
Anil, Bulut, Moho, Steven und Nayef sind zwischen 18 und 22 Jahren alt und seit einem knappen Jahrzehnt unzertrennlich. Sie alle haben ihre ganz eigenen Macken und sind wohl gerade deshalb ein Herz und eine Seele. Wenn am Wochenende Party gemacht wird, dann ist jeder für jeden da. Sei es beim allabendlichen Styling-Ritual, oder beim Abchecken der heißen Bräute. Doch auch, wenn in der Familie mal wieder dicke Luft herrscht, die Frisur nicht richtig sitzt, oder sich der Beziehungsstatus eines der „Partybrüder“ von „vergeben“ in „Single“ ändert, können die Freunde jederzeit aufeinander zählen – und die Kamera hält voll drauf. Kurzum: Alles, was die fünf Freunde erleben, erreicht die Zuschauerschaft ungeschönt über die heimische Flimmerkiste. Und besonders wichtig: es gibt kein Drehbuch, alles ist echt – zumindest in der Theorie.
VIVA bemüht sich sichtlich, die Idee von unverfälschtem Dokutainment in die Tat umzusetzen. In wackeliger Handkameraoptik und nur kommentierend unterlegt von den Stimmen der Hauptakteure selbst, erscheint «Party, Bruder!» wie ein aus Internet-Videoportalen entsprungenes Homevideo in Überlänge. Dementsprechend unstrukturiert und halbfertig wirkt die Reality-Show. In der ersten Episode präsentiert sich jeder der Fünf mit einem fertigen Vorstellungsvideo. Was machen die selbsternannten Brüder in ihrer Freizeit? Womit verdienen sie ihr Geld? Was sind ihre Vorlieben und was können sie gar nicht leiden? Die Antworten auf all diese Fragen erhält der Zuschauer in einem kurzen Videoclip und stellt schnell fest: die fünf südländischen Typen auseinanderzuhalten, dürfte in den ersten Episoden noch schwerfallen.
Zwar bekamen Anil, Bulut, Moho, Steven und Nayef von VIVA bereits vorab stereotype Rollen wie „Der Boss“, „Das Model“ und „Der Charmeur“ verpasst, doch die Hoffnung, dass sich die Jungs hierdurch konkret voneinander abheben, begraben sie durch ihre ähnliche Aussprache, ihr ähnliches Auftreten, ihre ähnliche Wortwahl und ihr ähnliches Aussehen fast von selbst. Kurzum: die Partybrüder sind allesamt viel zu nichtssagend und einander zu ähnlich, als dass sie sich durch mehr als ihre prollige und bemüht machohafte Art, sich zu geben von anderen Gesichtern der Reality-Doku-Szene abheben könnten. Um dem Zuschauer neben der Vorstellung auch noch aufzuzeigen, welche Richtung «Party, Bruder!» in den nächsten Folgen einschlagen wird, zimmerte man in Eile die Szenerie eines typischen Party-Abends der fünf Freunde um die Vorstellungsvideos herum. Man darf den selbsternannten Frauenhelden im Bad über die Schulter schauen, im Solarium dann sogar unter die Gürtellinie und wird zum mit Fremdscham behafteten Zeugen bemüht cooler Flirtversuche. Um den unverfälschten Charakter der Sendung noch zu unterstreichen, verzichteten die Macher der Sendung auch nicht darauf, einige der Bagger-Opfer, die augenscheinlich nicht vor der Kamera gesehen werden wollten, mit einem Zensurbalken vor den Augen zu versehen.

Doch was bleibt, wenn man die Frage, ob gescripted oder nicht, einmal außen vor lässt? Dann bleiben gut zwanzig Minuten Fernsehunterhaltung übrig, in denen der Zuschauer irgendeiner x-beliebigen Macho-Clique beim Party machen zuschauen kann. Nicht mehr und nicht weniger. Von privaten Problemen oder wenigstens überhaupt irgendeinem ansatzweise normalen Alltag war in der ersten Ausgabe von «Party, Bruder!» nichts zu sehen. Stattdessen präsentierten sich die Hauptfiguren unangenehm aufdringlich, machohaft uncharmant und mit einem abenteuerlichen Wortschatz ausgestattet. Der Sendung fehlt es an Struktur und einem erkennbaren roten Faden. Um in Zeiten von «Berlin – Tag und Nacht», wo vermeintliche Typen „von nebenan“ zu Zuschauerlieblingen werden, aufzufallen, brauchen Anil, Bulut, Moho, Steven und Nayef vor allem eins: ein Profil. Und dieses sollten sich die Fünf schnell zulegen, denn sonst dürfte die Essener Proll-Clique bald wieder alleine Party machen.