auch der plumpste Weg dies zu tun - vor allem wenn dies derart exzessiv passiert. Mit diesen ewigen Wiederholungen fügt sich die Produktion allerdings homogen in das restliche Programmumfeld des Senders ein, der dies in seinen Shows und Reality-Formaten genauso umfangreich tut. Damit will man offenbar dem erhöhten Zapping-Verhalten begegnen und jedem neuen Zuschauer den Einstieg erleichtern. Das erscheint aber für Soaps überflüssig, die in der Regel eine sehr treue Fangemeinde haben. Hier würde etwas mehr Vertrauen in die Höhe der Aufmerksamkeitsspanne der Zuschauer und in die Darstellungskünste der Schauspieler die innere Redundanz deutlich verringern. Der Mensch ist zum Glück kein Goldfisch, der nur ein Gedächtnis von wenigen Minuten hat.
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Was den Autoren dennoch weiterhin eindrucksvoll gelingt, ist die Verflechtung der einzelnen Handlungsstränge. Immer wieder geht eine Szene in eine andere über und Figuren aus einem Handlungsstrang laufen durchs Bild eines anderen. Hier spielen die Macher die Reduzierbarkeit des Raumes und die zeitliche Parallelität der Geschichten gut aus. Solche zufälligen Begegnungen sind zwar eigentlich in einer Großstadt wie Berlin unrealistisch, genauso wie die Ansiedlung aller Hauptcharaktere in nur einem Straßenzug, aber im Rahmen einer Soap durchaus vertretbar.
Bezüglich der erzählten Geschichten hat die Serie ebenfalls mehrere Wandlungen erfahren. War man am Anfang noch auf große Dramen fokussiert, versuchte man in den vergangenen Jahren eher realistische Alltagsgeschichten zu erzählen. Das klappte auch meist sehr gut und wirklichkeitsgetreu. Sicher gab es auch in dieser Phase große Katastrophen, aber selbst diese wurden versucht, möglichst lebensnah und glaubwürdig zu erzählen. Bezüglich dieses Aspekts hat sich in den vergangenen Monaten ein leichter Rückschritt in frühere, übertriebene Tage ereignet. Die Entführung der Figur Dominik war beispielsweise zwar schon recht überspitzt, aber im Rahmen einer dramatischen Überhöhung noch akzeptabel. Das sich daraus jedoch eine weitere Entführung, Maulwurfsjagden, Mafiamorde und Schießerein entwickelten, sprengte den selbstgesteckten Rahmen. In diesem Zusammenhang verschwand übrigens auch weitestgehend ein witziger und zuweilen ironischer Unterton in den Drehbüchern, den es vor einigen Monaten noch regelmäßig gab.
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Auch wenn sich die Serie mit den jüngsten Entwicklungen nicht mehr in ihrer kreativen Höchstform befindet und visuell weniger mit Primetime-Serien konkurrieren kann, als noch vor einigen Jahren, erfreut sich «Gute Zeiten, Schlechte Zeiten» einer ungebrochenen Beliebtheit. Insofern scheint der Großteil der Zuschauer auf eine abwechslungsreiche Inszenierung keinen allzu großen Wert zu legen. Gleichzeitig zeigen die konstanten Zuschauerzahlen, dass auch die zahlreichen Wandlungen des Formats akzeptiert werden. Mehr noch, offenbar besteht also gerade in diesem fortwährenden Erneuerungsprozess ein wesentlicher Faktor für den dauerhaften Erfolg der Produktion.