Die Kritiker

«Die Story im Ersten: Versicherungsvertreter»

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"Das Leben ist eine riesige Torte und ich wollte mehr als nur einen Krümel vom Kuchen abhaben." Mit 25 Jahren hat Mehmet E. Göker mit dem Vertrieb privater Krankenversicherungen am Telefon seine erste Million verdient. Seine Firma, die MEG, wächst, der Umsatz steigt, neue Mitarbeiter werden angeworben, großzügige Provisionen in Aussicht gestellt und gezahlt, Incentive-Reisen und Ferraris gehören zu den Annehmlichkeiten der ranghöheren Mitarbeiter.

Mehmet E. Göker ist der Alleinherrscher in diesem Imperium, das 2009 über 1.000 Mitarbeiter beschäftigt, dem die großen Versicherungskonzerne immer absurdere Provisionen zahlen: Bis zu 8.000 Euro kassiert die MEG AG für den Abschluss eines Vertrages. Göker ist zu diesem Zeitpunkt der zweitgrößte Vermittler von privaten Krankenversicherungen in Deutschland.

Und das hat seinen Preis: „Der Druck war unerträglich hoch. Du musstest Abschlüsse machen, Abschlüsse, Abschlüsse ... Mehmet ist ja durch die Büros gelaufen: Und was hast du? Wie viel hast du? Überall hingen Kameras. Das war ein Überwachungsstaat", erzählt ein ehemaliger Mitarbeiter. Göker ist umgeben von Gefolgsleuten, die sich das Firmenlogo aufs Handgelenk tätowieren lassen, wenn er das vormacht.

Ende 2009 meldet die MEG AG Insolvenz an. Die Staatsanwaltschaft ermittelt bis heute gegen Göker u. a. wegen Untreue, Insolvenzverschleppung und unlauterem Wettbewerb. „Wissen Sie, wie lange die schon ermitteln?", fragt Göker in seiner Villa an der türkischen Ägäisküste. „Wir gehen jetzt schon ins sechste Jahr. Wünsche viel Spaß bei den Ermittlungen, weiterhin."

Das System seines Strukturvertriebs ist schon 2007 ins Wanken geraten, als Göker u.a. wegen Steuerhinterziehung zu 720.000 Euro Geldstrafe verurteilt wurde. Aktuell soll Mehmet Göker 20 Millionen Euro private Schulden haben. Wie er das zurückzahlen will? „Gar nicht", lacht Göker „wie soll man 20 Millionen zurückzahlen? Soll ich's mir aus den Rippen schneiden?" Er selbst bestreitet diese Summe ferner.

Derzeit lebt er an der türkischen Ägäisküste mit über 50 Mitstreitern. Die neue Firma aber sei nicht seine, beteuert er. Die „Göker Consulting Group" gehöre seiner Mutter, er selbst sei dort nur Angestellter.

Kritik
«Die Story im Ersten – Versicherungsvertreter» ist der Versuch einer Demontierung des Geschäftsmannes Mehmet E. Göker. Ein Mann, der für jemanden wie Regisseur Klaus Stern ein gefundenes Fressen ist.

Göker feierte mit seinen Mitarbeitern in New York ausschweifende Partys. In den Geschäftsräumen seiner Aktiengesellschaft ließ er sich mit seinen Mitarbeitern den Firmennamen auf das Handgelenk tätowieren. Bei Firmenveranstaltungen kniete er schon einmal vor seinen besten Angestellten nieder und machte ihnen den Antrag, lebenslang bei seinem Unternehmen zu bleiben, Ringe inklusive. Und bei seinen Ansprachen vor der versammelten Führungsriege seiner Firma bekommt man angesichts so mancher Videoaufnahme durchaus den Eindruck, dass hier sektenähnliche Zustände geherrscht haben müssen. Vorfälle, die natürlich bizarr sind und bei denen man gewiss mit gutem Grund hellhörig werden kann.

Allein: Klaus Stern unternimmt nicht einmal den Versuch einer differenzierten Betrachtung all der dem Anschein nach recht dubiosen Vorgänge in der MEG AG. Aus dem leidenschaftlichen Göker, der in einigen Interviews auch hier und da recht intelligente Dinge sagt, will Stern einen Stromberg machen, stellt den Großunternehmer als einen hedonistischen Widerling dar und verzichtet somit leider auf eine nuancierte Betrachtungsweise, da er sich lediglich darauf beschränkt, all die Skandale um Göker und sein Unternehmen abzugrasen und insgesamt recht wenig Analyse betrieben wird. Damit bleibt man jedoch weit unter dem, was möglich gewesen wäre – und Stern wohl auch ein wenig unter seiner Würde. Denn all die doch recht persönlichen Angriffe auf Göker hätte man zugunsten einer nuancierteren Betrachtung all der skandalösen Umstände in dessen Unternehmen ruhig herunterfahren können.

Das Erste strahlt «Die Story im Ersten: Versicherungsvertreter» am Montag, den 4. Juni 2012, um 22.45 Uhr aus.

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