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Beginnend mit dem Chaos hinter den Kameras, als Serienentwickler Frank Darabont sein Autorenteam austauschen wollte, nachdem die sechsteilige erste Staffel zwar bei den Zuschauern ankam, inhaltlich jedoch durch ihre träge Erzählweise jedoch nicht immer überzeugen konnte. Fortsetzend mit der Entlassung von Darabont seitens AMC, die offenbar nicht mit der Art und Weise von Darabonts Showrunner-Qualitäten klarkommen konnten – besonders nachdem das Budget der Serie um 700 000 US-Dollar pro Folge gekürzt wurde. All das, weil AMCs Chef für Originalprogramme, Joel Stillerman, laut Insiderkreisen nicht unbedingt dafür bekannt ist, eine „positive Beziehung“ mit seinen Showrunnern aufzubauen. Und dass er sich verantwortlich für die Erfolge der AMC-Serien sieht (statt die Erfinder und Showrunner zu nennen). Viel ist passiert hinter den Kameras von «The Walking Dead» – so viel, dass die eigentliche Staffelpremiere der Schere zum Opfer fiel, und kurz darauf mit der zweiten Episode der zweiten Staffel zusammengepaart wurde, um überhaupt eine Staffelpremiere ausstrahlen zu können.
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Die zweite Staffel setzt nicht nur storytechnisch an die erste Staffel an. Auch die Art und Weise, wie die Charaktere begleitet werden, ähnelt sehr dem Weg der ersten Staffel. Die Geschwindigkeit, die schon in der ersten Staffel gewissermaßen fehlte, ist auch im ersten Teil der zweiten Staffel nicht vorhanden, und die Entwicklung der Charaktere wird zäh und schleppend vorangetrieben. Informationen, die den Zuschauern schon längst bekannt sind, werden bis zum Äußersten gereizt, ohne wirklich für eine Entwicklung zu stehen; und auf Twists wird in der Regel bis zum finalen Moment gewartet, damit die Autoren dem Publikum einen TV-üblichen Cliffhanger mit auf den Weg geben können. Das einzige Element, welches «The Walking Dead» quasi über Wasser hält, ist die Zombie-Apokalypse und der dazugehörige Survivalhorror auf Seiten der Überlebenden. Hin und wieder gibt es einen Zombie, mit denen sich die Charaktere beschäftigen müssen, um die Erinnerung wachzuhalten, dass «The Walking Dead» eine Zombieserie ist. Dass die Horrorszenen dabei hin und wieder deplatziert wirken, ist nicht als Problem zu betrachten, sondern eher als ein Zusatz für Fans des Charakterdramas. «The Walking Dead» würde ohne diese halbstündlichen Zombieszenen genauso gut funktionieren.
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Wer ehrlich ist, wird erkennen, dass «The Walking Dead» keine perfekt geschriebene Serie ist. Der Erfolg ist dem populären Zombiegenre zuzuschreiben, sowie dem Mut, mit abschreckenden und ekelhaften Zombieszenen die Zensur- und Gewaltdebatte des amerikanischen Fernsehens anzugreifen und zu hinterfragen. Alles andere ist dramaturgische Standardware in einer düsteren Welt, die weitaus mehr Storys bietet als die Autoren benutzen wollen. Und da braucht man sich nicht einmal die Comics von Robert Kirkman zur Inspiration durchzulesen. Es ist schade, dass nie das vollständige Potential ausgenutzt und stattdessen auf Zombie komm raus gearbeitet wird. Das ist in der zweiten Staffel ein größeres Problem als in der ersten, was auch mit dem Showrunnerwechsel und der Autorenkrise hinter den Kameras zu tun hat. Es gab einfach keinen Fokus auf die Geschichten zwischen den Charakteren. Dafür gab es eine sieben Episoden lange Story mit einem berechtigten Cliffhanger, welcher auch schon nach zwei Episoden hätte kommen können. Vielleicht wird sich das in der am Sonntag auf AMC startenden zweiten Staffelhälfte ändern. Die Autoren haben nun freie Bahn für die Entwicklung der Geschichte und müssen sich nicht mit Kündigungen und Budgetkürzungen beschäftigen.
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Hershels Farm war ebenfalls ein Element in dieser Staffel, welches faktisch das Storytelling zu einem Halt brachte. Die Greene-Familie war durchaus interessant, hätte jedoch stärker in die Geschichten der Überlebenden mit integriert werden sollten. Die einzigen, die Erwähnungen finden, sind Hershel als der Mann des Glaubens, der trotzdem seine Kinder niemals in Gefahr bringen würde, sowie seine Tochter Maggie, die eher an einer kleinen Liebesgeschichte mit Glenn interessiert ist, als sich für den Plot herzugeben. Dass Hershel auch noch zwei andere Kinder hat, die alle paar Minuten im Hintergrund umherlaufen, wird dabei gerne mal vergessen. Zusätzlich wurde eine faszinierende Akzeptanz zwischen Hershel und Rick geschrieben, welche irgendwann zum letztlichen Cliffhanger der Ministaffel führte: eine Freundschaft, die eigentlich keine ist, doch beide Männer wissen, was es bedeutet, als Führungsperson zu agieren und nicht enttäuschen zu dürfen. Hier fehlte auch eine Menge an Konfliktpotential, welches die Episoden gut gefüllt hätte. Statt von Anfang an zu thematisieren, dass Hershel in seiner Scheune ein Geheimnis versteckt hält, wird dieser Plot nur dazu genutzt, um Sophias Schicksal am Ende zu erklären – die Scheune wurde buchstäblich nur für eine einzige Story genutzt, was in TV-Standards gar nichts ist (für AMC-Verhältnisse jedoch normal, wenn man sich das Storytelling von «Mad Men», «Rubicon» und «Hell on Wheels» einmal ansieht).
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Am Ende beweist der erste Teil von Staffel zwei sich als gute Unterhaltung, die nicht immer überzeugen kann, und vielleicht sogar durch das Genre vom Publikum überschätzt wird. Die Autoren um den neuen Showrunner Glen Mazzara, darunter auch Robert Kirkman, müssen zuerst herausfinden, ob es sich nicht doch lohnt, Abstand zu den Comics zu entwickeln und den Zuschauern eine komplett andere Story zu liefern. Hershel und seine Kinder sind auch nur aus den Comics adaptierte Charaktere. Das Storytelling würde vielleicht von selbst auf eine akzeptable Geschwindigkeit kommen, wenn sich nicht so sehr an die Comics geklammert wird.