Die Kritiker

«Der Chinese»

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Inhalt


Vivi Sundberg und ihren Kollegen von der Mordkommission stockt der Atem angesichts ihrer Entdeckung. In dem idyllischen schwedischen Dorf Hesjövallen wurden 19 Menschen regelrecht abgeschlachtet. Aus den Medien erfährt auch Brigitta Roslin, Richterin in Stockholm, von dem Blutbad. Sie ist geschockt, denn unter den Opfern befinden sich ihre Eltern. Da alle Ermordeten weitläufig mit ihr verwandt waren, befürchtet Brigitta, dass auch sie auf der Todesliste steht. Ihre Bitte um Polizeischutz schlägt Vivi Sundberg jedoch ab. Die Kommissarin glaubt, dass sie mit der Verhaftung des mehrfach vorbestraften Gewaltverbrechers Tom Valfriedson unmittelbar vor der Aufklärung des Falles steht. Brigitta dagegen ist sich sicher, dass Valfriedson trotz seines Geständnisses unschuldig ist.

Eigene Recherchen führen sie auf die Spur eines Mannes, der in der chinesischen Metropole Kanton offenbar für eine große Sicherheitsfirma tätig ist. Bei ihren dortigen Nachforschungen entgeht die Richterin nur mit knapper Not einem Entführungsversuch. Von der chinesischen Polizei kann sie keine Hilfe erwarten, doch überraschenderweise zeigt Qui Hong, Sicherheitsbeauftragte der Stadt, großes Interesse an Brigittas Fall. Sie verspricht ihre Unterstützung bei der Suche nach dem Mörder, doch Brigitta weiß nicht, ob sie der zwielichtigen chinesischen Beamtin trauen kann.

In ihrer Not besinnt sie sich auf Professor Lund, einen schwedischen Hochschullehrer für Sinologie, den sie bei ihrer Ankunft auf dem Flughafen in Kanton kennenlernte. Mit seiner Hilfe ergründet sie einen möglichen Zusammenhang zwischen den grausamen Morden in Hesjövallen und dem chinesischen Killer.

Darsteller


Suzanne von Borsody («Bis nichts mehr bleibt») ist Brigitta Roslin
Michael Nyqvist («Verblendung») ist Staffan
Claudia Michelsen («Sieben Tage») ist Vivi Sundberg
Amy J. Cheng («Barbara Wood - Das Haus der Harmonie») ist Qui Hong
Jimmy Taenaka («Tiger Team - Der Berg der 1000 Drachen») ist Ya Ru
Roeland Wiesnekker («Marie Brand und der Moment des Todes») ist Jan Andrén
Derreck Ee Ping Hin ist Liu
August Schmölzer («Die Landärztin») ist Sture Hermansson
Karlheinz Hackl («Romy») ist Mats Nyström
Joachim Bißmeier («Die Toten vom Schwarzwald») ist Professor Lund
Peter Benedict («Wer wenn nicht wir») ist Tom Valfriedson
u.a.

Kritik


Am Ende des Fernsehjahres 2011 präsentiert Das Erste seinen Zuschauern noch einmal einen namhaften und hochkarätig besetzten TV-Krimi aus der Feder des schwedischen Bestsellerautors Henning Mankell. Der Film wird in einer 175-minütigen Langfassung an einem Stück gezeigt. Aber es ist nicht nur die Lauflänge, die den Zuschauern so einiges abverlangen wird.

Schon der Beginn der Verfilmung verlangt immenses Durchhaltevermögen. Ein ganzes Dorf wurde auf mysteriöse Art und Weise hingerichtet, ein ganzer Familienclan nahezu ausradiert. Zwar werden die Bilder häufig nur kurz eingeblendet, das Grauen und die Brutalität gewinnen durch diese stilistische Form aber nur an Intensität - denn der Zuschauer spinnt seine Gedanken ja weiter. So mancher Zuseher wird hier angesichts der Härte dann auch schon abschalten. Dabei wurde die Vorlage von Mankell sogar schon entschärft, um einem TV-Film um 20.15 Uhr auch gerecht zu werden.

Nach diesem ungewöhnlich harten, zugleich aber auch sehr guten Einstieg in die Geschichte, flacht diese zunehmend ab. Die Ermittlungen von Richterin Roslin an der Polizei vorbei und die Einmischung in das laufende Verfahren sind unglaubwürdig und können auch darstellerisch nicht wirklich überzeugen. Borsody ist als Roslin in diesem Part zu verbissen, Kommissarin Sundberg alias Claudia Michelsen wirkt zu blass und kaum durchsetzungsstark. Und das die Polizei in eine so vorhersehbare Ermittlungsfalle hineingerät und mit falschen Täterprofilen an die Öffentlichkeit geht, scheint mehr als fragwürdig. Zumindest war der Film bis hier hin aber größtenteils ansprechend und spannend.

Das gilt leider für den zweiten Teil der Handlung nicht mehr. Dieser spielt fast ausschließlich im aufstrebenden China, was für sich genommen ja nun nicht schlecht sein muss. Leider verlassen den Film aber ab diesem Zeitpunkt die letzten Funken Glaubwürdigkeit und Spannung. Klischeebeladen und vorhersehbar hangeln sich die Protagonisten durch die Storyline, Dialoge und Handlungen entstammen dem Reißbrett. Der letztendlich Plot um die Rachestory ist lächerlich und entbehrt jeder Glaubwürdigkeit. Allerdings kann dieser Fakt kaum dem Drehbuchautoren-Team aus Leonie-Claire und Fred Breinersdorfer («Der verlorene Sohn») angekreidet werden. Sie machen das Beste aus der literarischen Vorlage und versuchen den polit-moralischen Part der Geschichte stark einzuschränken, um den Zuschauer nicht vollkommen zu überfahren. Schon die Vorlage von Mankell wurde sehr zwiespältig aufgenommen - die Wahl der China-Thematik sogar nur auf die bevorstehenden Olympischen Spiele im Land der aufgehenden Sonne zurückgeführt. Also als reines Kalkül des Autors. Und so wirkt das Ganze dann auch sehr unausgegoren und unharmonisch, am Ende sogar enttäuschend. Es scheint Mankell hat sich an dieser Thematik einfach verhoben und sollte sich - auch nach Meinung vieler seiner Fans - lieber wieder auf die reinen Schweden-Krimis sowie seine Afrika-Themen konzentrieren. Es heißt ja nicht umsonst: Schuster bleib bei deinen Leisten.

Weniger enttäuschend ist hingegen die Arbeit der Ausstatter und des Teams vor Kamera. Aufwendig wurden ganze Dorfabschnitte in Österreich nachgebaut, die China-Szenen wurden in Taiwan nachgestellt. Und dieser Aufwand schlägt sich auch im Budget nieder - von sieben bis acht Millionen Euro ist da die Rede. Und auch die Besetzung wird da so ihren Kosten-Part beigetragen haben. Mit Suzanne von Borsody, Michael Nyqvist und Claudia Michelsen, um nur einige der Protagonisten zu nennen, ist die internationale Produktion sehr namhaft und hochkarätig besetzt. Und gerade diesen gebührt auch eine kräftige Portion Lob, denn ohne sie wäre dieser TV-Film von Regisseur Peter Keglevic («Ken Folletts Eisfieber») nicht annähernd so geworden, wie wir ihn nun zu Gesicht bekommen.

Am Ende bleibt aber doch nur der Eindruck, weder Fisch noch Fleisch vorgesetzt bekommen zu haben. Ob sich die Wucht von 175 Minuten Sendezeit für den Einzelnen lohnen, ist wiederum Geschmackssache und kann nur nach Sichtung des Films abschließend beurteilt werden. Eine ausdrückliche Empfehlung, diesen Film anzuschauen, sieht aber gewiss anders aus.

Das Erste zeigt «Der Chinese» am Freitag, den 30. Dezember 2011, um 20.15 Uhr.

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