
Seine Figur hört auf den Namen John Ottway und arbeitet für ein Ölunternehmen als Jäger in Alaska, wo er die dortigen Mitarbeiter bei ihren Bohrungsarbeiten vor Angriffen wilder Tiere schützt. Als er gemeinsam mit einigen von ihnen den Heimweg nach Kanada antritt, geraten sie mit ihrem Flugzeug in einen Schneesturm. Die Maschine stürzt ab und lediglich eine Handvoll Männer, zu denen auch Ottway gehört, überlebt. Von der Außenwelt abgeschnitten, finden sie sich in der menschenleeren Wildnis Alaskas wieder, umgeben von endlos anmutenden Schnee- und Eismassen. Doch die Kälte scheint nicht einmal ihr größter Feind zu sein, denn schon bald wird die Gruppe mehrfach von einem hungrigen Wolfsrudel attackiert. Ein kräftezehrender Überlebenskampf beginnt, der vor allem dank intensiver Szenen und eines melancholischen Erzähltons zu fesseln weiß, mitunter aber mit einigen Längen und schlechten Computeranimationen zu kämpfen hat.

Diese Intensität auf Gefühlsebene wird später im Film bis kurz vor Ende kaum noch erreicht. Und das obwohl die agierenden Nebenfiguren nach und nach ebenfalls etwas mehr Profil bekommen. Somit sollte ihr Schicksal zumindest nicht völlig irrelevant sein. Wirkliche Nähe zu ihnen wird jedoch nicht erzeugt. Dafür bleiben die Charakterisierungen trotz aller Mühen dann doch zu oberflächlich. Darin liegt mitunter auch das gelegentliche Aufkommen vereinzelter Längen begründet, die sich insbesondere bei den ruhigeren Zwischentönen bemerkbar machen. So lässt das Drehbuch von Joe Carnahan und Ian MacKenzie Jeffers, aus dessen Feder auch die zu Grunde liegende Kurzgeschichte «Ghost Walker» stammt, die Figuren hin und wieder zwar durchaus ansprechend über komplexe Themen wie die Einstellung zum Tod oder den Glauben philosophieren. Doch liegt das Interesse an den Charakteren nicht derart gleichmäßig hoch, als dass man regelrecht darauf brennt, die Meinung jedes einzelnen zu erfahren.

Aufregender bleibt es hingegen schon, wenn sie nicht zu sehen, sondern allenfalls zu hören sind. Durch die frühe Etablierung gezielt gesetzter Schockeffekte werden die meisten Gespräche zwischen den Figuren von einer grundsätzlichen Anspannung überschattet, ist doch fast jederzeit mit einem weiteren Angriff zu rechnen. Dennoch ist es insgesamt die Kälte, die als zweite große Bedrohung noch wesentlich greifbarer erscheint. Man bekommt regelrecht ein Gefühl für die niedrigen Temperaturen und die erschwerte Fortbewegung in den dichten Schneemassen der eisigen Weiten Alaskas. Kontrastiert durch prachtvolle Landschaftsaufnahmen, lässt dies die Natur unheilvoll und wunderschön zugleich erscheinen.
Trotz der erwähnten Unzulänglichkleiten bleibt «The Grey» daher und schließlich auch nicht zuletzt dank seiner fabelhaft gewählten und ausgeführten Schlussszene ein fesselndes, düsteres Survival-Drama. Dessen Intensität hätte durch ansehnlichere Computeranimationen zwar noch einmal deutlich verstärkt werden können, doch die stets mitreißende Inszenierung, der angesichts der desillusionierten Hauptfigur oft schwermütige Grundton und die gewohnt einnehmende Performance Liam Neesons wissen auch dies größtenteils zu kompensieren, um aus «The Grey» letztlich ein sehenswertes Stück Spannungskino zu machen.
«The Grey - Unter Wölfen» ist ab dem 12. April in vielen deutschen Kinos zu sehen.