Hingeschaut

«Kinder fragen, Comedians antworten»: Ein neuer Tiefpunkt

von
Oliver Geissen versucht sich mit vier Komikern an einer Kinder-Sendung auf RTL – mit mäßigem Erfolg.

RTL hat in der deutschen Fernsehlandschaft lange Zeit den Ton angegeben, wenn es um neue Konzepte und unbekannte Formatideen ging. Ob «Deutschland sucht den Superstar», das Dschungelcamp oder «Bauer sucht Frau»: Zuerst flimmerten Kuppelshows und Castingsendungen bei den Kölnern über den Äther, bevor sie von anderen Sendern aufgegriffen wurden. Und egal, was man von der Qualität dieser Formate halten mag – der Quotenhengst verzeichnet damit gute Erfolge. Dieses Übermaß an Erfolg scheint in Köln so manchem zu Kopf gestiegen zu sein, denn mit dem neuen Comedyformat «Kinder fragen – Comedians antworten» hat sich RTL nicht gerade mit Innovation bekleckert und ein Fass aufgemacht, dass man besser zu den Kollegen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gerollt hätte.

Eine Stunde lang führte Oliver Geissen durch eine seltsam wirre Sendung, in der zwei Kinderteams die Richtigkeit von Erklärungen auf typische Kinderfragen bewerten sollten. Ebenfalls in Zweierteams waren Mirja Boes und Hella von Sinnen sowie der Bauchredner Sascha Grammel und Bernhard Hoecker dafür verantwortlich, den Kindern möglichst präzise Antworten auf Fragen wie „Wie verständigen sich Fische unter Wasser?“ oder „Warum kleben Enten im Winter nicht auf dem Eis fest?“ zu geben. Der Clou: Eine Antwort war richtig, die andere erwies sich als falsch. Den Kindern kam die Aufgabe zuteil, die richtige Antwort zu identifizieren. Nach den Erklärungen durfte das Team, das am schnellsten den Buzzer betätigte, die mutmaßlich richtige Antwort nennen. Lagen sie richtig, bekamen sie einen Punkt, lagen sie falsch, ging der Punkt an das gegnerische Team.

Daran ist eigentlich nichts auszusetzen: Mit bewährten Quizshowelementen kann man selbst in Köln nicht viel falsch machen. Doch schnell stellte sich heraus: RTL kann nicht mit den Kleinsten. So blieben die vier Kinder gegen die Übermacht der fünf Erwachsenen die meiste Zeit über ruhig, während sich die vier Komiker mitsamt Oliver Geissen redlich bemühten, die verschüchterten Zehnjährigen aus ihrer Deckung zu holen. Anfangs noch recht eingänglich, später zunehmend kindisch und wirr wurde auf die Zweierteams eingeplappert. Wo ständiges Nachfragen und Sprüche wie „Ein kluges Kind weiß, dass nur wir die richtige Antwort kennen“ schon Erwachsene bei «Wer wird Millionär?» verunsichert, hatten die Grundschüler gar keine Chance, unparteiisch zu urteilen. Einige Erklärungen erwiesen sich außerdem selbst für den erwachsenen Zuschauer als derart unverständlich, dass ein kindliches „Das habe ich jetzt aber nicht verstanden“ gegen Ende nicht verwunderte.

Vollkommen lieblos erwies sich ein Einspieler mit Kindergartenkindern, der in bewährter RTL-Manier mit Fehlergeräuschen unterlegt war und Kinder digital vom Bluescreen kickte. Was schon bei der «Chart-Show» oder «Deutschland sucht den Superstar» an Respektlosigkeit nicht zu unterbieten ist, bekommt im Beisein von Kindern ein Geschmäckle, das RTL sich nicht leisten sollte. Vom Ausspielen der beiden mit Kindern besetzten Teams bis hin zu zweideutigen Antworten der Komiker, die Kinder gar nicht verstehen können hat RTL auf so vielen Ebenen so vieles falsch gemacht, dass eine mangelnde Fortsetzung aufgrund schlechter Quoten die beste Entscheidung ist, die der Sender treffen könnte. Offen bleibt indes, wen man mit der Sendung überhaupt erreichen wollte: Um 21:15 Uhr werden die meisten Grundschüler wohl nicht vor dem Fernseher sitzen; für Erwachsene ist die Sendung allerdings belanglos und langweilig. Vielleicht hätten die Kölner etwas genauer beim Ersten abschauen sollen, wo die «Frag doch mal die Maus»-Show völlig vorurteilsfrei eine Sendung für Kinder macht – es geht nämlich auch ohne «Genial daneben»-Abklatsch.

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