Hingeschaut

«Wie lebst du denn?!»: Ödnis am späten Abend

von
Drahtseilakt zwischen Reality-Doku und Miniexperiment – VOX programmiert Langeweile im Anschluss von «X Factor».

Qualitativ gut aufgestellt war VOX in den vergangenen Wochen am Dienstagabend: Mit «X Factor» präsentierte der Sender nun schon in der zweiten Staffel eine Castingshow abseits bekannter Bohlen-Pfade, «Cover My Song» sorgte im Anschluss für intelligente Unterhaltung in den Welten von mehr oder minder bekannten HipHop- und Schlagergrößen. Thematisch sorgt sich VOX jetzt aber weniger um den passenden Kontext, denn nach der recht quotenstarken Musikshow programmiert man ab sofort Woche für Woche das Format «Wie lebst du denn?!» – eine dubiose Reality-Doku mit «Frauentausch»-Elementen und großem PR-Faktor, die skeptischen Eltern die Lebensweise ihrer Kinder im Rahmen eines Experiments näher bringen soll. Offiziell liest sich das dann so: „Die neue Doku-Soap [...] ermöglicht den Eltern Einblicke in die Welt ihrer Kinder, indem die Eltern für ein paar Tage an dem Leben teilhaben, das ihre Kinder gewählt haben.“

Den Anfang machte in der Vorwoche Sänger Gunter Gabriel, diesen in die Jahre gekommenen Country-Misantrophen, der in jüngster Vergangenheit allein durch seine Teilnahme an der ProSieben-Show «Die Alm» glänzte – eine recht maue Bilanz für einen egomanischen Selbstdarsteller. Gabriel äußerte sich skeptisch gegenüber dem bürgerlichen Leben seiner Tochter, absolvierte eine fünftägige Mimesis in Familienalltag und Sesshaftigkeit und machte nebenbei viel Eigenwerbung. In der zweiten Folge geht es da schon origineller zu, wenngleich der Artistenfamilie Traber das Spiel mit den Medien ebenfalls nicht unbekannt ist. Stoßpunkt diesmal: Franziska, gelernte Frisöse, lebt ihren Traum vom Hochseiltanz bei Johann Traber und seiner Familie. Ihre Eltern besuchen sie für fünf Tage, um den neuen Alltag ihrer Tochter kennenzulernen und möglicherweise sogar die Faszination des Schaustellerlebens zu erfahren.

VOX präsentiert mit «Wie lebst du denn?!» eine stinknormale Doku-Soap, die durch willkürliche Tagesangaben die Form eines Experiments vorgaukelt. Experimentiert wird indes nicht viel, einzig der Alltag von den Eltern begleitet und kommentiert. Das klingt alles ganz nett – und das ist es auch. Allerdings reicht nett alleine nicht aus, denn was gelangweilte und ideenlose Produzenten da auf eine satte Stunden gestreckt haben, ist vor allem eins: öde und belanglos. Weder findet eine richtige Dokumentation des Lebens der dargestellten Personen statt, noch dreht das an einigen Stellen recht offenkundig gescriptete Drehbuch richtig auf und inszeniert Konflikte. Das ist zwar löblich, letztendlich lohnt sich der Spagat zwischen Miniexperiment, Dokumentation und Reality-Soap aber nicht. Halbgares Fernsehprogramm, das weder interessiert noch polarisiert – es wird von den Zuschauern ignoriert. Schade ist das nicht, aber der quotenstarke «X Factor»-Lead-Out ist verschenkt.

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