Hingeschaut

Promiboxen: Zähes Ringen in der Silikonklasse

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Fast vier Stunden Show für eine halbe Stunde Kampf mussten die Zuschauer am Samstagabend beim «ProSieben Promiboxen» über sich ergehen lassen. Gelohnt hat es sich kaum.

Acht Jahre lang war es in den Untiefen des Fernsehfriedhofs verschwunden, doch an diesem Samstagabend erlebte das «Promiboxen» tatsächlich sein Comeback. Was zwischen 2002 und 2004 drei Mal hervorragend mit bis zu sechs Millionen Zuschauern auf RTL funktionierte, sollte nun ProSieben zu großen Quotenerfolgen am stark beworbenen Showsamstag führen. Und wer bereits in den vergangenen drei Wochen das eine oder andere Mal beim Privatsender vorbei schaute, der konnte bereits erahnen, dass dies kein allzu kurzer Abend werden würde: Erst kurz nach Mitternacht war das Schauspiel endlich beendet - bei gerade einmal vier Duellen und knapp 35 Minuten Kampfzeit. Und so entwickelte sich die Übertragung aus Düsseldorf zu einem viel zu zähen Auflaufen der B-Prominenz dieses Landes...

Als uns Moderator Matthias Killing, der kurzfristig für die neue ProSieben-Allzweckwaffe Steven Gätjen eingesprungen ist und eine rundum gelungene Figur an diesem Abend abgegeben hat, zur besten Sendezeit live aus dem Castello begrüßt, fällt allerdings erst einmal die recht kleine und schlichte Mehrzweckhalle ins Auge, in der die Kämpfe des Abends stattfinden sollen. Ebenso bescheiden wie die Kulisse ist auch die Atmosphäre den kompletten Abend über: Stimmung kommt lediglich dann auf, wenn wieder einmal geltungssüchtige Semiprominenz ihre Gesichter in die Kameras halten - insbesondere neben dem Ring. Dort geben unter anderem Gina-Lisa Lohfink, Daniel Lopes oder sogar Bert "Puff Daddy" Wollersheim überaus geistreiche Kommentare zum Besten. Zumindest dann, wenn Felix Sturm nicht gerade damit beschäftigt ist, seinen nächsten Kampf zu promoten

Aber was geschieht eigentlich im Ring? Die meiste Zeit über, das erkennt der Zuschauer viel zu schnell viel zu deutlich, schlicht und einfach nichts. Erst nach einer halben Stunde voller Einspieler, Interviews und Gewinnspielen begeben sich der ehemalige Sat.1-Softrocker Martin Kesici und der durch das Dschungelcamp im vergangenen Jahr zu Bekanntheit gekommene Ex-Boygroup-Schwarm Jay Khan in den Boxring. Über fünf Runden á zwei Minuten gehen dem vom Publikum klar favorisierten Kesici schnell die Kräfte aus, weshalb er sich in einem durchaus ansehnlichen Fight nach Punkten geschlagen geben muss. Noch härter als Khans Fausthiebe treffen ihn - und leider auch das Publikum - allerdings die Fragen des viel zu präsenten Axel Schulz.

Inzwischen ist es nach 21 Uhr und nun könnte doch so langsam einmal etwas mehr Bewegung in die bis dato weitgehend zähe Veranstaltung kommen. Leider hat man als Zuschauer diese Rechnung ohne die Programmverantwortlichen gemacht, denn nach Schema F folgt nun wieder derselbe spannungsarme Ablauf: Charlotte Engelhardt sucht weiter nach prominenten Gästen, die ihr Fachwissen bis hierhin noch nicht teilen konnten, minutenlange Einspieler möchten uns Einblicke in das harte Training der nächsten Kämpfer verschaffen und Killing bemüht sich redlich, mit Schulz oder Kickboxerin Christine Theiss kurzweilige Gespräche zu führen. Eine knappe Stunde, einen einigermaßen peinlichen Sido-Auftritt und zahlreiche "Schwanz"-Witze später kommt es dann endlich zum zweiten Aufeinandertreffen, bei dem Moderator Daniel Aminati dem Model Nico Schwanz mühelos zeigt, wer den Härtesten hat. Den härtesten Schlag, versteht sich.

Das vor allem für Boulevard-Medien interessante, aus sportlicher Sicht jedoch überaus bescheidene Duell zwischen Nacktmodell Micaela Schäfer und C-Promishow-Allroundtalent Indira Weis in der so genannten "Silikonklasse" startet dann kurz vor 23 Uhr in direkter Konkurrenz zum Kampf Arthur Abrahams im Ersten. Den Tiefpunkt der Show markiert allerdings weder eine der beiden Silikon-Amazonen, noch die anschließend unter Vollplayback auftretende «The Voice»-Siegerin Ivy Quainoo, die kurz vergisst, ihre Lippen zum Text ihrer neuen Single zu bewegen. Nein, das übernimmt die aus Beverly Hills stammende Anna Azerli kurz vor dem Schwergewichts-Kampf zwischen Evil Jared Hasselhoff und Lars Riedel gerne. So unangenehm und schief, wie ihre Interpretation der deutschen Nationalhymne klingt, muss man sich kurz vergewissern, ob man nicht doch versehentlich auf RTL umgeschaltet hat. Der letzte Kampf des Abends kann dafür dann auch nicht mehr wirklich entschädigen, wenigstens einen Knockout von Außenseiter Lars Riedel hat er allerdings noch in petto.

Dem «ProSieben Promiboxen» ist unter dem Strich in erster Linie anzulasten, dass die Sendung für fast vier Stunden Laufzeit viel zu wenig Highlights bietet. Denn während man über die nicht immer professionell wirkende Aufmachung hinwegsehen und das Format problemlos als Samstagabend-Trash mit leichter Unterhaltung bezeichnen könnte, ist der Leerlauf zwischen den Matches viel zu stark spürbar. Immerhin bekommen die Zuschauer mit besonders stark ausgeprägtem Durchhaltevermögen vier unterhaltsame und sehr unterschiedliche Kämpfe geboten, die ein wenig für die immer wieder aufkeimende Langeweile entschädigen. Den besten Job des Abends macht Moderator Matthias Killing als Moderator des Spektakels, der sehr professionell durch die Veranstaltung führt und den Experten Theiss und Schulz das Maximum an Informationen und Einschätzungen entlockt. Auch Kommentator Matthias Preuß überzeugt als Kommentator. Somit besteht durchaus Potenzial, bei einer eventuell folgenden Ausgabe aus den Fehlern zu lernen und eine wirklich gute Show anzubieten. Dann jedoch bitte mit mehr Kämpfen - oder einer kürzeren Laufzeit.

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