Selten war RTL so erfolgreich wie im vergangenen Fernsehjahr. Doch wie sieht die Zukunft für den Marktführer aus? Ruht er sich zu sehr auf den aktuellen Quotenerfolgen aus? Und wie kommt eigentlich der Ableger RTL Nitro bislang bei unseren Forenusern an?
Mit einem gigantischen Marktanteil von 14,5 Prozent deklassierte RTL im Fernsehjahr 2010/2011 die öffentlich-rechtliche Konkurrenz, die zwei Jahre zuvor noch klar in Führung gelegen hatte. In der besonders wichtigen werberelevanten Zielgruppe erreichte der Sender sogar über 19 Prozent aller Zuschauer im Schnitt, ein solcher Wert gelang nie zuvor in diesem Jahrtausend. Doch im schnelllebigen Fernsehgeschäft sind Quotenerfolge von gestern rasch vergessen, sobald die Werte sinken. Zwar ist die Sendeanstalt aus Köln mit 13,9 und 18,2 Prozent seit September weiterhin sehr gut dabei, doch ist man auch für die Zukunft gut gerüstet? Arbeitet man ausreichend an innovativen und neuartigen Quotenhits der Zukunft oder ruhen sich die Programmverantwortlichen zu sehr auf ihrem derzeitigen Erfolg aus? Darüber und über den neuen Spartenkanal RTL Nitro diskutierten die Benutzer des Quotenmeter.de-Forums in den vergangenen Wochen eifrig.
Der User Sweety-26 eröffnet das Thema mit der These, dass RTL "sich auf seinem Erfolg ausruht" und sieht bereits in den leichten Quotenverlusten seit Februar dieses Jahres eine Bestrafung "auf hohem Niveau". Besonders im Hinblick auf die im Juni anstehende Fußball-Europameisterschaft hält er somit den Trend für problematisch und fragt sogar in die Runde, ob Senderchefin Anke Schäferkordt "so langsam überfordert" sei. BrLang hingegen hält weniger die vermeintlichen Ermüdungserscheinungen für problematisch, als vielmehr die generelle Ausrichtung und vor allem Wahrnehmung des Programms. So "schauen sich viele Zielgruppen einige Sendungen noch zur Belustigung oder teils auch aus Interesse an", allerdings nehme man den Sender fast ausschließlich negativ wahr, vor allem in der besonders wichtigen jungen Zielgruppe. Deshalb glaubt auch er mittelfristig an Verluste, wenn es nicht gelingt, das eigene Image aufzupolieren.
Laut bobicom hingegen müsse man sich "keine Sorgen machen", da man bei den 14- bis 49-Jährigen "immer noch deutlich vor den anderen Sendern" liege. Für wirklich abwechslungsreich hält allerdings auch er die Programmauswahl nicht, viel mehr könne man "nach RTL den Kalender stellen: Im Winter und Frühling «DSDS», ab März «Let's Dance» und im Herbst und Winter «Das Supertalent», jedes Jahr das Gleiche". Gulasch123 hält es wiederum für möglich, dass den Verantwortlichen tatsächlich "einfach nichts mehr einfällt", da sich neue Formate kaum noch von älteren unterscheiden. Er glaubt an eine rosige Zukunft für ProSieben, sofern "sie sich ihrem Profil treu bleiben". Diese Ansicht hat er allerdings exklusiv, wie sich im weiteren Verlauf der Diskussion herausstellt.
S!lent kann sich diese großen Zeiten für ProSieben kaum vorstellen, da das Programm zu "trashig" sei und somit nicht über ausreichend Potenzial verfüge, RTL dauerhaft das Leben schwer zu machen. Allerdings prophezeit er "ohne Zweifel", dass der Münchener Sender "Marktanteile gewinnen" wird. Auch bobicom kann sich nicht vorstellen, dass ProSieben den Platzhirsch überflügeln könnte. Der Benutzer hezup hält es für unabdingbar, dass "ProSieben zunächst einmal sein Programm auch für die Älteren attraktiv" macht. Mit den Jüngeren alleine sei es nicht möglich, RTL anzugreifen. Allerdings glaubt er kaum daran, dass man sich in diese Richtung orientieren könnte, da "man damit auch die Schwester Sat.1 angreifen würde". Die Strukturen bei ProSiebenSat.1 seien nicht darauf angelegt, einen "Führungssender" wie bei der RTL-Group zu stellen.
Der Nutzer Kunstbanause hält nicht nur RTL für wenig innovativ, sondern erweitert diesen Vorwurf auf die gesamte Fernsehbranche: Mangelnde Kreativität sei "nicht nur bei RTL zu beobachten. Im Moment geht überhaupt kein Sender mehr verstärkt auf Risiko, sondern versucht, seine Quoten mit Altbewährtem zu halten. Da bringt man lieber 'Klassiker' oder wiederholt US-Serien, statt einfach mal ins kalte Wasser zu springen und einfach eine neue Serie in die Primetime zu hieven. Oder mal eine wirklich neue Spielshow oder Sendung zu bringen." Dies alles geschehe aufgrund der Panik, man könne "die Zuschauer, die man hat" verlieren.
Deutlich positiver als das Programm des etablierten Marktführers äußern sich unsere User über den Start von RTL Nitro, denn das Programm des brandneuen Senders kommt fast durchweg positiv an, Michael gefällt er "bis auf wenige Ausnahmen schon jetzt besser als der Muttersender". Ähnlich begeistert gibt sich auch Andelko, der bereits fünf Tage nach dem Sendestart in ihm seinen "neuen Lieblingssender" gefunden hat, da das Programm "eine gute Mischung" aus neuen und alten Serien sei, Formate wie «Columbo» endlich chronologisch ausgestrahlt werden und auch das Abendprogramm zu gefallen wisse. Er vergleicht RTL Nitro deshalb mit "Das Vierte aus der Anfangszeit".
Für besonders hohes Interesse sorgen bislang die US-Neustarts «Modern Family» und «Nurse Jackie». Beide Serien stoßen auf viel Lob, dem Sender hält man die prominente Programmierung dieser Serien ebenso zugute wie die Möglichkeit, diese Serien auch online schauen zu können. So lobt Molino die Tatsache, dass der Sender "wirklich eine Mediathek hat" und kritisiert im selben Atemzug den Sender ZDFneo, bei dem es eine solche (noch) nicht gibt: Der öffentlich-rechtliche Sender könne sich "eine Scheibe abschneiden". Die Synchronisation von «Modern Family» wird jedoch kontrovers diskutiert, nicht wenige halten diese für misslungen.
KevinSch wiederum wählt einen anderen Ansatz für seine Kritik: Es sei bei den genannten Serien "eigentlich schade, dass sie unter Ausschluss der Öffentlichkeit gesendet werden". Zwar hält auch er RTL Nitro für "nicht schlecht", allerdings denkt er, dass «Modern Family» auch gut zu Super RTL und «Nurse Jackie» zu VOX gepasst hätten und diese Serien damit einem breiteren Publikum hätten zugänglich gemacht werden können. TomR beurteilt den Sender generell etwas kritischer als die anderen User, denn ihm ist "das Ziel der RTL-Sendergruppe" hinter RTL Nitro nicht klar. Er glaubt zudem nicht daran, dass "Wiederholungen längst vergangener Serien" ein Zuschauermagnet sein können.