ARD-Chefredakteur Thomas Baumann reagiert energisch auf die Kritik des WDR-Rundfunkrats an den eigenen Talkshows.
Die Kritik an den zahlreichen ARD-Talkshows im Abendprogramm nimmt nicht ab – in dieser Woche kam das Störfeuer wieder einmal aus den eigenen Reihen: Der WDR-Rundfunkrat hat in einer Stellungnahme die Reduzierung der Shows gefordert, zudem weniger Gäste pro Sendung, eine breitere Themenauswahl und eine bessere Abstimmung zwischen den einzelnen Redaktionen. "Wir möchten dringend empfehlen, diese Form der Talkleiste nicht fortzuführen", sagte Petra Kammerevert, Vorsitzende des Programmausschusses.
ARD-Chefredakteur Thomas Baumann weist die Kritik aus den Reihen des WDR scharf zurück: "Diese Sichtweise erscheint mir sehr wenig differenziert zu sein und sehr stark auf selektiver Wahrnehmung zu beruhen." Baumann geht in einer ausführlichen Stellungnahme zudem auf die einzelnen Kritikpunkte an den Talkformaten ein. So habe man sich nicht zu intensiv mit dem Thema "Wulff" befasst, schließlich sei dieser Fall ein einmaliger Vorgang in der bundesdeutschen Geschichte gewesen.
Zudem führt der ARD-Chefredakteur mehrere Sendungen auf, die thematisch nicht auf die gerade aktuelle Nachrichtenlage gesetzt haben. So nennt er allein aus den vergangenen Wochen die Themen "Hat die Kirche noch Antworten?" («Anne Will», 4. April), "Kampfzone Politik – vom gegenseitigen Umgang" («Beckmann», 12. April) und "Beim Sterben Mensch bleiben" («hart aber fair», 16. April) als Beispiele.
Auch für eine Reduzierung der Talkshows sieht Baumann keine Veranlassung. "Das Publikum jedenfalls scheint von der Qualität unserer Sendungen überzeugt zu sein und beobachtet diese mit zunehmenden Interesse." Belegt wird dies mit Durchschnittsquoten, die für alle fünf abendlichen Shows aufgeführt werden und sich ab Januar 2012 zum Teil stark verbessert haben. «Günther Jauch» erreicht aktuell 4,82 Millionen Zuschauer gegenüber 4,52 Millionen im Jahr 2011, «hart aber fair» sogar 3,62 anstatt 3,06 Millionen. «Anne Will» kommt auf 1,80 Millionen (2011: 1,63 Millionen), «Menschen bei Maischberger» auf 1,95 Millionen (2011: 1,56 Millionen) sowie «Beckmann» auf 1,06 Millionen Zuschauer (2011: 1,02 Millionen).