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Talkshow-Zoff im Ersten

von  |  Quelle: Frankfurter Rundschau
Zwischen den Redaktionen von «Günther Jauch», «hart aber fair» und den anderen Polittalks herrscht dicke Luft. Ein Gipfeltreffen soll für ARD-internen Frieden sorgen.

Sie alle waren angefragt für eine ganz besondere Ausgabe von «hart aber fair»: Helmut Kohl, Alice Schwarzer, Juliane Weber, Jörg Kachelmann, die Barone zu Guttenberg und Münchhausen. Das anvisierte Thema der Sendung: „Jetzt sage ich endlich die Wahrheit.“ Nein, Frank Plasberg und seine Redaktion sind nicht vollständig abgehoben. Stattdessen herrscht zwischen den Redaktionen der fünf Polit-Talks im Ersten mächtig Zoff, insbesondere zwischen dem vom NDR betreuten «Günther Jauch» und Frank Plasbergs «hart aber fair» vom WDR. Das eingangs zur Konfliktvermeidung zwischen den Talkredaktionen errichtete, interne Portal 1Talk5 wird laut Berichten der Frankfurter Rundschau freudig zum gegenseitigen Necken und Provozieren zweckentfremdet. Etwa durch solche Themenankündigungen und Gäste-Reservierungen wie der eingangs erwähnten.

Dass es zu Themenkollisionen und Probleme bei der Einteilung der Talkgäste kommen könnte, davor warnten Branchenkenner und Fernsehzuschauer schon bei der ersten Ankündigung der ausführlichen Talkschiene im Ersten. Für diesen Aschermittwoch lud ARD-Chefredakteur und Talkshow-Koordinator Thomas Baumann zu einem Redaktionstreffen in München. Offiziell wurde dieses als Gelegenheit zum „Erfahrungsaustausch“ angekündigt, aber den Informationen der Frankfurter Rundschau zufolge steht wohl eher ein Krisengipfel an.

Der Konflikt herrscht vor allem aufgrund der Themenwahl der Polit-Talks, doch auch durch die gänzlich unterschiedlichen Arbeitsmethoden der Redaktionen entstehen Reibungen. Das eine Team ändert Themen spontan um, andere Teams reservieren Gäste mehrere Wochen im Voraus und wieder andere bereiten sich frühzeitig für zwei Gesprächsrunden vor und entscheiden später, welche tatsächlich umgesetzt wird. In den Redaktionen soll jedoch Unklarheit herrschen, ob das auf andere Arbeitsmentalitäten schließen lässt oder auf böswillige Hinderung der internen Konkurrenz. Die Stimmung kocht deswegen über und führte schon zu skurrilen Beschlüssen: Unter anderem kündigte die Redaktion von «Anne Will» auf dem Portal 1Talk5 für den gesamten Februar das Diskussionsthema Alzheimer an, als Gast wurde für jede der Sendungen entweder „Rudi Assauer, Rudolf Assauer“ oder „Rudolf 'Rudi' Assauer“ vermeldet.

Besonders hitzig wurde es zu Beginn des Jahres, als im Ersten drei Ausgaben des erfolgreichen WDR-Markenchecks ausgestrahlt wurden. Montags ab 20.15 Uhr konnte sich das Format zwischenzeitlich auch als Marktführer beweisen und vermehrt junge Zuschauer zum öffentlich-rechtlichen Sender locken. Bei «hart aber fair» war der Plan, als Lead-out der gefragten Reportagereihe passende Themen zu diskutieren und so ein großes Publikum anzusprechen. Die Redaktion von «Günther Jauch» interessierte sich jedoch ebenfalls für diese Themen und behandelte am 15. Januar die Frage „Deutschland XXL – Brauchen wir Steuern auf Dickmacher?“ – einen Tag vor dem «McDonald's Markencheck» und der entsprechenden Gesprächsrunde bei «hart aber fair». Dafür hatte man beim WDR wenig Verständnis.

Auf Druck der ARD musste Jauch, so die Frankfurter Rundschau, den McDonald’s-Sprecher Matthias Mehlen wieder ausladen, der für die Show bereits zugesagt hatte. Und auch die für den darauf folgenden Sonntag geplante Debatte zum Thema „Mode vom Discounter – wer bezahlt den Preis für die Klamotten?“ (passend zum «h&m Markencheck» am Folgetag) wurde abgesagt.

Durch diese Streitigkeiten zwischen den Redaktionen der Talks im Ersten erscheint auch die ständige TV-Debatte über die Affäre Wulff in einem neuen Licht: Der Sonntags sendende «Günther Jauch» stellte gleich vier Mal den ehemaligen Bundespräsidenten in den Fokus seiner Sendung und fuhr damit stets großartige Einschaltquoten ein. Bei «hart aber fair» kamen Plasberg und Gäste nur zwei Mal zu diesem Thema zu Wort, die restlichen ARD-Talks wählten Alternativthemen (mehr dazu). Jauchs Blockade des größten Politthemas des bisherigen Jahres dürfte an diesem Aschermittwoch in München sicher für eine besonders hitzige Debatte sorgen. Diese bleibt dem Fernsehpublikum allerdings vorenthalten.

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