Die Kino-Kritiker

«Project X»

von
Zwei Schüler planen zum Geburtstag ihres Kumpels eine besondere Party – und dann nimmt das Chaos seinen Lauf.

Die 16-jährige Thessa traute ihren Augen nicht, als bei ihrer Geburtstagsfeier im Juni 2011 statt der engsten Freunde plötzlich knapp 1600 ungeladene Gäste vor der Türe standen. Grund für die Besucherschar war eine Panne beim Versenden der Partyeinladung via Facebook. So wurde die Veranstaltung nicht wie von Thessa gewollt mit dem Status „geheim“, sondern öffentlich sichtbar für alle erstellt. Ein Debakel, welches dem Mädchen zu unfreiwilliger Berühmtheit verhalf. In etwa so läuft auch die Eventplanung für die Party in Nima Nourizadehs Regiedebüt «Project X» ab. Allerdings geht es dann weitaus exzessiver zu als in Hamburg.

Die pubertierenden Schüler Costa (Oliver Cooper) und JB (Jonathan Daniel Brown) planen für den Geburtstag ihres Kumpels Thomas Kub (Thomas Mann) eine ganz besondere Party. Im großzügigen Anwesen der Kubs soll es ordentlich krachen. Ein Glück, dass auf Thomas‘ Geburtstag auch der Hochzeitstag seiner Eltern (Caitlin Dulany und Peter Mackenzie) fällt. Diese gönnen sich ein entspanntes Wochenende außerhalb der Stadt und machen somit das Haus für die Teenager sturmfrei.

In seinem Wahn lädt Costa gutmütig die halbe Schule ein – und es dauert nicht lange, bis sich im Garten der Kubs über 1000 feierwütige Jugendliche einfinden. Zur Freude Costas sind die Mädchen bester Laune und scheuen auch vor einer Runde Nacktschwimmen im Pool nicht zurück. Doch das Partyvolk hat die Rechnung ohne den Familienvater Rob (Rob Evors) von Gegenüber gemacht. Dieser ruft aufgrund der andauernden Lautstärke die Polizei – das Chaos nimmt seinen Lauf…

Noch näher als zu Thessas Fall liegen die Parallelen des Films zu einem Vorfall in Australien. Dort feierte bereits vor vier Jahren Corey Delaney so ausgelassen, dass die Gesetzeshüter sogar mit einem Hubschrauber ausrückten. Der Gastgeber wurde daraufhin verhaftet; bereut hat er seine Tat jedoch nicht. In einem Interview mit dem Fernsehsender Nine Australia feierte sich Corey als Partystar. Inwieweit die Filmversion die wahren Begebenheiten wiedergibt, ist unbekannt. Allerdings vermittelt Regisseur Nourizadehs eine hohe Authentizität – was die Verpackung angeht. Die Darsteller treten mit ihren richtigen Vornamen auf, auch das spätere Interview wurde aufgegriffen. Zudem geben Schriftzüge am Ende des Films einen Ausblick darauf, was mit den Betroffenen im Anschluss an die Party geschah. Doch soll man das Gezeigte wirklich für bare Münze nehmen?

Über weite Strecken ist «Project X» ein reiner Partyfilm mit arg wackelnden Kameras. Die Sprache ist derbe, beschäftigen sich die aufwachsenden Jungs fast pausenlos mit den Geschlechtsteilen von Frauen und Männern. Der Wunsch nach Geschlechtsverkehr auf der Party steht im Vordergrund, und daran orientiert sich der Film letztlich bis hin zum viel zu überzogenen Finale. Phasenweise darf tatsächlich gelacht werden. Manche Sprüche sitzen und einige Aktionen sind so absurd und inkorrekt, dass man gar nicht anders kann als loszuprusten. Da das Ganze wirken soll, als sei es von den Freunden selbst und von den Gästen (per Handykamera) aufgezeichnet worden, sind die Bilder dementsprechend unruhig. Dazu gesellen sich wummernde Hip Hop- und Technobeats gepaart mit verlangsamten Feierszenen. Ein denkbar einfaches Konzept, welches seine Freunde sicherlich finden wird.

Klischees lassen sich nahezu im Sekundentakt finden. Schon mit der Zeichnung der drei Hauptcharaktere ging Autor Matt Drake, der das Skript nach der Geschichte von Michael Bacall schrieb, kein Risiko ein. Das Trio wirkt nahezu wie das jugendliche Abbild der Protagonisten aus den «Hangover»-Filmen. Da wäre zum Einen der schüchterne Loser Thomas, den durch die legendäre Party schließlich die ganze Schule liebt. Ihm zur Seite steht Costa, ein Möchtegern-Macho, der vor nichts zurückschreckt und nur auf Sex aus ist. Und schließlich JB, der dicke Trottel, den jeder mal knuffen möchte, aber niemand zum Freund haben will. Auch ein völlig abgedrehter Drogenjunkie fehlt hier nicht.

Der groß angelegte Finalakt fährt dann alles auf, was wohl zu einer guten (amerikanischen) Party dazu gehören muss. Flammenwerfer, Hubschrauber, zerstörte Autos – völlig over the top. Damit büßt das Werk spätestens hier die nötige Glaubwürdigkeit ein. Wer fälschlicherweise noch dachte, dass Partys in den USA nunmal so ablaufen, muss spätestens jetzt realisieren, dass wir hier eine große Übertreibung aufgetischt bekommen. Dennoch bleibt die Frage: Welche Auswirkungen kann ein solches Bild erzeugen? Nach dem Kinostart im Entstehungsland häuften sich die Meldungen von Feten, die laut Teilnehmer dem Film «Project X» nachempfunden wurden. Eine Feier forderte gar ein Todesopfer. Die Filmemacher distanzierten sich von dem Vorwurf, ihre Arbeit würde zu ausufernden Partys im ganzen Land führen.

„Mach ne geile Party und Du wirst geliebt“ – eine fragliche Message, die «Project X» vermittelt. Die zwischenzeitlich eingestreute Geschichte von Geburtstagskind Thomas verkommt zur reinen Nebensache. Trotz einiger ansehnlicher Szenen und stellenweise gelungenem Witz bleibt im Gesamten ein überdrehter Partyfilm mit lauter Musik und vielen nackten Brüsten. Für die Filmemacher und das Zielpublikum dürften diese Argumente ausreichen.

«Project X» startet am Donnerstag, den 3. Mai, in den deutschen Kinos.

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