Popcorn & Rollenwechsel

Gewinner, Verlierer und Überraschungen der Comic Con

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Die großen Sensationen blieben aus, doch die San Diego Comic Con 2012 hatte viele mittelgroße Überraschungen zu bieten.

Einmal im Jahr blickt die Filmwelt nach San Diego, um zu verfolgen, was sich die Hollywoodstudios alles ausgedacht haben, um einige ihrer kommenden Filme den Nerds und Geeks anzupreisen, die die Comic Con besuchen. Zugleich stellen sich wieder einige Zweifler, ob die Comic Con in Wahrheit alles andere, als der große Erfolgsbringer ist, für den ihn die Hollywoodstudios halten. Die Liste von Filmen, die auf der San Diego Comic Con das Publikum in Jubel versetzten, im Kino aber untergingen, ist erstaunlich lang. «Tron: Legacy» wurde auf der Comic Con erstmals angekündigt, indem Disney von diesem Film, mit dem niemand rechnete, ohne jede Vorwarnung erstes Arbeitsmaterial zeigte. In den Jahren darauf kehrte der Film immer wieder zur Con zurück, einmal baute Disney sogar mitten in der Stadt eine authentische Videospiel-Arcarde auf, in deren Keller eine Ausstellung von Filmrequisiten versteckt war. Das Con-Publikum war begeistert, die Kinoeinnahmen dagegen eher so lala.

Jack Blacks Band Tenacious D gab auf der Comic Con ein Gratiskonzert um den Film «Tenacious D: Kings of Rock» zu bewerben, doch die Rockkomödie wurde zu einem massiven Flop. Edgar Wrights «Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt» war auf der Con ein wahrer Renner, im Kino aus finanzieller Sicht ein Stinker. Diese Liste könnte man noch beliebig fortführen, auf der Gegenseite steht dagegen etwa nur «Kick-Ass», der ohne Verleih zur Con ging, dort super ankam und letztlich erträglich genug war, um eine Fortsetzung zu rechtfertigen.

Welche der dieses Jahr auf der Comic Con präsentierten Filme Gewinner und Verlierer sind, lässt sich selbstredend noch nicht feststellen. Zumindest nicht im Hinblick auf die Einnahmen. Doch es lässt sich anhand der Reaktionen auf die Promoaktionen und Filmpräsentationen natürlich bereits einschätzen, was bei den Besuchern ankam und was nicht. Besonders großen Nachhall generieren selbstredend stets die besonders großen Marketingideen, wie etwa Poolpartys oder die besagte «Tron: Legacy»-Arcade, Gerade solche aufwändigen Aktionen fanden dieses Jahr allerdings kaum statt. Einzige Ausnahme stellte eine von den Marvel Studios entworfene Schnitzeljagd dar, deren Belohnung eine Vorführung des Kurzfilms «Item 47» war, der auf der Blu-ray-Komplettbox zu den «Avengers»-Filmen enthalten sein wird.

Während aber die auffälligen Promokampagnen dieses Jahr etwas kleiner ausfielen, häuften sich dafür die mittelgroßen Überraschungen. Auch hier gilt, dass kein Studio solch eine Sensation aus dem Hut zauberte, wie Disney einst mit der «Tron: Legacy»-Ankündigung in Form eines Trailers, aber dennoch gab es einige Fälle, in denen eine ähnliche Wirkung beabsichtigt war. Der erste große, unangekündigte Trailer der Con war der zu «The Lone Ranger», der zwar für einige euphorische Reaktionen sorgte, aber dennoch nicht mit früheren Überraschungsankündigungen zu vergleichen ist, da eh schon die Frage im Raum stand, wann mit dem ersten Trailer zu rechnen ist.

Man kann durchaus davon sprechen, dass «The Lone Ranger» von der Con profitierte. Zuvor äußerten viele US-Filmjournalisten völliges Unverständnis für das pompöse Budget, nun dagegen berichten viele US-Blogs begeistert über «The Lone Ranger», da ihnen der Trailer gefiel und der Look in den Augen vieler das hohe Budget rechtfertigt. Trotzdem steht die Frage im Raum, ob der Trailer seinen Job nicht auch getan hätte, wäre er einfach regulär veröffentlicht worden. Ähnlich verfuhr Legendary Pictures mit seinem «Godzilla»-Remake, welches längst angekündigt wurde, doch mit dem auf der Con gezeigtem Testmaterial einen starken Eindruck machen konnte und vorführte, dass der Film einen düster-realistischeren Tonfall anschlagen möchte.

Die Marvel Studios überraschten wiederum mit einer (erst vor zwei Wochen abgedrehten) Testsequenz zu Edgar Wrights «Ant-Man», einem Film, über den seit 2006 zwar spekuliert wurde, der bislang allerdings keine offizielle Ankündigung erhielt. Die Testszene präsentierte das Konzept, das Wright mit seinem Film vorschwebt und spielte mit sehr viel Humor. Außerdem gab Marvel Comicfans einen deutlichen Hinweis, wovon das «Captain America»-Sequel handeln wird, indem der Filmtitel enthüllt wurde («Captain America: The Winter Soldier», Fans wissen nun, dass es Rückblenden in die Ära des Zweiten Weltkriegs sowie Szenen in der Gegenwart sowie ein Wiedersehen mit einem alten Bekannten geben wird) und einige Ausschnitte aus «Iron Man 3» beendeten die ewigen Spekulationen um den Schurken den es im Actioner zu sehen geben wird. Ja, Ben Kingsley spielt Iron Mans Erzschurken Mandarin, auch wenn zuvor anderes behauptet wurde. Darüber hinaus wurde auch offiziell bestätigt, dass am 1. August 2014 der «Guardians of the Galaxy»-Film starten wird, über den bislang bloß spekuliert wurde.

Der große Gewinner dieser Comic Con war derweil Neill Blomkamps Science-Fictioner «Elysium». Im Vorfeld herrschte bereits Neugier, wie sich der Regisseur des Überraschungserfolgs «District 9» mit seinem Zweitwerk schlagen wird, doch nach der Vorführung von sieben Minuten Filmmaterial aus dem aufwändigen Thriller mit Matt Damon und Jodie Foster herrschte auf den einschlägigen Filmportalen ein ungeheuerlicher Enthusiasmus, der sicherlich viele Leser überhaupt erst einmal auf den Film aufmerksam gemacht hat. «Elysium» spielt in einer Zukunft, in der die Reichen und Mächtigen die heruntergekommene Erde verlassen haben, um es sich in einer Raumstation gut gehen zu lassen. Foster spielt eine Regierungsbeamtin, die sicherstellt, dass sich daran nichts ändert und niemand unerlaubt in diese Station eindringt. Matt Damons Rolle könnte diese Zwei-Klassen-Gesellschaft, wenngleich nicht vollauf freiwillig, zum Einsturz bringen.

Der potentielle Verlierer der Comic Con? Zumindest den Fan-Reaktionen nach zu urteilen hat sich Regisseur Len Wiseman neue Feinde gemacht, als er im Rahmen der Präsentation seines «Total Recall»-Remakes gestand, niemals den Sci-Fi-Genreklassiker «Metropolis» gesehen zu haben. Doch selbst wenn Wiseman somit bei einigen Fans an Ansehen verlor: Den Comic-Con-Effekt darf man nicht überschätzen. Sollte Wisemans «Total Recall» demnächst an den US-Kinokassen scheitern, wäre es irrational, mit dem Finger auf den Comic-Con-Auftritt zu zeigen und dort den Ursprung dieses Zuschauerdesinteresses zu vermuten. Wenn «Tron: Legacy» nach jahrelangen Begeisterungsstürmen dennoch keine Kinorekorde brechen konnte, wird Len Wisemans cineastische Wissenslücke auch nicht Millionen von potentiellen Besuchern abschrecken.

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