Die Kritiker

«Der elfte Tag – Die Überlebenden von München 1972»

von
Zum vierzigsten Jahrestag des Geiseldramas von München 1972 kehren sieben israelische Sportler an den Ort des Geschehens zurück.

Der 5. September 1972 gilt als der Tag, an dem der Olympische Geist einen irreparablen Schaden nahm: In der Nacht zum elften Tag der Olympischen Spiele in München fielen acht Terroristen in die Quartiere der israelischen Sportler ein, wo sie zwölf Geiseln nahmen. Eine konnte fliehen, die übrigen Geiseln, ein Polizeibeamter und fünf der Attentäter kamen im Laufe der dramatischen Ereignisse, deren Bilder sich ins kollektive Bewusstsein brannten, ums Leben. Anlässlich des anstehenden, vierzigsten Jahrestages dieser Tragödie kehrten sieben Überlebende aus dem israelischen Olympia-Team nach München zurück.

Die Dokumentation «Der elfte Tag – Die Überlebenden von München 1972», eine Eigenproduktion des deutschen Pay-TV-Kanals The Biography Channel, begleitet die früheren Olympioniken, wie sie das Olympiastadion und den Ort des Geschehens, ihr ehemaliges Quartier in der Connollystraße, besuchen. Außerdem teilen sie untereinander sowie in Einzelinterviews mit dem Team von Autor und Produzent Emanuel Rotstein ihre Erinnerungen an die Tragödie und sprechen darüber, wie sie sich bis heute auf ihr Gefühlsleben auswirkt.

Dadurch, dass sich die Dokumentarfilmer dem Geiseldrama von München 1972 nahezu ausschließlich über die sieben Überlebenden Dan Alon, Henry Hershkovitz, Prof. Dr. Shaul Paul Ladany, Avraham Melamed, Zelig Shtorch, Gad Tsabary und Yehuda Weinstain nähern, hebt sich «Der elfte Tag» von den zahlreichen anderen dokumentarischen und fiktionalisierten Thematisierungen des Ereignisses ab. Das Archivmaterial aus Nachrichtensendungen wird auf ein Minimum begrenzt, stattdessen rekonstruieren vorrangig die Überlebenden mit Privataufnahmen und ihren Erzählungen, wie sich die Tragödie abgespielt hat. Dies verleiht der Dokumentation eine authentische Emotionalität, die ohne jegliche Effekthascherei ausgespielt wird.

Zwar bleibt dem Fernsehzuschauer somit ein ausführlicher Blick auf den größeren politischen Kontext der Geiselnahme verwehrt, ebenso wie auf die Bemühungen der Polizei, die Situation zu klären, allerdings wurden diese Fragen bereits in anderen Dokumentationen abgedeckt. «Der elfte Tag – Die Überlebenden von München 1972» liefert stattdessen persönlichere Betrachtungen der Tragödie. So sprechen die Überlebenden unter anderem die bittere Ironie an, dass die Bemühungen Deutschlands, mit den „ heiteren Spielen“ die Olympischen Spiele von Berlin 1936 vergessen zu machen, es den Attentätern erleichterten. Freundschaft wurde 1972 größer geschrieben als Sicherheit, zu Gunsten einer ungezwungenen, einladenden Atmosphäre verzichteten die Veranstalter auf strenge Kontrollen in den Olympischen Dörfern, welche Mannschaft wo quartiert wurde einem Sommerlager gleich öffentlich angeschlagen.

Entgegen des Sendungstitels und der Ankündigung des Produzenten Emanuel Rotstein, mit dieser Dokumentation die Geschichten der „ aus der Erinnerungskultur praktisch ausgeblendet[en]“ erzählen zu wollen, stellen die Überlebenden allerdings nicht den thematischen Schwerpunkt von «Der elfte Tag – Die Überlebenden von München 1972» dar. Zwar sind sie dadurch, dass sie die Tragödie aus rekonstruieren und mit ihren Empfindungen kommentieren, die Hauptakteure, doch von ihrem Leben vor und vor allem auch nach München 1972 berichtet die Dokumentation nur ansatzweise. Dadurch, dass «Der elfte Tag – Die Überlebenden von München 1972» sehr gut produziert ist und sich dem viel besprochenen Thema auf eine eigene, gefühlvolle und stringent verfolgte Weise nähert, ist diese Dokumentation trotz dieses kleinen Versäumnisses für jeden Interessierten eine klare Einschaltempfehlung.

The Biography Channel strahlt «Der elfte Tag – Die Überlebenden von München 1972» am 7. Juli um 20 Uhr aus, parallel dazu wird die Dokumentation auch auf dem Schwesternsender History gezeigt. Wiederholungen erfolgen am 21. Juli und am 5. September jeweils um 20 Uhr auf The Biography Channel.

Kurz-URL: qmde.de/57750
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