Nach «Brot und Spiele» stellt sich die Frage nach einem modernen Samstagabendshow-Rezept erneut.
Was Matthias Opdenhövel am Samstagabend in seiner großen Show «Brot und Spiele» veranstaltet hat, war ein Versuch – und wahrscheinlich nicht viel mehr. Es war der Versuch, die Samstagabendshow im Ersten zu modernisieren, sie mit bekannten und frischen Elementen zu einem innovativen Unterhaltungs-Mix zu verrühren: Die bekannten Elemente waren die Promis, die sich in klassischer Raab-Manier duellierten. Die frischen Elemente waren die – für eine Unterhaltungsshow – sehr ausführlichen geschichtlichen Wissensbrocken, die der Zuschauer serviert bekam.
Aufgegangen ist dieser Mix nur mäßig, denn Kritiker bemängelten langatmige Spiele, die Quoten waren nur beim jungen Publikum bemerkenswert. Opdenhövels Live-Show endete mehrere Minuten früher als geplant und hinterließ die Zuschauer mit einem ebensolchen Eindruck: Irgendwie wirkte «Brot und Spiele» unfertig, also „work in progress“ – wie die gesamte samstägliche Showunterhaltung, die derzeit in eine experimentelle Phase übergeht. Nicht nur, weil «Wetten, dass..?» sich neu erfinden muss.
Die klassischen Samstagabendshows waren – neben dem Casting-Genre – in den vergangenen Jahren von Promi-Spielshows dominiert, deren Gesicht zunächst fast im Alleingang Jörg Pilawa war. Bis man merkte, dass nicht nur jede dieser Quizshows austauschbar ist, sondern auch der Moderator selbst. Das andere Gesicht der Samstagabend-Unterhaltung war in den letzten Jahren Stefan Raab, der die sportlichen Action-Wettkämpfe erfand und damit wieder Nachahmer produzierte: beispielsweise mit ähnlichen Spielshows im Ersten, zunächst wieder mit Moderator Pilawa, nun mit besagtem Matthias Opdenhövel.
Zwei Elemente sind für diese Art von Shows typisch: einerseits, dass sie im Laufe der Jahre immer größer und bombastischer erscheinen, andererseits, dass sie offenbar nur mit den üblichen Promis auskommen können. Aber will wirklich irgendein Zuschauer Ralf Möller, Bernhard Hoecker und andere in antiker Tracht gegeneinander kämpfen sehen – und das auch noch im Ersten?
Thomas Bellut, ZDF-Intendant, bescheinigte Castingshows und dem klassischen Quiz jüngst in einem Interview, dass deren Zenit im Unterhaltungs-Genre überschritten sei. "Die große Show muss neue Impulse bekommen", fordert Bellut – und baut auf Oliver Fuchs, der neuer Unterhaltungschef des ZDF wird. Vielleicht braucht das Genre neue Impulse, indem es den gegenteiligen Weg einschlägt, der in den letzten zehn Jahren gegangen wurde. Erstens: Hin zu normalen Kandidaten, die für sich viel Geld gewinnen können – und weg von den Promis, die nur für den guten Zweck spielen und die Spielshow-Spannung von vornherein abwürgen. Formate wie «17 Meter» und «Opdenhövels Countdown», aber jüngst auch «Ab durch die Mitte» in Sat.1, zeigen, dass ohne Promis bereits viel gewonnen ist.
Und zweitens: Weg vom Bombast, vom unnötigen „Spektakel“, wie Opdenhövels «Brot und Spiele» am Samstag untertitelt wurde und wie es die Castingshows bis ins Exzessive penetrieren. Gegenüber solchen Formaten ist «Schlag den Raab» fast ein Kammerspiel. «Wetten, dass..?» wirkte in seinen erfolgreichsten Jahren wie eines. Und «Geld oder Liebe», die wohl sympathischste Spielshow der 90er, hat am besten vorgemacht, dass das Spektakel keineswegs die Zutat für das Erfolgsrezept Samstagabendshow ist: Nein, vieles hängt vom Moderator ab – und Das Erste hat mit Matthias Opdenhövel nun einen der talentiertesten, der ein Spektakel nicht nötig hat und mit dem man hoffnungsvoll neue Unterhaltungs-Wege beschreiten kann. Demnächst hoffentlich wieder ohne Promis.
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