Fernsehfriedhof

Der Fernsehfriedhof: Aprilscherze

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Christian Richter erinnert an all die Fernsehformate, die längst im Schleier der Vergessenheit untergegangen sind. Folge 165: Der inoffizielle Vorgänger von «Ladykracher», der dennoch schrecklich altbacken wirkte.

Liebe Fernsehgemeinde, heute gedenken wir der Tatsache, dass plumpe Kostüme und übertriebenes Make-Up allein noch keine gute Komik ausmachen.

Die «April-Hailer-Show» wurde am 23. November 1997 im ZDF geboren und entstand zu einer Zeit, als die Verbrauchercomedy «Wie bitte?!» noch immer recht erfolgreich war. Zu dessen beliebten Ensemble gehörte auch die Schauspielerin April Hailer, die nun von RTL zum ZDF wechselte, um dort eine eigene Sendung zu füllen. Damit man der Vielseitigkeit des „komödiantischen Multitalents“ begegnen konnte, wurde ein Konzept speziell für sie maßgeschneidert, in dessen Entstehungsprozess sie nach eigenen Angaben von Anfang an eingebunden war. Heraus kam letztlich eine Art Sketch-Reihe, in der Hailer in die Rolle von verschiedenen Frauen schlüpfte. Dazu gab es Musiknummern und Stand-Up-Elemente vor einem Live-Publikum. Kurz, das 25minütige Programm beinhaltete bereits alle Elemente, die später Anke Engelkes «Ladykracher» ausmachten und darf deswegen als deren inoffizieller Vorgänger bezeichnet werden.

Was auf dem Papier nach einem frischen und innovativen Konzept klang, stellte sich aber als eher konventionelles Ergebnis heraus. Tatsächlich bewegte sich das Format nicht wie in einer Pressemitteilung angekündigt zwischen Loriot und Monty Python, sondern lieferte übliche und ausgelutschte Witze mit Pointen, die man gefühlt schon zigfach in anderen Varianten wie «Sketch-Up» gesehen hatte. Eine Ursache dafür mag in der Tatsache gelegen haben, dass man hinter der Kamera anstatt auf junge Talente, absichtlich auf fünf „erfahrene Comedy-Autoren“ (Zitat der Produktionsfirma) setzte. Entsprechend dürftig fielen die Kritiken zur ersten Episode aus. So bemängelte Helge Hopp in der Berliner Zeitung neben den unlustigen Büchern insbesondere die fehlende Wandlungsfähigkeit von Hailer. Die vorab versprochene, aber ohnehin nur mäßig erkennbare Vielseitigkeit hätte demnach nicht einmal auf ihrem schauspielerischen Talent als vielmehr auf der Nutzung verschiedener Kostüme basiert.

Obwohl die Presse eher verhalten reagierte, schien die Branche der Sendung positiver gesonnen zu sein, denn sie erhielt eine Nominierung für die Rose von Montreux. Zunächst nahm das Publikum die gespielten Witze ebenso gut an. Die erste Ausgabe erreichte am Sonntagabend gegen 22.00 Uhr überwältigende 7,02 Millionen Zuschauer. Die zweite Folge musste mit 6,68 Millionen Menschen kaum Zuseher abgeben. Das ZDF schien also einen echten Quotenknaller gefunden gehabt zu haben. Doch dann begannen die Quoten deutlich zu sinken, sodass fortan meist nur noch Werte knapp oberhalb der 4-Millionen-Marke gemessen wurden.

Dennoch entschied sich das ZDF für eine Verlängerung. Bis zur Fortsetzung sollte es allerdings fast anderthalb Jahre dauern. Zwar schalteten zum Auftakt der zweiten Runde am 02. März 1999 mit etwa 5,62 Millionen wieder etwas mehr Zuseher ein, aber schon sieben Tage später schrumpfte der Wert auf 4,16 Millionen ab. Die neuen Geschichten blieben damit im Schnitt etwa auf dem zuvor erreichten Niveau und konnten den Anfangserfolg nicht wiederholen. Nach dem Ende der zweiten Staffel wurde die Reihe daher einer gründlichen Überholung unterzogen. Als Ergebnis sollten die frischen Scherze noch facettenreicher und noch schneller werden. Außerdem waren fortan nur noch drei Autoren für die Drehbücher zuständig, die jedoch kaum neue Impulse geben konnten. Am Ende halfen selbst diese Justierungen nicht, denn die dritte Staffel, die am 30. April 2000 mit acht Ausgaben startete, sollte endgültig die letzte sein. Nach einigen Best-Ofs verschwanden die Sketche dann endgültig aus den Programmabläufen.

Die «April-Hailer-Show» wurde am 02. Juli 2000 beerdigt und erreichte ein Alter von 20 Folgen. Die Show hinterließ die Schauspielerin April Hailer, die anschließend in zahlreichen Nebenrollen in Fernsehserien wie «Tatort», «Schmetterlinge im Bauch» und «Notruf Hafenkante» zu sehen war. Zuletzt stand sie auf vielen Theater- und Varietebühnen, wo sie in zahlreichen Musicals wie „Spamalot“,«Hello, Dolly!» oder «Addams Family» oft auch ihr Gesangstalent beweisen konnte. Sie ist darüber hinaus vereinzelt ebenso als Dozentin u.a. für das Thema „Situationskomik“ tätig. Übrigens, auf dem dank «Salto Postale» und «Lukas» eigentlich erfolgsverwöhnten Sendeplatz am späten Sonntagabend versuchte sich mit Olli Dietrich ein weiteres ehemaliges RTL-Gesicht an einem Soloprojekt. Trotzdem «Olli, Tiere, Sensationen» von den Kritikern geliebt wurde, fand es dort sogar noch weniger Zuspruch.

Möge die Show in Frieden ruhen!

Die nächste Ausgabe des Fernsehfriedhofs erscheint am kommenden Donnerstag und widmet sich dann dem schleichenden Ende einer Comedylegende.

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