Der Ex-WDR-Intendant Pleitgen fürchtet, dass „der Blick durch die nationale Brille“ ins politische Bewusstsein sickern könnte.
In der am Montag erschienenen Ausgabe des Spiegels übt der ehemalige WDR-Intendant Fritz Pleitgen weit reichende Kritik an der «Tagesschau». Diese betrifft jedoch nicht die Umsetzung der Nachrichtensendung, diese sei laut Pleitgen nämlich „erstklassig gemacht“, sondern die durch die zeitliche Begrenzung bedingte Themenauswahl.
Wie der 74-Jährige ausführt, sei die «Tagesschau» „zu kurz, um das Weltgeschehen adäquat abzubilden“. Er bemängelt, dass sich die im Nachrichtenmagazin des Ersten vorgenommene Darstellung des Weltbildes im Zuge dessen stark nach Deutschland orientiere. „Gelegentlich [rücken] zweitklassige Ereignisse an erste Stelle“, weil sie sich in Deutschland zugetragen haben, während bedeutendere Meldungen aus dem Rest der Welt eine geringere Priorität erhielten.
Pleitgen, der von 2001 bis 2002 Vorsitzender der ARD war, hält diese für Tendenz für bedenklich, weil sie große Folgen für die Selbstwahrnehmung der Deutschen haben könnte: „Der Blick durch die nationale Brille fördert nationalistisches Denken. Deutschland als Nabel der Welt, das geht auf Dauer ins Grundwasser des politischen Bewusstseins.“ Um dies zu vermeiden, fordert Pleitgen, dass sich die «Tagesschau» stärker um ein repräsentativeres Bild der Weltnachrichten bemüht. Dies sollte problemlos möglich sein, denn „das Korrespondenennetz dafür ist vorhanden“, so Pleitgen.