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Quo vadis «X Factor» - Ist der Boom schon vorbei?

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Die zweite Staffel der Castingshow läuft für VOX-Verhältnisse zwar gut, ein ganz großer Erfolg sieht aber anders aus. Die Quoten liegen für ein Format dieser Größe auf überschaubarem Niveau. Was macht der Sender falsch?

Für die zweite Staffel hat VOX kräftig am «X Factor»-Konzept geschraubt. So wurde die Bühne deutlich vergrößert, in das Studio passen nun mehr Zuschauer als noch im ersten Durchlauf. Damals wusste man schließlich noch nicht, wie gut die Castingshow laufen würde. Sie lief gut. Durchschnittlich 2,20 Millionen Menschen schalteten ein, der Marktanteil in der Zielgruppe lag bei 12,9 Prozent. Dann wollte man größer werden, gab dem Format während des Castings sogar zwei Sendeplätze in der Primetime. Doch die Zuschauer honorieren diese Bemühungen in Staffel zwei bislang nicht.

Die Quoten und Reichweiten liegen in diesem Jahr deutlich unter den Werten aus 2010. Die durchschnittliche Zuschauerzahl der ersten Staffel wurde während der aktuellen Runde erst drei Mal überboten - zuletzt Mitte September. Doch stagnierende oder sogar rückläufige Zuschauerzahlen können sich das Format und der Sender eigentlich gar nicht erlauben. Denn durch die Änderungen am Konzept dürften die ohnehin schon hohen Produktionskosten noch einmal gestiegen sein. Diese müssen nun wieder reingeholt werden. Bei Werbepartnern werden geringere Zuschauerzahlen zudem nicht gut ankommen.

Doch was läuft falsch bei «X Factor»? Kritiker und Zuschauer bescheinigen dem Format, eine kompetente Jury zu haben, die man ernst nimmt. Auch der Neue, Das Bo, ist da keine Ausnahme. Überhaupt ist der Rapper ein Glücksgriff für VOX, ersetzte er doch den eher müde wirkenden Produzenten George Glück, der so gar nicht in eine schwungvolle Show hineinpasste.

Auch der Anfang einer jeden Live-Show wurde aufgepeppt und kommt nun deutlich frischer daher. Jochen Schropp wirkt während der ganzen Sendung sicherer als noch vor einem Jahr und macht seine Sache gut. Für die jungen Zuschauer hat man zudem immer die neuesten Musikacts auf der Bühne: Star-DJ David Guetta (Foto), Pitbull, Justin Bieber, Kelly Clarkson oder Taio Cruz. Heißt: das internationale Who-is-who der Popszene tritt bei «X Factor» auf.

Und dann ist da natürlich noch die musikalische Qualität der Kandidaten selbst. Wie schon in der ersten Staffel ist «X Factor» in diesem Punkt nicht vergleichbar mit «Deutschland sucht den Superstar» und anderen Castingsendungen. In der VOX-Show wird der Fokus merklich auf echte Talente gelegt, weniger auf die Inszenierung. Doch was bringt das alles, wenn die Zuschauer nicht einschalten? Oder nicht genug einschalten?

Natürlich liegen die Reichweiten und Marktanteile der Sendung über dem, was VOX normalerweise erzielt. Doch der Senderschnitt darf in diesem Fall nicht der Maßstab für «X Factor», die teuerste Produktion der Sendergeschichte, sein. Ein Problem liegt wohl beim Kanal selbst. Kaum ein Zuschauer, der die Show bislang noch nicht verfolgt hat, erwartet das Format bei VOX. Der Privatsender hat sich in seiner Vergangenheit eben nicht durch große Primetime-Shows ausgezeichnet. Vielleicht ist «X Factor» zum Start doch einfach eine Nummer zu groß für den Krimiserien-Sender VOX.

Wahrscheinlich liegt es aber zum Teil auch am Publikum, welches von RTL und seinen Castingshows schon so sehr abgestumpft ist, dass anspruchsvolle Wettbewerbe gar nicht mehr wahrgenommen werden oder wahrgenommen werden wollen. Es geht nur noch darum, sich über Kandidaten lustig zu machen, die von eingeblendeten grünen Fickfröschen nachgeäfft werden. Es muss ein ständiges Auf und Ab geben. Mal wird ein Kandidat mit vielen Emotionen zum Weltstar hochgejazzt, mal auf erniedrigende Weise bloßgestellt. Eine Show, die beständig gute Leistungen zeigt? Das ist möglicherweise nicht gewollt in Castingshow-Deutschland.

Was also tun? Abwarten und auf höhere Reichweiten hoffen, dafür wird keine Zeit bleiben. Um wirklich in Ruhe und ohne Sorge eine dritte Runde von «X Factor», die natürlich wahrscheinlich ist, ordern zu können, sollten in Quoten in den Wochen vor dem Finale noch einmal nach oben gehen. Sinken sie sogar, könnte es eng werden mit der Zukunft von «X Factor». Eine andere Idee wäre, das Format an RTL zu geben. Dort würde es unweigerlich auf größere Resonanz stoßen, eben weil der Sender um ein vielfaches größer ist. Doch zwischen «Deutschland sucht den Superstar» und «Das Supertalent» passt eigentlich keine dritte Castingsendung - mal abgesehen davon, dass inhaltliche Veränderungen wohl unvermeidbar wären.

Somit bleibt nur die Möglichkeit, das Format bei VOX zu belassen und gleichzeitig stärker zu bewerben. Hier kann RTL ein entscheidender Stützpfeiler sein, indem im Programm vermehrt auf die Show hingewiesen wird. Ansonsten können die Verantwortlichen wirklich nur hoffen, dass das Publikum langsam aber sicher seinen Weg zu «X Factor» findet, damit die Marktanteile noch ein paar Prozentpunkte nach oben klettern. Als Zuschauer der Sendung sollte man den Senderchefs einen langen Atem wünschen, damit «X Factor» die deutsche Castingshowlandschaft weiter bereichert.

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