Quotenmeter.de erinnert an all die Fernsehformate, die längst im Schleier der Vergessenheit untergegangen sind. Folge 197: Eine aufgeblasene Kopie von «Blondes Gift», die von Barbara Schöneberger sogar selbst moderiert wurde.
Liebe Fernsehgemeinde, heute gedenken wir des Beweises, dass weniger manchmal eben doch mehr sein kann.
«Die Schöneberger Show» wurde am 01. Februar 2003 im ZDF geboren und entstand zu einer Zeit als der Kanal eine weitere Verjüngungsoffensive ankündigte. Erreicht werden sollte diese vor allem durch die Übernahme von innovativen Formaten und die Verpflichtung von aufstrebenden Talenten. In diesem Zuge wurden die Senderverantwortlichen auch auf die Moderatorin Barbara Schöneberger aufmerksam.
Diese absolvierte ihre ersten Fernsehschritte ab 1996 an der Seite von Elmar Hörig als Assistentin in der täglichen Gameshow «Bube, Dame, Hörig». Während eines schlagfertigen Auftritts in der «Harald Schmidt Show» wurde Brainpool-Produzent Ralf Günther auf Schöneberger aufmerksam und engagierte sie als festes Panel-Mitglied für die Impro-Comedy «Voll witzig!». Danach übernahm sie an der Seite von Matthias Opdenhövel die Moderation der sonntäglichen Morgensendung «Weck Up» und ab Januar 2001 die Präsentation des gescheiterten «Big Brother»-Klons «Girlscamp». Fast parallel startete ihre eigene Personalityshow «Blondes Gift» bei SunTV, einer Produktionsgemeinschaft aus verschiedenen Ballungsraum-Sendern. In dieser begrüßte sie in einem winzigen Studio jeweils einen Prominenten, mit dem sie witzige Interviews führte und speziell auf den Gast zugeschnittene Partyspielchen machte. Das simple Konzept war derart perfekt auf Schönebergers Improvisationstalent und ihre vorlaute Art zugeschnitten, dass es trotz seiner beschränkten Reichweite deutschlandweit bekannt wurde und nach der Insolvenz von SunTV vom WDR fast nahtlos übernommen und fortgesetzt wurde. Diese Erfolgsgeschichte ging offenbar auch an den Führungskräften des ZDF nicht vorbei, die Schöneberger im Herbst 2002 unter Vertrag nahmen und ihr eine eigene Sendung versprachen.
Anders als bei der «WIB-Schaukel» mit Wigald Boning, die ebenfalls auf SunTV lief und nur kurz vorher vollständig vom ZDF übernommen wurde, wanderte nur Schöneberger, nicht aber ihr Erfolgsformat «Blondes Gift» ins bundesweite Fernsehen. Dennoch glich ihre dortige Show stark dem vorherigen Konzept, denn auch dort stand in jeder Ausgabe ein Prominenter im Zentrum, um den der jeweilige Ablauf konstruiert wurde. Anders als bei den Lokalsendern kamen nun hochkarätige TV-Gesichter wie Johannes B. Kerner, Karl Dall, Anke Engelke, Herbert Feuerstein, Hella von Sinnen, Thomas Hermanns, Dirk Bach, Wigald Boning und Michael "Bully" Herbig. Sie traten dann nicht nur im Studio auf und stellten sich den nicht immer ernst gemeinten Fragen der Gastgeberin, sondern wirkten auch stets in einer hochwertig produzierten Filmparodie mit. Unter anderem wurden darin die Blockbuster «Forrest Gump», «Yentl» oder «Harry & Sally» persifliert. Zusätzlich wurde der jeweilige Gast mit Auftritten von befreundeten Promis, aufwendigeren Partyspielchen und seinem Lieblingssong, den Schöneberger sang, überrascht.
Während «Blondes Gift» in einem winzigen 18qm-großen Studio ohne Livepublikum produziert wurde und dadurch eine besondere Atmosphäre hatte, war die ZDF-Variante größer angelegt. Schöneberger standen nun eine geräumige Bühne mit eleganter Dekoration, eine Showtreppe, eine Band und jeweils rund 200 Zuschauer im Saal zur Verfügung. Dadurch erhielt das Late-Night-Konzept den Look einer großen Samstagabendshow, der ihr aber nie wirklich zu passen und spontane Momente oft zu verhindern schien.
Die aufwendige Produktion erhielt dann passenderweise auch einen Sendeplatz am Samstagabend, allerdings nicht in der Primetime, sondern nach dem «Aktuellen Sportstudio», was meist gegen 23.15 Uhr war. Die Hoffnungen seitens des Senders waren entsprechend groß, wie es unter anderem ZDF-Showchef Manfred Teubner formulierte: "Ich glaube fest an eine große Zukunft von Barbara Schöneberger in der deutschen Fernsehunterhaltung." Auch die Moderatorin selbst erwartete eine Langlebigkeit ihres Programms: „Im Prinzip war das ZDF von Anfang an unser Favorit, weil die Erfahrung lehrt, dass hier doch eine längere Laufzeit relativ sicher ist, während bei den Privaten Formate auch schon mal nach der zweiten oder dritten Folge eingestampft werden, wenn die Quote nicht stimmt“, sagte sie noch kurz vor dem Start gegenüber dem SPIEGEL.
Doch es sollte anders kommen. Obwohl sich die Sendung über eine breite und wohlwollende Presseberichterstattung freuen konnte, waren die Sehbeteiligungen der dreiviertelstündigen Ausgaben von Beginn an verhalten und konnten den erhofften Verjüngungseffekt nicht einleiten. Nach rund einem halben Jahr ließ der Kanal die Produktion daher einstellen, versicherte aber auch künftig mit Schöneberger zusammenarbeiten zu wollen.
«Die Schöneberger Show» wurde am 05. Juli 2003 beerdigt und erreichte ein Alter von 15 Folgen plus zwei Best-Ofs. Die Show hinterließ die Moderatorin Barbara Schöneberger, deren weiter parallel laufende Sendung «Blondes Gift» Ende des gleichen Jahres vom WDR auch eingestellt und dann überraschenderweise von ProSieben für weitere 17 Monate fortgesetzt wurde. Dort präsentierte sie mit «Soundtrack Of My Life» außerdem eine wenig erfolgreiche Retro-Reihe. Für RTL produzierte sie zusammen mit Dirk Bach einige «Mania»-Specials und die Impro-Comedy «Frei Schnauze». Aktuell ist sie abseits einiger Events hauptsächlich als Gastgeberin der «NDR Talkshow» zu sehen.
Möge die Show in Frieden ruhen!
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