Liebe Fernsehgemeinde, heute gedenken wir des Durchbruchs von Showlegende Thomas Gottschalk.
«Na Sowas!» wurde am 29. März 1982 im ZDF geboren und entstand zu einer Zeit, als der ehemalige Radio-Moderator Thomas Gottschalk mit seiner interaktiven Fernsehshow «Telespiele» im Bayrischen und Ersten Deutschen Fernsehen durch seine freche und spontane Art auf sich aufmerksam machte. Dieses Talent hatte zu jener Zeit auch der Konkurrenzkanal ZDF erkannt und warb den aufsteigenden Star kurzerhand ab. Neben «Thommys Pop-Show», einem Format, in dem er in bester Radio-Tradition vor allem aktuelle Videoclips präsentierte, bekam er dort seine eigene Interviewsendung, die seiner Karriere eine entscheidende Wendung geben sollte.
In jeder Ausgabe begrüßte er im Münchner Studio eine Handvoll prominente und nicht-prominente Gäste, mit denen er leger über populäre Themen wie Mode, Filme und Musik plauderte. Ergänzt wurden diese Interviews durch Studioaktionen (z.B. Modeschauen oder Spiele) und Auftritte von Musikkünstlern. Damit konzentrierte man das neue Format auf die beiden Stärken des Moderators, nämlich seine Musikkompetenz sowie seine lockere und spontane Gesprächsführung. Rückwirkend darf «Na Sowas!» daher als Personalityshow bezeichnet werden, denn sie war vollends auf ihren Gastgeber zugeschnitten. Das wurde auch darin deutlich, dass Gottschalk oft die einzige Konstante im Ablauf war, denn meist waren die Elemente der Produktion nur lose aneinandergereihte Nummern. So kam es beispielsweise im Jahr 1986 vor, dass in der selben Ausgabe zunächst Lebensmittel zum Spaß zermatscht wurden und einige Minuten später ein Spendenaufruf für die Aktion „Brot für die Welt“ folgte.
Einen besonderen Platz nahmen stets auch alltägliche Menschen ein, die in den vergangenen Wochen von sich redend machten. So thematisierte Gottschalk etwa den Verfasser einer ungewöhnlichen Kontaktanzeige oder begrüßte besonders alte Geräteturner (samt seines legendären Spruchs: „Passen Sie auf! In Ihrem Alter verkühlt man sich schnell die Eierstöcke!“). Daher wurde die Sendung oft auch mit den Worten „der normale Wahnsinn des Alltags“ beschrieben. Immer wieder mussten diese skurrilen Gäste aber den hochkarätigen, prominenten Gästen weichen. Unter ihnen waren unter anderem Robert Palmer, Udo Lindenberg, Tina Turner, Foreigner, Nena, Status Quo, Opus, Kim Wilde, Alice Schwarzer, David Knopfler, Didi Hallervorden, Hannelore Kohl, Jürgen von der Lippe und Anthony Perkins. Legendär wurde insbesondere die Ausgabe, in der sich Klaus Kinski Gottschalks verschachtelten Fragen verweigerte.
Wie auch bei seinen späteren Shows wurde bei den Auftritten der Prominenten oft kritisiert, dass diese lediglich ihren aktuellen Film, ihre neue Platte oder das frische Buch promoten würden, was mit dem Schleichwerbungsverbot nicht vereinbar gewesen sei. Gottschalk rechtfertigte dies fortwährend damit, dass es nötig sei, um derartige Gäste überhaupt in die Sendung locken zu können. Ein Argument, das er insbesondere auch für «Wetten, dass..?» mehrfach wiederholte. Besonderen Anstoß fand in diesem Zusammenhang der Auftritt von Mike Krüger, mit dem Gottschalk ausführlich über ihren gemeinsamen Kinofilm «Die Supernasen» sprach.
In den ersten Ausgaben gab es zudem eine Rubrik, in der Fernsehzuschauer während der Live-Sendung mit Stargästen überrascht wurden, die dann im heimischen Wohnzimmer auftraten. Dies sollte die Interaktivität und den Austausch mit den Zuschauern erhöhen. Eine ähnliche Reihe übernahm Gottschalk auch in seine spätere Sat.1-Show «Gottschalks Hausparty». Das Grundkonzept von «Na Sowas!», nämlich Unterhaltungen mit Persönlichkeiten zu führen, die aktuell im Gespräch sind, war auch der Kern seiner RTL-Programme «Gottschalk» und «Gottschalk Late Night» sowie seines ARD-Vorabendformats «Gottschalk Live». Auch der Fokus auf Prominente, die schon damals zu erkennende Selbstverliebtheit und der Hang zu unverständlichen Fragen, sollten seine späteren Formate bestimmen. Kurz, «Na Sowas!» stellte quasi den Urtyp aller späteren Gottschalk-Shows dar.
Ausgestrahlt wurde die 45minütige Produktion im Zwei- bis Vier-Wochenrhythmus um 19.30 Uhr. Zunächst geschah dies montags, ab 1984 mittwochs und ein Jahr später sogar samstags. Neben dem zeitgemäßen 80er-Look der Sendung, und den großen Stars sorgte vor allem Gottschalks zwanglose und nie besonders tiefgründige oder gar journalistische Art für enorme Einschaltquoten und machten ihn innerhalb kürzester Zeit deutschlandweit bekannt. Die Presse überschlug sich, trotz einiger Fehltritte durch unbedachte Äußerungen, mit wohlwollenden Artikeln und beschrieb ihn als „Deutschlands Sonnyboy Nummer eins“, „Deutschlands Charmeprinz“ oder als „Liebling der Großmütter und Teenager“. Diese Beliebtheit brachte ihm im Jahr 1987 dann auch das Angebot ein, den Samstagabenderfolg «Wetten, dass..?» von Frank Elstner zu übernehmen, wofür er seine „kleine“ ZDF-Show aufgab. Das Nachfolgeformat «Na siehste» moderierte dann übrigens Gottschalks enger Freund Günther Jauch.
«Na Sowas!» wurde am 30. Mai 1987 beerdigt und erreichte ein Alter von 75 Folgen. Die Show hinterließ den Moderator Thomas Gottschalk, der zu einem der größten Showmaster Deutschlands aufstieg. Anfang der 1990er Jahre wechselte er zum Privatsender RTL und legte dort mit seiner Late-Night-Show den Grundstein für die späteren Formate «RTL Nachtshow» und die «Harald Schmidt Show». Ab 1995 präsentierte er für Sat.1 neben «Gottschalks Hausparty» auch die Dauerwerbesendungen «Gottschalk kommt» und «Die Lange Kulmbacher Filmnacht». Seit der Jahrtrausendwende arbeitete er dann nur noch für das ZDF und führte unter anderem durch die Talkreihe «Gottschalk & Friends». Für Aufsehen sorgte außerdem sein Song „What Happened To Rock 'n' Roll“, mit dem er beinahe beim «Eurovision Song Contest» angetreten wäre. Nach seinem Ausstieg bei «Wetten, dass..?» wechselte er zur ARD und präsentierte dort bis Juni 2012 mit «Gottschalk Live» eine tägliche Vorabendshow, die «Na Sowas!» inhaltlich und konzeptuell sehr ähnelte, aber erfolglos blieb. Im Jahr 1995 versuchte sich der Sender RTL II unter dem Titel «Na also!» übrigens an einer einer Neuauflage der Idee, scheiterte aber damit.
Möge die Show in Frieden ruhen!
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Die nächste Ausgabe des Fernsehfriedhofs erscheint am kommenden Donnerstag und widmet sich dann dem Ursprung der nachmittäglichen Gerichtsshows.