Im Rahmen des Finales von «X Factor» sprachen wir mit Thomas Wißmann, Executive Producer Show bei VOX, über die zweite Staffel des Formats. Er verrät zudem, an welchen Schrauben er für die dritte Runde noch drehen möchte.
Herr Wißmann, die ersten Monate bei VOX liegen hinter Ihnen. Und nachdem direkt die «X Factor»-Staffel anstand mussten Sie vermutlich aus dem Stand in die Vollen gehen?!
Ja, das ist ja auch gut so. Bei einem so großen Projekt gibt es eine starke Vernetzung sehr vieler Abteilungen und so hatte ich innerhalb kürzester Zeit schon Kontakt mit sehr vielen Schnittstellen im Haus. Bedingt durch die laufende Produktion war ich bislang zwar mehr außer Haus als im Sender unterwegs. Daher konnte ich viele der neuen Kollegen noch nicht wirklich näher kennenlernen. Aber das hole ich dann im Laufe der Zeit nach. Produktions- und Senderseitig wird «X Factor» von einer sehr erfahrenen Mannschaft realisiert, insofern fiel der Einstieg auch leicht.
Sprechen wir konkret über «X Factor», das am Dienstag zu Ende ging. Wie zufrieden sind Sie mit der Staffel?
Inhaltlich und produktionell: äußerst zufrieden. Die Castings - mit denen ich selbst noch nichts zu tun hatte, insofern ich hier quasi als Zuschauer sprechen kann - waren toll gemacht, toll erzählt… einfach gutes Fernsehen. Auch in den Live-Shows haben wir an vielen Stellschrauben gedreht und sind mit den Ergebnissen sehr zufrieden. «X Factor» ist jetzt eine ausgewachsene Show.
Staffel 1 wurde intensiv ausgewertet, auch natürlich durch Marktforschungsanalysen. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse wurden in der zweiten Staffel konsequent umgesetzt. Mit dem Ergebnis, dass «X Factor» in aktuellen Befragungen von den Zuschauern durchweg extrem positiv bewertet wird. Dass es mit Blick auf die Einschaltquoten insgesamt dennoch nicht für mehr gereicht hat, fordert uns auf, trotzdem an dem Konzept weiter zu arbeiten. Wobei wir nicht unzufrieden sind, uns aber durchaus bessere Werte gewünscht hätten.
Das sind die Quoten, reden wir aber über Qualität: Wenn wir jetzt Staffel eins und Staffel zwei nebeneinander stellen, würden Sie dann zustimmen, dass es inhaltlich durchaus eine Verbesserung gab?
Ja, eindeutig. Die Castings hatten durch das Publikum in den Studios eine starke und authentische Live-Atmosphäre. Mit Blick auf die Kandidaten hatten wir einen sehr guten Cast, der musikalisch auf hohem Niveau spielte - was für die Positionierung von «X Factor» auch sehr entscheidend ist. Die Musikauswahl war vielseitiger und gleichzeitig populärer. Es entstand noch mehr Nähe zwischen Mentoren und Kandidaten. Das Zusammenspiel der Jury ist durchweg lebendiger geworden. Die Formatierung der Show ist klarer und strukturierter geworden. Das sind einige von vielen Faktoren, die ich im Gesamten als qualitative Verbesserung der Show sehe.
Wie stark ist «X Factor» in Europa? Vielleicht sogar die stärkste Marke? Sie konnten damit Stars wie David Guetta oder Justin Bieber zu sich locken, in Frankreich traten kürzlich gar die Black Eyed Peas auf…
«X Factor» ist für internationale Stars ein Magnet. In dieser Show aufzutreten, in der die Musik im Mittelpunkt steht, das macht jedem Künstler extrem viel Spaß und das zeigt sich auch Backstage. Da muss ich nur an die Szenen von Justin Bieber mit der «X Factor»-Kandidatin Monique denken oder auch an David Guetta, der die Finalistin Raffaela Wais gecoacht hat – um nur zwei Beispiele zu nennen.
Im Rahmen der Finalsendung wurde bekannt – eine dritte Staffel wird kommen, man kann sich sogar schon dafür bewerben. Welche Verbesserungen streben Sie an?
Um nur ein Beispiel zu nennen: Dass die Juroren bei «X Factor» im Verlauf der Staffel von Juroren zu Mentoren werden - also zunächst als Team gemeinsam einen qualitativ hochwertigen Cast an Kandidaten zusammenstellen, später dann aber als Mentoren ihrer Acts in Konkurrenz zueinander auftreten - das ist ein dramaturgisches Element, das im Sinne guten Entertainments meines Erachtens noch viel weiter und pointierter ausgespielt werden kann. Und zwar in jeder Show-Folge. Auch über weitere Änderungen im Format denken wir nach. Wir werden jetzt aber erstmal mit allen Beteiligten die gerade abgeschlossene Staffel auswerten und dann die Fahrtrichtung für die nächste Staffel erarbeiten.
Die Show «The Voice» bedient sich ebenfalls dem Mentoren-Prinzip, das die Zuschauer von «X Factor» kennen und sie legt ähnlich hohen Wert auf die Qualität der Kandidaten wie Ihr Format. Wie fanden Sie die ersten Folgen?
Es freut mich, dass der Qualitäts-Anspruch von «The Voice» in einen solchen Zuschauer-Erfolg umgesetzt werden konnte. Denn das bestätigt ja auch den Ansatz, den wir mit «X Factor» verfolgen, und zeigt darüber hinaus, dass Casting-Shows noch immer ein großes Interesse bei den Zuschauern hervorrufen. Ich registriere es zudem immer positiv, wenn Shows erfolgreich laufen. Shows sind oft teuer und kompliziert zu produzieren. Durch ihren Ereignis-Charakter schaffen sie aber eine Unmittelbarkeit und Emotionalität, die andere Genres nur schwer oder gar nicht herstellen können. Daher sehe ich jeden Show-Erfolg auch als einen Erfolg für die Relevanz des Genres an sich.
Welche Showprojekte haben Sie für 2012 in der Tasche?
Wir denken in viele Richtungen und werden einiges ausprobieren. Aber Konkretes möchte ich an dieser Stelle noch nicht verkünden.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Wißmann.