Der Abschluss des Comicspezials beschäftigt sich dieses Mal mit 13 TV-Projekten, adaptiert von verschiedenen Comics und ihren Charakteren, die nie in Serie gingen
Dass Serien mitten in ihrer Ausstrahlung abgesetzt werden, ist höchstwahrscheinlich ein tägliches Ereignis im TV-Geschäft. Dass Serien abgesetzt werden, bevor sie überhaupt eine Ausstrahlung bekommen, ist ein Ereignis, welches im US-Fernsehen regelmäßig um den Mai herum geschieht, wenn die einzelnen Sender ihre Herbstpläne während der Upfronts bekanntgeben. Neben den üblichen Staffelverlängerungen und Bestätigungen, dass die neue Serie es tatsächlich auf den Sendeplan geschafft hat, gibt es auch genauso viele Serien, die es eben nicht geschafft haben. Dass diese Serien schnell vergessen sind, liegt an der Natur des Geschäfts. Dass einige dieser Serien trotzdem noch einmal eine „letzte Chance“ erhalten, beweisen einige in der Vergangenheit ausgestrahlte TV-Filme, die als (Backdoor-)Piloten fungierten. Nun soll ein wenig Abhilfe geschaffen werden: Der letzte Teil des „You are Cancelled“-Comicspezials wird durch die Entstehungsgeschichte von 13 Serien gehen, für die eine Serie geplant, ein Drehbuch geschrieben oder eine Pilotfolge produziert wurde, bei den Senderbossen jedoch keinen Anklang fanden, oder nicht ins Schema der Sender passten. Angefangen mit Spin-offs von «Adventures of Superman» in den 1950ern, endend mit der unerträglichen «Wonder Woman»-Version eines ehemaligen Rechtsanwalts.
«Adventures of Superman» mit George Reeves in der Hauptrolle war seiner Zeit die angesagteste Serie, welche auch sechs Jahre nach ihrer Entstehung 1952 eine rosige Zukunft vor sich hatte. Dass erst so spät die ersten Ideen für Spin-offs kamen, scheint in der heutigen Zeit unerklärlich zu wirken, doch damals gab es einfach keinen Grund, mehr Geld aus der Serie herauszupressen, wenn das Original noch so wunderbar läuft. Die Serie war selbst nach ihrem Ende 1958 noch in den Köpfen der Darsteller, Produzenten und Zuschauer, und eine Neubelebung von «Adventures of Superman» war selbst nach den Tod von Perry-White-Darsteller John Hamilton und dem angeblichen Selbstmord von George Reeves ein Gesprächsthema hinter den Kulissen. Vorher wurde jedoch ein halbstündiger Pilot mit dem Titel «The Adventures of Superpup» (1958) kreiert – ein Quasi-Spin-off des Superman-Franchises, der das Original ersetzen sollte und speziell für das Kinderpublikum ausgerichtet war. TV-Produzent und Redakteur für National Allied Publications (später DC Comics) Whitney Ellsworth siedelte die Kinderserie in einem von Hunden statt Menschen bevölkerten fiktionalen Universum an. Darsteller in Hundekostüme spielten abgewandelte Charaktere der Comics, und veralberten das Franchise. Die Serie wurde sogar vom Rechteinhaber „Superman Corporated“ offiziell akzeptiert, weshalb der Superhund, genannt Bark Bent, das berühmte Superman-S auf seinem Kostüm haben durfte.
Nachdem der Pilot jedoch nicht in Serie ging, versuchte Ellsworth sich an einem neuen Superman-Projekt. «The Adventures of Superboy» (1961) wurde entwickelt, und war faktisch die letzte Hoffnung, dass der Erfolg von «Adventures of Superman» in die 60er Jahre getragen werden konnte, nachdem eine Fortsetzung der Serie nach Reeves' Tod nun vollständig ausgeschlossen war. Die Idee von Ellsworth war, dass die Superboy-Serie sich in seinen Geschichten an die Comics halten sollte, und demnach seinem Ursprung treuer sein sollte, als es «Adventures of Superman» jemals war. Nicht umsonst war der produzierte TV-Pilot eine Adaption des Superboy-Comics „The Saddest Boy of Smallville“ (Ausgabe 80, veröffentlicht im April 1961). Zusätzlich entwickelte sich ein kleiner Hype um die Serienproduktion, nachdem schon vor dem erwarteten Serienstart in den einzelnen Comics Werbung für «The Adventures of Superboy» gemacht wurde, und die Leser in Zukunft nach der neuen Serie Ausschau halten sollten. Jedoch gab es diese nie, und die Idee einer Superboy-Serie wurde für die nächsten fünf Jahre verworfen. 1966 kam eine Zeichentrickserie ins Fernsehen, die für drei Staffeln auf CBS lief. «The Adventures of Superboy», welches im Gegensatz zur Superpup-Serie Anklang bei heutigen Fans findet, gilt als Vorreiter für die späteren Live-Action-Adaptionen des Franchises: das heute sehr billig aussehende «Superboy» zwischen 1988 und 1992, von CBS in die Syndikation verkauft, sowie «Smallville», welches 2001 seine zehnjährige Laufzeit startete.
Bruce Wayne alias Batman bekam ebenfalls seine geplanten Serienableger. Neben der bunten ABC-Serie von 1966 und den unzähligen animierten Serien gab es 1999 die Idee einer Serie, welche die jungen Jahre von «Bruce Wayne» erzählen sollte. WB war an der Serie interessiert, selbst nachdem die beiden Joel-Schumacher-Fortsetzungen «Batman Forever» und «Batman & Robin» bei Fans und Kritikern keinen Anklang fanden und das Franchise beinahe töteten. «Bruce Wayne» sollte seinen 18-jährigen, milliardenschweren Titelhelden begleiten, der nach dem Tod seiner Eltern durch die Welt reist und sich mit der Zeit von einem verwöhnten Jungen zum berüchtigten dunklen Ritter verwandelt. Harley Quinn (in den Comics die psychopathische Freundin von Joker) und Farmjunge Clark Kent waren ebenfalls in die Serie mit eingeplant gewesen, doch kam es nie zur Bestellung. Erste Gerüchte tauchten auf, in denen Frank Millers Batman-Version «Batman: Year One» (veröffentlicht in vier Ausgaben in 1987) mit Darren Aronofsky auf dem Regiestuhl fürs Kino adaptiert werden sollte. WB akzeptierte, dass eine Batman-Adaption im Kino besser aufgehoben war (besonders nach dem Erfolg von «X-Men», welcher den Boom der Comicadaptionen startete), verzichtete auf die geplante Serie und wartete zwei weitere Jahre, bis mit «Birds of Prey» eine vollkommen andere Batman-Adaption fürs Fernsehen bestellt wurde. Die Produktionsfirma Tobbins/Robbins Production überarbeitete jedoch ihr ursprüngliches Konzept der Entwicklung eines jungen Mannes zum Superhelden und ein Jahr später kam die Idee für «Smallville».
Batmans Sidekick Robin sollte 2008 seine geplante Adaption bekommen, und war ein Teil der neuentwickelten CW-Serie «The Graysons», welche die Geschichte von Dick Grayson (der spätere Robin) und seiner Zirkusfamilie erzählen soll. Damals wurde spekuliert, dass «Smallville» seinen Lauf nach acht Staffeln beenden wird, weshalb The CW frühzeitig nach einem Ersatz suchte. Oder gegebenenfalls nach einem Serienbegleiter für «Smallville», wenn es verlängert werden sollte. Nachdem die Idee allerdings schon von „Entertainment Weekly“ als „worst idea ever for the week“ abgestempelt wurde (auf Grund der Tatsache, dass Robin keine großartige oder originelle Ursprungsgeschichte hat und die Serie demnach weit entfernt vom eigentlichen Batman-Franchise gewesen sein müsste), kam es nicht einmal zur Produktion einer Pilotfolge, nachdem Warner Bros. Pictures «The Graysons» nicht als Teil ihres Batman-Franchises sahen, als mit «Batman Begins» erfolgreich ein Reboot vollzogen wurde und mit «The Dark Knight» der nächste Blockbuster schon vor der Tür stand.
WB und The CW haben nach ihren eingestellten Comicideen jedoch nicht aufgegeben, nach weiteren Comicadaptionen fürs Fernsehen zu suchen. WB wollte immer wieder auf seinen erfolgreichen «Smallville»-Zug aufspringen und adaptierte «Global Frequency» (2005) – eine Serie über eine geheime Unterwelt-Spionageabteilung, welche die Menschen vor den Ergebnissen verschiedener Geheimprojekte der Weltregierungen beschützt. Die von Warren Ellis entwickelte Comicserie gab es zwischen 2002 und 2004 für zwölf Ausgaben, und sollte die Serie mit ihrer TV-Adaption wiederbeleben. Die fertiggestellte Pilotfolge wurde vor der Serienbestellung jedoch im Internet in verschiedenen Tauschbörsen veröffentlicht, und sammelte euphorische, begeisternde Kritiken. «Global Frequency» war gewissermaßen schon vor dem Leak Seriengeschichte, doch nachdem über die frühzeitige und unautorisierte Veröffentlichung selbst international berichtet wurde, war Warner Bros. gütig genug, das Projekt vollkommen zu streichen. Zumindest für die nächsten vier Jahre. Inzwischen tauchten einige Nachrichten auf, dass The CW an einer neuen Adaption der Comicserie arbeitet. Bis heute ist jedoch nichts dabei herausgesprungen.
Was vielleicht auch am Scheitern der «Aquaman»-Adaption gelegen haben dürfte. «Smallville» war zwar ein Erfolg für WB, doch es scheiterten alle danach für The CW geplanten Comicadaptionen während ihrer Pilotphase. Im Oktober 2005 strahlte WB die «Smallville»-Episode „Aqua“ (Bild) aus, und stellte den Zuschauern den Charakter Arthur „A.C.“ Curry zum ersten Mal vor, der als Aquaman seit September 1941 die DC Comics unsicher machte. „Aqua“ war nicht als Backdoor-Pilot für eine neue Serie geplant gewesen, doch neben den Einschaltquoten für die Episode (welche mit rund 6,5 Millionen Zuschauer die besten der fünften «Smallville»-Staffel war) erkannten die Autoren, dass Arthur Curry genügend Potential für seine eigene Serie hatte, weshalb Alfred Gough und Miles Millar, die beide «Smallville» 2001 aus der Taufe hoben, eine «Aquaman»-Serie entwickelten. Die Fusion von UPN und WB zu The CW 2006 kam der Serie jedoch in die Quere, und The CW beschloss, «Aquaman» nicht zu übernehmen, da es mit «Supernatural» und «Smallville» schon genügend Mysteryware auf dem neuen Sender gab. Die Pilotfolge fand nach ihrer Veröffentlichung im iTunes-Store jedoch großen Anklang und gilt wie «Global Frequency» als eine der besten Serien, die nie das Licht der Welt erblickten.
Auch NBC begab sich in Bemühungen, Comicadaptionen ins Fernsehen zu bringen, nachdem der Sender einige der früheren Marvel-Rechte, darunter die Hulk-Serie von CBS aus den 70ern, ergattern konnte. 1988 dachte man darüber nach, den Marvel-Donnergott Thor eine Serie zu spendieren und gab den Charakter sogar einen prominenten Platz im TV-Film «The Incredible Hulk Returns». Die Fortsetzung der Hulk-Serie agierte als Backdoor-Pilot für die geplante Thor-Serie, die aus unbekannten Gründen schlussendlich nie realisiert wurde. Selbiges gilt für den nächsten Hulk-TV-Film «The Trial of the Incredible Hulk» (1989), welcher den blinden Anwalt Matt Murdock eine prominente Gastrolle gab und demnach als Backdoor-Pilot für eine nie realisierte Daredevil-Serie galt.
CBS, in den 1970er Jahren als „The Superhero Network“ bekannt, versuchte sich 1997 noch einmal an einer Comicadaption, und präsentierte eine schauderlich billige Version der «Justice League of America» – allerdings ohne die Gründungsmitglieder Batman, Superman und Wonder Woman, da diese Charaktere Warner Bros. gehörten und CBS keinen Zugriff auf deren Rechte hatte. Stattdessen mussten für die «Justice League»-Adaption neue Charaktere entworfen werden sowie unbekannte oder schon gefloppte Namen herhalten, damit gegen NBC und «Die Abenteuer von Lois & Clark» angetreten werden konnte: Neben dem schnellsten Mensch der Welt, Flash (dessen eigene Serie sieben Jahre zuvor bei den Zuschauern scheiterte), dem Martian Manhunter sowie Green Lantern (in einem blauen Kostüm) gab es auch die neuen Superhelden Ice, Fire und Atom, die zusammen gegen den Superschurken Weatherman kämpften. Der zweistündige Pilotfilm vom renommierten TV-Regisseur Félix Alcalá wurde jedoch von jedem als Flop abgestempelt. Die Story, die Aufmachung und die Charaktere wurden von den Zuschauern, welche den Film im internationalen TV sehen konnten (im US-Fernsehen wurde der Film nie ausgestrahlt), verschmäht, und allgemein betrachtet gilt «Justice League of America» als eine der armseligsten Comicadaptionen der TV-Geschichte.
Selbiges gilt für FOX und «Nick Fury: Agent of S.H.I.E.L.D.» (1998) mit Rettungsschwimmer und Cheeseburger-Fan David Hasselhoff in der Titelrolle, dessen Karriere inzwischen vorbei ist. Der TV-Film, der ursprünglich als Pilot für eine Serie angedacht war, erlebte in den letzten Jahren jedoch eine Renaissance, nachdem Drehbuchautor David S. Goyer neben seinen Tätigkeiten als Comicbuchautor auch an den Drehbüchern zum aktuellen Batman-Franchise, sowie der «Blade»-Trilogie beteiligt war, und 2006 das Gerücht umher ging, dass er auch die Adaptionen zu «Thor» und «Captain America» schreiben würde. Zwei Jahre zuvor versuchte FOX auch am Erfolg der „X-Men“-Comics anzuknüpfen und entwickelte «Generation X», welche auf der gleichnamigen Comicserie basiert und als Spin-off von „X-Men“ gilt. Für den Fall, dass der TV-Film ein Erfolg gewesen wäre, hätte FOX die Serie in die Syndikation verkauft, und hätte letztendlich zusammen mit «Akte X» am Freitag bona fide einen X-Abend erschaffen. Nachdem «Generation X» jedoch kreativ und in Quotenzahlen floppte, wurde die Idee schnell gestrichen.
Schlussendlich gibt es mit «Wonder Woman» von NBC und «Locke & Key» auf FOX noch zwei aktuelle Beispiele, die im Mai dieses Jahres aus den Plänen des Herbstprogramms verschwanden. «Locke & Key», kreiert und geschrieben von Josh Friedman («Terminator: The Sarah Connor Chronicles»), entwickelte sich zwar zu einem Liebling hinter den Kulissen und bei den Kritikern, welche die Pilotfolge sichteten, doch FOX verzichtete auf eine Bestellung, da «Locke & Key» nicht zum Schema des Senders passte: Die Adaption war zu düster und die Vorlage zu brutal, um den Standards des Network-Fernsehens gerecht zu werden. Im Falle von «Wonder Woman» kann man von Glück reden, dass NBC auf eine Serie verzichtete, selbst nachdem es vor der Pilotbestellung ein Bieterkrieg um das Drehbuch von David E. Kelley gab (und wegen des Preisetiketts ursprünglich von allen Sendern abgelehnt wurde). Kelley, der sich in der Vergangenheit als Autor und Produzent verschiedener Anwaltsserien einen Namen machte (und heute mit «Harry's Law» gut beschäftigt ist), konnte mit dem Franchise jedoch gar nichts anfangen, und machte aus den Geschichten von Diana Prince eine tragische Liebesgeschichte, die von einem möglichen juristischen Problem für die Superheldin mit dem Lasso der Wahrheit beschattet wurde – damit Kelley auch weiterhin seinen Anwalts-Jargon unterbringen konnte, wenn er wollte. Dass das Drehbuch und Wonder Womans erstes Kostüm, getragen von Adrianne Palicki, schlechte Kritiken von allen Seiten bekam, half dem Projekt am Ende auch nicht weiter.
Interessant ist, dass NBC schon in den 90ern versuchte, «Wonder Woman» wiederzubeleben. Debra Joy LeVine, die für Warner Bros. und NBC schon «Die Abenteuer von Lois & Clark» (Bild) erfolgreich auf die Bildschirme brachte, wurde beauftragt, ihre Magie auch bei Wonder Woman spielen zu lassen. Das Projekt starb jedoch schon in seiner Casting-Phase, als keine passende Darstellerin für die Hauptrolle der Diana Prince gefunden wurde, die mit Lynda Carter, die den Charakter mit der 70er-Jahre-CBS-Serie definierte, mithalten konnte.
Obwohl das Verhältnis zwischen gescheiterten Comic-Piloten und gescheiterten Serienadaptionen in ihrer ersten Staffel gleich zu sein scheint, sind heutige Serienautoren und -produzenten immer noch bereit, Comics zu adaptieren und ins Fernsehen zu bringen. Nachdem das Superheldengenre in den letzten Jahren großzügig durchgenommen wurde, sind nun die unbekannten, düsteren Comicstoffe an der Reihe. «The Walking Dead» hat vorgemacht, wie solch eine Adaption auszusehen hat. FXs Pläne für «Powers», dessen produzierter Pilot nun ein Retooling erhalten soll, Showtimes Pläne für «100 Bullets», welche noch nicht in trockenen Tüchern ist, Syfys Bestellung zu «Ghost Project», sowie FOXs Kauf der «Punisher»-Rechte werden folgen. Ob diese jedoch irgendwann das Licht der Welt erblicken, ist eine andere Frage. Sie werden allerdings die Comicbücher am Leben erhalten.