Hingeschaut

«Der Bachelor»: RTL verteilt wieder Rosen

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Nach neun Jahren kehrt die Kuppelshow «Der Bachelor» bei RTL zurück. Wir bewerten den Auftakt.

Er scheint wie der typische moderne Business-Player: Surferfigur, zurückgegeelte Haare Marke Guttenberg, ein strahlend weißes Lächeln, BWL-Studium, Hobbys Fitnessstudio und Fußball. Der neue Bachelor, der seine große Liebe finden will, bedient scheinbar alle Klischees, die ein moderner Frauenschwarm bedienen soll. Paul Janke, 30 Jahre alt und einst „Mister Germany“, ist Hauptdarsteller der neuen RTL-Reality «Der Bachelor», die seit Mittwochabend ausgestrahlt wird. Darin buhlen 20 junge Frauen um das Herz des Junggesellen, der in einer Villa in Kapstadt die große Auswahl hat: Denn Konzept der Show ist, dass Paul nach und nach Frauen nach Hause schickt, mit denen er sich keine Zukunft vorstellen kann. Am Ende soll die Eine stehen, die das Herz des erfolgreichen Junggesellen erobert hat.

Auf den ersten Blick scheint RTL einen langweiligen Charmeur als Bachelor engagiert zu haben. Hinter der Fassade versteckt sich aber ein sympathischer Charakter, der in der ersten halben Stunde dieser Sendung vorgestellt wird: Zwei große Schicksalsschläge, eine wenig männliche Stimme und das Hobby als Motorradfahrer machen Janke als Hauptdarsteller dieser Reality interessanter, als man zunächst annehmen möchte. Damit unterscheidet sich die Neuauflage des RTL-Formats inhaltlich von dem Original, das vor neun Jahren im Programm ausgestrahlt wurde: Damals wurde der Bachelor ungenügend charakterisiert, wirkte unsympathisch, völlig langweilig und selbstverliebt. Diesmal hat man einen besseren Typen gefunden, der zwar die Anforderungen als Frauenschwarm erfüllt, aber weniger stereotyp ist als es scheint.

Was RTL bei der ausführlichen Charakterisierung des Bachelors richtig macht, verspielt man bei den Vorstellungen der 20 Frauen, die Paul in seiner Villa empfängt: Das Konzept verhindert, dass jede der Kandidatinnen interessant beleuchtet werden kann – und so bleibt beim Zuschauer meist kein sympathischer Eindruck hängen. Vielmehr sieht er meist naiv erscheinende Prinzessinnen, die ihren Traummann suchen – und ihn unglaubwürdig anhimmeln. Es gelingt zum großen Teil nicht, den Kandidatinnen einen interessanten Stempel zu verpassen. Wo die Charakterisierung des Bachelor selbst funktioniert, scheitert sie also bei den meisten seiner Frauen.

Dies führt zum einen dazu, dass diese Vorstellungs-Filmchen nach einiger Zeit repetitiv wirken. Zum anderen fehlt die Spannung, denn es ist dem Zuschauer eigentlich egal, wen Paul am Ende näher kennen lernen will und wer die Show verlassen muss. Kurz: Langeweile breitet sich aus. Zumal es eine halbe Stunde dauert, bis Paul jede einzelne Kandidatin nacheinander in der Villa begrüßt hat. Das Problem liegt schlicht in der Anzahl der Teilnehmerinnen: Fünf oder zehn Frauen weniger hätten in der ersten Folge viel mehr Spielraum für interessante Charakterisierungen gelassen.

Der Bachelor lernt also alle 20 Frauen kennen, und bei der letzten Teilnehmerin Bernadette springt der Funke über – bei ihm, aber nicht bei ihr. Clever werden die Einzelinterviews von Paul und seinem ersten Blickfang hintereinander geschnitten: Während er schwärmt, gesteht sie authentisch, dass er nicht ihr Typ ist. Diese Konstellation macht beim Zuschauer Lust auf mehr – und RTL tut gut daran, die Begegnungen zwischen Paul und Bernadette weiter zu fokussieren. Nach Charakterisierungen und Begrüßung der Kandidatinnen folgen im dritten Teil des «Bachelor» die Einzelgespräche: In Zweisamkeit lernt Paul seine Frauen näher kennen.

Am Ende des Abends weiß der Bachelor vielleicht nicht, wen er will, aber zumindest, wen er nicht will: Er verabschiedet fünf Frauen, mit denen er keine Zukunft sieht. Dabei hat man in der Show das Ritual beibehalten, das zum Markenzeichen geworden ist: die Verteilung der Rosen. Diejenige Frau, die eine Rose erhält, darf in der Villa bleiben. Wer leer ausgeht, muss nach Hause fahren. Dieser Zeremonie fehlt in der ersten Folge die Würze – aber wenn Paul und die Zuschauer die restlichen Teilnehmerinnen in den nächsten Wochen besser kennenlernen, wird es spannender. Abseits vom Rosen-Ritual hat RTL das Format leicht verändert: Es fehlt der Moderator, der durch den «Bachelor» führt. Bei der ersten Staffel 2004 präsentierte der heute unbekannte Arne Jessen die Sendung, wodurch sie einen stärkeren Showcharakter erhielt. Ohne Moderation, dafür mit Off-Stimme sieht man eine typische Reality: moderner, frischer, den heutigen TV-Gepflogenheiten angepasst. Die Moderation fehlt nicht.

Der Sender hat sein Format «Der Bachelor» dank des stärkeren Reality-Anstrichs in die Fernsehmoderne gehievt. Die Coolness ersetzt den Glamour – Style statt Stil ist das Motto. Dennoch bedient man ein klassisches Konzept: Traummann sucht (und findet) seine Traumfrau. Ob Zuschauerinnen aber wirklich darauf stehen und zahlreich einschalten, bleibt fraglich. Denn für RTL wirkt die Sendung mittlerweile fast zu brav und bodenständig angesichts provozierender Reality-Dokus, Castingshows und gescripteter Alltagsgeschichten. Es wäre nicht das schlechteste Zeichen, wenn sich «Der Bachelor» als solide Unterhaltung ohne Krawall-Faktor am Mittwochabend bewährt. Die Ironie dabei: Ab kommender Woche erhält die Sendung größte Unterstützung vom Krawall-Papst höchstpersönlich. Dann läuft «Deutschland sucht den Superstar» mit Dieter Bohlen im Vorprogramm.

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