Sonntagsfragen

Franz X. Bogner zur Krimischwemme: 'Finde sie ermüdend'

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Der Kopf hinter «München 7» kritisiert bei uns die Vielzahl an gewaltbesetzten Geschichten und erläutert, warum sein Format definitiv etwas Besonderes ist und warum er fünf Jahre Pause brauchte. «München 7» startet am 7. März um 18.30 Uhr im Ersten.

Herr Bogner, wir wollen über Ihr Baby «München 7» sprechen…
Sehr gerne. Aber ein Baby ist es ja eigentlich nicht mehr. Eher ein Kindergartenkind oder vielleicht sogar Erstklässler. Die ersten 13 Folgen sind ja schon vor fünf oder sechs Jahren entstanden…

Hören Sie es gerne, wenn man Sie ganz offen als Kopf und vielleicht sogar als Seele von «München 7» bezeichnet?
Es schmeichelt mir schon, ja.

Die ersten Folgen waren im Bayerischen Fernsehen durchaus ein Erfolg. Waren Sie damals überrascht ob des Zuspruchs?
Ich war allenfalls positiv überrascht. Wenn man heutzutage eine Polizei-Serie dreht, dann befindet man sich schließlich in großer Gesellschaft. Es gibt schlicht zu viele davon. Deshalb habe ich auch immer darauf geachtet, dass wir keine Polizei-Serie, sondern eine Polizisten-Serie machen.

Worin sehen Sie den Unterschied genau?
Bei den Fällen ist doch normalerweise schon alles durchdekliniert. Es würde mich einfach nicht reizen, noch einmal eine weitere solche Serie zu produzieren. Mich interessieren die Personen, ihr Lieben, ihr Handeln.

Im BR war dann nach 13 Folgen aber erst einmal Schluss…
Da gibt es eine relativ einfache Erklärung: Ich hatte nach 13 Folgen das Gefühl etwas anderes machen zu wollen, das war dann «Der Kaiser von Schexing». Ich wollte dann einfach nicht mehr permanent den ganzen Tag auf der Straße herumstehen und dann abends nach Hause kommen und wissen, dass wir wieder nur 70 Prozent von dem Geplanten geschafft haben. Immer im Kern einer Innenstadt zu drehen, war auf Dauer schon sehr belastend.

Jetzt machen Sie es ja doch wieder…
Diesmal lief es bei den Dreharbeiten ganz anders. Ich hatte das Gefühl als würden uns die Leute schon als Inventar betrachten. Es gab nur ganz wenige Störungen, wenn wir auf dem Viktualienmarkt gedreht haben, dann wurden wir eher wie eine Müllkolonie betrachtet. Man hat uns einfach machen lassen. So ließ es sich besser arbeiten, wir hatten wenige Gaffer.

Vielleicht sind Sie einfach schon ein Teil Münchens geworden…
Darauf würde ich viel Wert legen.

Nun läuft «München 7» als Teil der Schmunzel-Krimis «Heiter bis tödlich». Eine gute Entscheidung?
Als die Diskussion aufkam, dass Das Erste den Vorabend umbauen will und wieder auf fiktive Stoffe setzen möchte, war es das Bemühen des BR-Fernsehdirektors Dr. Fuchs, dass der BR auch etwas dazu beisteuern möchte. Und er hat da an «München 7» gedacht. Ich war ab dem Zeitpunkt wirklich begeistert, als ich wusste, dass wir keine Konzessionen eingehen müssen. Wir mussten uns in Sachen Sprache nicht anpassen, es gab bei der Abnahme keinerlei Einwände. Natürlich freut es mich, dass wir «München 7» nun einem breiten Publikum zeigen können.

Wie erklären Sie «München 7» jemanden, der es noch nie gesehen hat?
Wie schon gesagt: Es ist eine Polizisten-Serie, die viel Wert auf die Figuren legt. Das sind zwei sehr originäre Typen, die in München leben und arbeiten. Der eine kommt direkt aus der Innenstadt, der andere ist eher in der Peripherie – nämlich in Neuperlach – zu Hause. Die beiden bilden ein Duo in der Serie, das eine ganz eigene Art hat, Dinge und Fälle zu lösen. In der Serie geht es eher um Kleinkriminalität. Geregelt werden diese Fälle durch einen besonderen menschlichen Zugang. Der eine fertigt einfach ungern Protokolle an, deshalb will er alles möglichst direkt vor Ort lösen. Es ist einfach eher das komödiantische, um das es mir bei «München 7» geht.

Bei neuen Produktionen kommt es oft darauf an, dass sie frisch und jung erscheinen. Treffen diese Attribute auf Ihre Serie zu?
Ich glaube im Konzert aller Serien – und vor allem der, die im ZDF im Vorabendprogramm laufen, ist «München 7» etwas Neues und Eigenes. Ob wir als jung gelten, muss das Publikum selbst entscheiden.

In Bayern war die Serie ja schon ein Erfolg. Was aber wird der Bremer, der Berliner oder der Kölner mit dem Format anfangen können?
Der muss sich mit der Serie sicherlich zunächst einmal konfrontieren. Ich denke, dass es viele Bayern gibt, die seit Jahren das «Großstadtrevier» mit Jan Fedder verfolgen. Das wird in Bayern auch akzeptiert – und mich würde es freuen, wenn es den Münchner Polizisten auch so gehen würde.

Es gibt in Deutschland durchaus eine Krimi-Schwemme – erachten Sie diese als problematisch?
Ich finde sie ermüdend. Ermüdend ist auch die Tatsache, dass es hierzulande sehr viele gewaltbesetzte Geschichten zu sehen gibt. Man kann – wenn man zappt – fast im Schnitt/Gegenschnitt-Verfahren Schlägereien oder Gewaltszenen verfolgen. Ich habe das mal gemacht – da lief so etwas auf drei Programmen gleichzeitig. Für mich ist das reiner Klamauk – und deshalb ist es für mich erfrischend, wenn ein Format ohne solche Szenen auskommt. Als Filmemacher weiß man ja schließlich wie das geht – deshalb berühren mich genau solche Sendungen mit Gewaltanteil auch nicht. Es gibt aber im Bereich Krimi auch andere Genres – Formate anderer Machart. Nur leider zu wenige. Manchmal habe ich das Gefühl, der Großteil kommt aus ein und derselben Fabrik.

Ihre These erklärt dann auch den Erfolg des «Tatorts» aus Münster.
Davon verpasse ich keine Folge. Da habe ich wirklich Lust zuzuschauen, wie die beiden miteinander spielen.

Die Quoten der Vorabendkrimis im Ersten sind derzeit schlecht. Beschäftigen Sie sich damit?
Da man es nicht ändern kann, muss man es als gegeben hinnehmen. Natürlich würde ich mir aber wünschen, dass die Krimis mehr Zuschauer finden. Früher war dieser Sendeplatz im Ersten schließlich ein sehr erfolgreicher. Die Verantwortlichen haben aber lange gekämpft um den Vorabend nun so zu gestalten – und sie wissen auch, dass es nun eine Zeit dauert, bis man da an Boden gewinnt. Ich glaube, diese Zeit geben sie den Formaten.

Die Folgen sind schon abgedreht – womit beschäftigen Sie sich zur Zeit?
Momentan arbeite ich an acht neuen Büchern für «München 7». Ein finales Go für die Produktion einer weiteren Staffel liegt noch nicht vor, aber zumindest wurden neue Bücher bestellt. Es dauert noch vier oder fünf Monate, bis diese fertig sind. Aber ich merke, wie viel Spaß es mir macht an diesen wunderbaren Figuren zu schreiben. Ich liebe die Rolle von Christiane Neubauer – sie ist eine wunderbare Schauspielerin. In der Serie hat sie ein tolles Kampfpendant, die Monika Gruber. Das alles ist in dem Format atmosphärischsehr gut aufgehoben.

Herr Bogner, danke für das ausführliche Interview.

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