Die Kritiker

«Meine große Liebe ... im Karneval»

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Die WDR-Doku «Meine große Liebe ... im Karneval» berichtet von Menschen, die im Karnevalstrubel statt eines kurzen Flirts den Partner fürs Leben fanden.

Seit November 2011 erzählen Normalbürger wie auch Prominente in der WDR-Dokureihe «Meine große Liebe», wie sie ihren Lebenspartner kennen gelernt haben. Die Reihe versteht sich als eine nostalgische Reise, die von den Problemen erzählt, mit denen Beziehungen in unterschiedlichen Zeiten zu kämpfen hatten. Von strengeren Moralvorstellungen vor einigen Jahrzehnten, hin zur zeitlosen Hürde der widerwilligen Schwiegereltern. Somit will das Format auch die unterschiedlichsten Umstände einfangen, unter denen Liebe gedeihen, aber auch auf Herausforderungen treffen kann.

Mit «Meine große Liebe ... im Karneval» nimmt Mathias Haentjes genauer in den Fokus, wie in der oberflächlichen Zeit des Karnevals, zwischen Bützerei, schnellen Flirts und Bier, ernsthafte und beständige Beziehungen gedeihen können.

Eine solche Dokumentation steht und fällt mit ihrer Auswahl und Zusammensetzung der erzählten Geschichten. Damit, das Thema Karneval mit gleich drei Geschichten aus den Fünfzigern und Sechszigern zu beleuchten, tat sich Haentjes keinen großen Gefallen: Diese drei Liebesstorys beginnen recht ähnlich mit den karnevalistisch-typischen Zufallsbegegnungen bei Großveranstaltungen und der Herausforderung, den unerwartet geknüpften Kontakt weiterzupflegen. Dadurch wird eine Facette der vielen möglichen Karnevals-Liebesgeschichten überbetont, was wiederum über die Dauer der knapp 45-minütigen Dokumentation ermüdend ist.

Zwar ist es löblich, dass «Meine große Liebe ... im Karneval» authentische, normale Anekdoten erzählt, statt wie die zahllosen Liebessendungen im Privatfernsehen auf dramaturgisch aufgepeppte Abenteuer zu setzen. Jedoch wäre es die Aufgabe der Redaktion, diese Alltäglichkeiten interessanter zu verarbeiten. Zumindest im Ansatz beweist diese Doku, dass es auch ohne Sensationsgier möglich ist: Eine weitere der nachskizzierten Liebesgeschichten handelt vom Karnevalskomödianten Marc Metzger, der sich vor wenigen Jahren bei seinem ersten öffentlichen Auftritt vor großem Publikum in eine Zuschauerin verguckt. Diese ist eine Auswärtige, die seine Witze beim besten Willen nicht amüsant findet, dennoch kommen beide ins Gespräch und via E-Mail bemühen sie sich nach dem lebensverändernden Comedyauftritt um weiteren Kontakt. Im Zusammenspiel mit den älteren jecken Liebesgeschichten entwickelt diese Erzählung einen reizvollen Kontakt.

Außerdem wird von einem homosexuellen Pärchen erzählt, welches sich im Düsseldorfer Straßenkarneval ineinander verliebte. Die Macher von «Meine große Liebe ... im Karneval» behandeln die Story von Andreas und Dirk unverklemmt, ohne irgendwelche peinlichen Kommentare. Sie inszenieren das jüngste der fünf Paare wie auch die anderen, thematisieren nicht die sexuelle Orientierung, sondern die ungewöhnliche Situation, dass sie sich gleich an mehreren Karnevalstagen hintereinander über den Weg liefen – und wie sich daraus eine dauerhafte Beziehung entwickelte. Das sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, doch ein Blick auf andere TV-Formate genügt, um zur ernüchternden Erkenntnis zu kommen, dass es stattdessen weiterhin eine lobenswerte Ausnahme ist.

Dem eigenen Anspruch einer nostalgischen Zeitreise, die sich die verändernden Gepflogenheiten und gesellschaftlichen Befindlichkeiten einfängt, wird «Meine große Liebe ... im Karneval» nur teilweise gerecht. Obwohl die Erzählungen der zehn Personen liebevoll mit Archivmaterial, Interviewaufnahmen und Originalfotos bebildert werden, gewinnt der Zuschauer nur einen schwachen Eindruck des jeweiligen Lebensgefühls. Auch die Gegensätzlichkeiten der fünf Handlungen hätten, ohne dabei effekthascherisch zu wirken, stärker gegenübergestellt werden können, so dass das Format weniger langatmig erscheint. Auch der Erkenntnisgewinn ist aus den genannten Gründen eher gering.

Lobenswert ist aber, neben der authentischen Erzählweise, die angenehme Interviewführung: Es wird nicht auf die Tränendrüse gedrückt, die Paare werden auch nicht vorgeführt – den Interviewaussagen spürt man als Zuschauer an, dass diese Menschen mit Freude von ihren Erfahrungen erzählen, und ihnen die Interviewer gerne zuhören. Solch eine Ehrlichkeit geht anderen Liebesdokus abhanden.

«Meine große Liebe ... im Karneval» ist am Freitag, den 24. Februar 2012, ab 20.15 Uhr im WDR zu sehen.

Kurz-URL: qmde.de/55129
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