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Und gerade in puncto PR zeigte das Format, wie man im Gespräch bleibt: Skandale um viel zu dünne Mädchen, das Vorleben falscher Ideale, Streitereien unter den Kandidatinnen – und das alles vor dem Hintergrund einer Hochglanzproduktion, die sich durchaus auch auf internationalem Parkett behaupten konnte. Jury-Mitglieder wie Bruce Darnell und Rolf „Rolfe“ Scheider wurden zu Kultfiguren, jede Staffel erhielt ihr eigenes Fanmagazin und die Finals fanden stets vor ausverkaufter Kulisse großer Arenen statt. Grundsätzlich zeigte «Germanys Next Topmodel» der Konkurrenz also auf, wie man ein Format wird, das auch abseits der wöchentlichen Ausstrahlung zum Gesprächsthema avanciert. Doch wie auch vielen anderen Castingshows wurde diesem Format eben jene Regelmäßigkeit zum Verhängnis.
Von Beständigkeit zur Langeweile
Bereits in den ersten beiden Staffeln schien sich ein Schema abzuzeichnen, welches man aus Sendersicht sicher als Erfolgsrezept hätte bezeichnen können. Zugegeben: in der
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Gerade auf Letzteres schien ProSieben ab sofort nicht mehr verzichten zu wollen und setzte bei der Zusammensetzung der „Competition“ von nun an auf eine nur allzu deutliche Regelmäßigkeit. Das Zauberwort lautete Typisierung. Da gab es die Vorlaute, die jede Staffel brauchte. Als Konfliktherd und als Auslöser von Streits. Es brauchte die Favoritin, die neidische Blicke auf sich zog, da ihr in den Challenges alles gelang, sie so gut wie jeden Job bekam und sich damit unfreiwillig unbeliebt machte. Dann gab es noch die Schüchterne, die erst im Laufe der Staffel aufblühte und es schließlich sogar bis ins Finale schaffte. Unter all diese Mädchen mischten sich zusätzlich noch ein paar, die sich nicht in ein Schema pressen lassen wollen und sich dementsprechend einzigartig und gerne auch mal „total verrückt“ nannten.
Diese Charakterisierungen mochten zunächst der Schlüssel zum Quotenerfolg sein: Immerhin brachten viele verschiedene Mädchentypen viel Abwechslung in die einzelnen Folgen. Betrachtete man dieses Konzept jedoch über die Dauer einiger Jahre, so erschloss sich schnell, was hierbei auf der Strecke bleiben musste: die Glaubwürdigkeit. Gerade im Hinblick auf Spin-Off-Formate wie «Die Model-WG», in welcher ProSieben besonders impulsive Charaktere einzelner Staffeln aufeinandertreffen ließ, wurde deutlich, dass der eigentliche Zweck der Show – die Modelsuche und Talentförderung – zu Gunsten der Sensationsgier zurückstecken musste. Von nun entfernte sich «Germanys Next Topmodel» in immer größeren Schritten von einem einst relativ ernstzunehmenden Wettbewerb.
Ein Titel, der kein Titel ist
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Für die Gewinnerinnen der nächsten Jahre sollten mit dem Ausgehen der Bühnenlichter der Finalarena gleichzeitig auch die Rampenlichter ausgehen, sodass man besonders auffällige Kandidatinnen – jedoch niemals die Siegerinnen selbst – oftmals später noch beim «Perfekten Promi-Dinner» oder sogar im «Dschungelcamp» wiedersehen konnte, allerdings nicht in nationalen und internationalen Modemagazinen. Der Titel „Deutschlands nächstes Topmodel“ ist aus dieser Perspektive betrachtet kein Türöffner (mehr), wie er es in der ersten Staffel einmal war, sondern lediglich der Preis für Wochen harter Arbeit vor den TV-Kameras in einem Format, das sich stetig von einer Talentshow zu einer Mischung aus Daily-Soap und Lifestyle-Magazin entwickelte. Dass der Siegerin ein Vertrag mit einer anerkannten Modelagentur winkt, die – wie sollte es anders sein –, eine 100-prozentige Tochter der Heidi Klum GmbH ist und die Klum-Familie damit auch noch nach dem Finale der eigentlichen Staffel ordentlich Geld verdient, war oftmals Teil vieler Spekulationen über Knebelverträge und Ausbeutung der Kandidatinnen. Letztlich muss man dieser Tatsache aber zu Gute halten, dass diese für die Models einen weitestgehend leichten Einstieg ins Modellleben bieten soll. Umso bedauerlicher erscheint die magere Ausbeute an wirklichen Topmodels aus allen vergangenen «Topmodel»-Staffeln.
Zukunftsmusik
Wenn am Donnerstag vor 15.000 Zuschauern in der ausverkauften Kölner Lanxess-Arena die Siegerin gekürt wird, werden sicher nicht nur die Zuschauer an den Bildschirmen ganz genau hinschauen. Gerade für potentielle Werbepartner, die die Siegerin in naher Zukunft unter Vertrag nehmen könnten, wird das finale Schaulaufen ein besonderer Event. Denn nach wie vor stellt «Germanys Next Topmodel» ein qualitativ hochwertiges Format dar, mit dessen Image man sich oder seiner Firma nicht schaden kann. Doch vor allem liegt es an der Siegerin, das Beste aus ihrem Titel zu machen und sich auch abseits der Laufstege im Gespräch zu halten.
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Entscheidet sich ProSieben in den kommenden Monaten, der Show den einstigen A-ha!-Effekt wieder zu gönnen und weniger auf das mittlerweile totgelaufene Prinzip der Mädchenzusammenstellung zu bauen, dann heißt es vielleicht 2013 etwas interessanter: „Heute habe ich ein Foto für Dich!“