
Gleichzeitig scheint es unwahrscheinlich, dass diese Änderung dazu führen wird, schlicht mehr neue «Tatort»-Folgen pro Jahr zu produzieren. So werden die beiden neuen Reihen um Schweiger und Möhring etwa nur auf eine neue Folge pro Saison kommen. Die gleiche Schlagzahl scheint für den Schweizer Ableger zu gelten, dessen erste neue Ausgabe im August vor einem Jahr lief, während die zweite am 28. Mai 2012 als die letzte vor der Sommerpause ausgestrahlt wurde. Das beliebte Münsteraner-Duo Thiel und Börne schafft es ebenso auf nur zwei Folgen pro Jahr. Die Zeiten, in denen Ermittlerteams vier oder gar fünf Mal im Jahr zu sehen waren, scheinen zumindest zu weiten Teilen vorbei zu sein. Der Trend ist klar: Der «Tatort» entzerrt sich, wird dadurch, dass es bald so viele verschiedene Reihen gibt wie noch nie zuvor, vielseitiger.

In einem Interview mit dem Medienmagazin DWDL.de führte «Tatort»-Koordinator Gebhard Henke noch weitere, eher pragmatische Gründe an, warum mehr Reihen und weniger Folgen pro Reihe durchaus Sinn machen. Schließlich ist es bei einer Schlagzahl von lediglich ein oder zwei Folgen pro Jahr einfacher, prominente und/oder sehr versierte Darsteller wie Til Schweiger, Wotan Wilke Möhring, Jan Josef Liefers oder Axel Prahl an Bord zu holen, die allesamt (verständlicherweise) noch an einer Vielzahl anderer Projekte arbeiten wollen, was sich bei einem Kontingent von vier oder gar noch mehr zu produzierenden Folgen pro Jahr kaum realisieren lassen würde. Und ohnehin: Auch Henke hat Bedenken, dass sich pro Jahr fünf gute Drehbücher für jede Reihe entwickeln ließen. Ein Grundsatzproblem, das der Funktionsweise des deutschen Fernsehmarkts geschuldet ist, und dem man durch eine Verringerung der Anzahl der herzustellenden Episoden aus dem Weg gehen kann.

Diese Kritik lässt sich jedoch recht schnell entkräften. Denn der «Tatort», in dem die Figurenführung mit am stärksten im dramaturgischen Zentrum steht, ist die Münsteraner Reihe um Thiel und Börne – und dieses Duo ist seit ihrer ersten Folge 2002 nur zweimal im Jahr zu sehen. Wenn man sich die Einschaltquoten ansieht, stellt man fest, dass gerade dieses Ermittlerteam beim Publikum besonders gut ankommt. Dass es erzählenswerte Geschichten gäbe, die man aufgrund der geringen Anzahl an jährlich hergestellten Folgen nicht angehen könnte, lässt sich zumindest an diesem Beispiel nicht erkennen. Zwar mag es durchaus nur sehr wenige Handlungsbögen geben, die sich über mehrere Ausgaben erstrecken, doch auf die amüsante Grundkonstellation zwischen den Protagonisten, aus der sich der Reiz der Reihe speißt, hat dies keinerlei Auswirkung.
Was sich jedoch vielleicht erkennen lässt, ist eine straffere Erzählweise. Und die Tatsache, dass Thiel und Börne auch nach zehn Jahren immer noch ein großes Publikum und die versammelte Kritikerschaft unterhalten. Zwar nur zweimal im Jahr, dafür aber langfristig.