Rob Vegas

Der Aufstand der Netten?

von
Im Fernsehen tobt derzeit ein Krieg um Aufmerksamkeit. Die Gunst der Zuschauer gilt es sich zu erkämpfen und die dunkle Seite der Macht scheint bald das Sofa einzunehmen. Wann proben nur die Netten den Aufstand? Es ist an der Zeit.

Ist der Rob Vegas nun völlig bekloppt? Das wäre nun wirklich eine Frage für meinen Therapeuten. Nur kann ich mir diesen Luxus gar nicht erlauben. Beim derzeitigen Programm im Fernsehen könnte man dafür aber durchaus einmal bei der Krankenkasse nachfragen. Es geht um Aufmerksamkeit. Formate werden nicht besser, sondern lauter. Ein Model casten und ihr einen Weg ins Business bauen? Das wäre heute nicht mehr genug. Man muss schon mindestens eine Million Preisgeld kräftig bewerben. Die Million bei Günther Jauch? Wirkt schon fast ein wenig langweilig. Wann kommt das Milliarden-Quiz? Ausgesorgt mit einer einzigen Quizshow. 15 Fragen bis zum Ruhestand. Die Fragen? Der Spaß am Quiz? Das Knobeln mit der Familie vor der Glotze? Längst Nebensache und bestenfalls noch Grund für eine bombastische Kulisse.

Aktuelle Rob Vegas Show



Nur wo gibt es eigentlich das nette Format? Unaufgeregtheit? Ein netter Typ der gute Interviews im Fernsehen macht? Eine einfache, aber spannende Quizshow wie Jeopardy mit einem Ohrwurm? Ein Format mit 20 Jahren Laufzeit, weil es halt nicht nach sekündlicher Aufmerksamkeit giert? Sie haben die Idee für eine nette Talkshow mit besonderen Gästen? Komiker Jerry Seinfeld hat sich nun ein Webformat ausgedacht. Er lädt Komiker auf einen Kaffee ein und fährt mit ihnen in tollen Autos durch die Gegend. Das wirkt so unaufgeregt. So locker. So handwerklich gut gemacht. Fast schon altbacken. Und doch vermisse ich diese leise Art der Unterhaltung hier in Deutschland.

Comedians in cars getting coffee



Hier wird es jeden Tag lauter. Noch mehr Tragik beimischen. Mehr Schadenfreude. Mehr Ekel. Mehr Superlative. Mehr Promis. Mehr Spiele. Mehr Voting, Casting und mehr Jury. Warum? Unterhaltung benötigt in erster Linie einen Stuhl und eine Bühne. Das war immer so. Die Kunst ist es nur allein mit diesem Stuhl und einer Person das Publikum zu erheitern. Nur nette Formate senden? Ich bitte Sie! Das würde jeder Programmchef dankend ablehnen. Gab es schon. Nicht edgy genug.

Finden Sie das auch? Warum muss immer alles laut und nah an der Gürtellinie sein? Die erfolgreichsten Personen in der Geschichte waren es nie. Charlie Chaplin? Weltweit bis in alle Ewigkeit bekannt. Elmo? Der Star der Sesamstraße. Sein Sinn? Er verkörpert Liebe. Elmo hat auf YouTube ohne Schadenfreude und ohne Fäkalhumor hundert Millionen Zuschauer. Peter Alexander? War er böse und gierte nach Aufmerksamkeit? Vielmehr war er ein Gastgeber und schmunzelte gern.

Warum es mir auf die Nerven geht? Selbst mir sagen Menschen manchmal: Du musst Aufreger drehen, Rob! Du müsstest böser werden. Härter im Humor. Guerilla-Aktionen. Leute auf der Straße nerven.

Wissen Sie was? Ich zeige den Menschen dann immer das Video von Elmo und seinem Song. Es ist sehr viel schwieriger auf nette Art und Weise zu unterhalten. Ohne Menschen der Schadenfreude auszusetzen. Vielleicht sollte sich das Fernsehen diese Aufgabe selbst auch öfter stellen. 73 Millionen von Kindern und Zuschauern können nicht irren.



Ihr

Rob Vegas

Kurz-URL: qmde.de/58189
Teile ich auf...
Kontakt
vorheriger ArtikelÜberraschung: Sat.1 vor RTL und ProSiebennächster ArtikelPopcorn und Rollenwechsel: Batman und seine angeblichen Logiklöcher
Weitere Neuigkeiten

Optionen

Drucken Merken Leserbrief



Heute für Sie im Dienst: Fabian Riedner Veit-Luca Roth

E-Mail:

Quotenletter   Mo-Fr, 10 Uhr

Abendausgabe   Mo-Fr, 16 Uhr

Datenschutz-Info

Letzte Meldungen

Werbung

Mehr aus diesem Ressort


Jobs » Vollzeit, Teilzeit, Praktika


Surftipp


Surftipps


Werbung