Handlung
Auf der Schultoilette einer Berliner Gesamtschule wird die junge und attraktive Lehrerin Miriam Weiss tot aufgefunden – sie ist erstickt. Am Tag zuvor war sie von vier Schülerinnen nach Schulschluss durch das leere Gebäude gejagt und dabei gefilmt worden, wie sie sich in Panik auf der Toilette einschloss. Im Internet macht das Video die Runde, bevor die Mädchen vom Tod ihrer Lehrerin erfahren und es löschen: Sie haben ein reines Gewissen, schließlich lebte Miriam Weiss noch, als sie die Schule verließen. Otto und Verena suchen Tamas auf, den Lebensgefährten von Miriam Weiss. Der georgische Taxifahrer hat sich für die Lehrerin von seiner Familie getrennt. Seine Tochter Laura war eine von Weiss' Schülerinnen und ist wütend auf die Frau, die ihre Familie auf dem Gewissen hat. Lauras Mutter Annette Mikoladse gibt sich hingegen keineswegs eifersüchtig, sondern eher froh, ihren launischen Mann außer Haus zu wissen.
Von Tamas erfahren die Ermittler, dass Miriam Asthmatikerin war, aber ihre Medikamente nicht in Reichweite hatte – ihre Handtasche wird vor der Schule gefunden. Als Verdächtige aus dem Lehrerkollegium kommt die Physiklehrerin Frau Rohloff in Frage: Offenbar hatte sie vor ihrem Tod eine heftige Auseinandersetzung mit Miriam Weiss. Ein neues Tatmotiv ergibt sich, als Dr. Kneissler herausfindet, dass Miriam Weiss schwanger war. Tamas ist nicht der einzige, der als Vater in Frage kommt. Frau Weiss war bis vor kurzem noch an einem anderen Gymnasium tätig und hatte dort ein Verhältnis mit Jannick Siebert angefangen, einem Schüler des Abiturjahrgangs. Obwohl alle Verdächtigen ein handfestes Motiv haben, die umtriebige Lehrerin aus der Welt zu schaffen, müssen sich die Ermittler auf eine Person konzentrieren – die die Wahl fällt schwer.
Darsteller
Maja Maranow («Die Affäre Semmeling») ist Verena Berthold
Florian Martens («Allein gegen die Zeit») ist Otto Garber
Kai Lentrodt («Berlin, Berlin») ist Ben Kolberg
Arnfried Lerche («Großstadtrevier») ist Reddemann
Jaecki Schwarz («Polizeiruf 110») ist Sputnik
Robert Seethaler («Ein starkes Team») ist Dr. Kneissler
Michelle Barthel («Keine Angst») ist Laura Mikoladse
Ursina Lardi («Das weiße Band») ist Annette Mikoladse
Merab Ninidze («4 Tage im Mai») ist Tamas Mikoladse
Carolyn Genzkow («Zivilcourage») ist Alexa
Henriette Nagel («Freche Mädchen») ist Hanna
Natascha Lawiszus («Dann fressen ihn die Raben») ist Rosina
Isabell Gerschke («Unser Charly») ist Miriam Weiss
Kritik
Im Oktober vergangenen Jahres feierten die Ermittler des «Starken Teams» ihr fünfzigstes Folgenjubiläum, jetzt sind sie mit einem neuen Fall zurück und müssen in einem besonders dramatischen Todesfall ermitteln: Eine tote Lehrerin, gefunden auf der Schultoilette, führt die Kommissare in den Kreis von Online-Community und Affären, von merkwürdigen Beziehungsgeflechten und geplatzten Träumen, von Rachefantasien und verlassenen Ehefrauen, von Kollegenhass und Tuscheleien. Unter der Regie von Markus Imboden ist mit dieser Thematik ein packender Samstagabendkrimi entstanden, der Nährboden für viele erhobene Zeigefinger sein könnte, sich ausnahmsweise aber nicht an ein sozialkritisches Psychogramm wagt und die Fiktion ohne Seitenhiebe auf die Gesellschaft stehen lässt.
Mit Michelle Barthel als Laura Mikoladse und Carolyn Genzkow als ihre Freundin Alexa ist der Krimi prominent mit zwei Nachwuchstalenten und Grimme-Preis-Trägerinnen besetzt, die gleichermaßen einfühlsam und energisch die Gefühlswelten zweier Teenager zu verkörpern wissen. Die Schauspielarbeit der Stammbesetzung kann sich wie immer sehen lassen, der übrige Cast fügt sich harmonisch bis rebellisch in seine Rollen und schafft es, das bisweilen seltsam anmutende Konstrukt aus Lieben und Lügen dramaturgisch glaubwürdig darzustellen. Positiv fällt auf, dass die anfangs hierarisch zu strukturiert scheinende Mädchenclique und die emotionalen Probleme Lauras nicht für einen billigen Kreuzzug im Namen einer stereotypen Überzeichnung der Jugendkultur genutzt wurden – das Drehbuch von Maris Pfeiffer und Regina Spreer verhält sich angenehm konträr zum derzeitigen Fernsehtrend.
Erfreulich ist auch die Rückbesinnung auf die subtile Komik des Formats, die in der ernsten Jubiläumsfolge schmerzlich vermisst wurde: Der sich durch die gesamte Reihe ziehende Running Gag der Serie, Ottos ehemaliger Kollege Sputnik, ist in der neuen Folge ins Geschäft des Online-Datings eingestiegen – ein thematisch passender Rückgriff auf die mitschwingenden Liebeleien der Verdächtigen. Auch Otto bekommt nach den persönlichen Traumata der Jubiläumsfolge eine neue Liebesbeziehung angedichtet, deren weiterer Verlauf aber noch in den Sternen steht. Zu hoffen ist, dass die kommenden Drehbücher Kontinuität beweisen und diesen Handlungsstrang nicht wieder fallen lassen. Die vielen anfänglich eingeführten Personen lassen eine entspannte Orientierung bisweilen vermissen, fügen sich aber im weiteren Verlauf in ein homogenes Netz aus interessanten Beziehungssträngen. Sicher ist «Die Gottesanbeterin» nicht der stärkste Fall des «Starken Teams», dennoch werden sich Fans und Krimiliebhaber von der originellen Geschichte gut unterhalten fühlen, denn die Umsetzung überzeugt letztendlich.
Das ZDF zeigt «Ein starkes Team: Die Gottesanbeterin» am Samstag, den 21. Januar 2012, um 20:15 Uhr.