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Der Fokus der Sendeanstalt liegt zunächst einmal genau dort, wo ihn der wirklich am Sport interessierte Zuschauer auch haben möchte: Auf Liveübertragungen der Sportveranstaltungen. Dies merkt man alleine schon daran, dass es im Gegensatz zum Ersten und dem ZDF kein Livestudio gibt, welches alleine rund ein Drittel der Sendezeit in Anspruch nimmt. Stattdessen zeigt man die wenigen Interviews, die in die Berichterstattung integriert sind, meist vom jeweiligen Ort des Geschehens. Statt hierfür viel Zeit verstreichen zu lassen, fängt man hier in der Regel kurze, prägnante Aussagen ein, bevor rasch zur nächsten Spielstätte geschaltet wird. Das Format «London Eye» informiert zwei bis drei Mal am Tag - nicht in einer Stunde, wie die Öffentlich-Rechtlichen es bisweilen handhaben - über die wichtigsten Geschehnisse der vergangenen Stunden, zudem gibt es am späteren Abend das halbstündige Magazin «Together to London». Davon abgesehen zeigt man fast nur Sport - und sogar sehr häufig live.
Ein weiterer Pluspunkt des Senders ist die höhere Kompetenz der Kommentatoren in der Breite. Zwar haben auch ARD und ZDF einige sehr fachkundige Reporter aufstellen können, jedoch kommt es ab und an auch vor, dass Athleten verwechselt, Regeln falsch erklärt oder Hintergrundgeschichten aus dem Zusammenhang gerissen werden. Die größere Leidenschaft für den Sport bemerkt man häufig auch daran, wie unterschiedlich die vermeintlichen Fachmänner und -frauen das Gesehene beim Publikum rüberbringen: Hat man bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten häufig das Gefühl, dass der jeweilige Reporter eine Extradosis Valium eingenommen hat, bemerkt man bei den Verantwortlichen von Eurosport authentische, beinahe nie übertriebene Emotionalität und Leidenschaft, die mit einer angenehmen Prise Lockerheit und Humor garniert wird.
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Warum große Teile des Publikums dennoch kaum in den Genuss der inhaltlich sehr hochwertigen Berichterstattung des Sportsenders kommen, kann nicht nur mit dessen vergleichsweise geringen Bedeutung erklärt werden. Ein Hauptproblem von Eurosport ist die starke Fokussierung auf gewisse Sportarten. Alleine das Gewichtheben wurde beinahe jeden Tag gezeigt, obwohl es zur gleichen Zeit andere, ja oftmals wesentlich relevantere Sportarten zu sehen gab. Auch Radsport und Schwimmen nahmen in der ersten Woche einen beträchtlichen Teil der Sendezeit ein, während das zumindest aus deutscher Sicht relevante Hockey kaum zur Sprache kam. Hiermit einher geht ein weiteres "Problem" des stärker europäisch bzw. global orientierten Senders: Er bedient zu selten deutsche Interessen. Große Teile der deutschen Zuschauerschaft möchten bei Olympia in erster Linie deutschen Athleten die Daumen drücken, während das Interesse für Wettbewerbe ohne deutsche Beteiligung relativ gering ist.
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Alles in allem ist es schwer zu sagen, ob hierzulande das private oder das öffentlich-rechtliche Programmangebot besser ist. Für den Sender Eurosport spricht das sehr fachkundige und überdies noch in vielen Fällen humorvolle und unterhaltsame Kommentatorenteam, bei dem das Zuhören oft deutlich mehr Spaß macht. Auch die klare Ausrichtung auf Live-Sport auf Kosten von Interviews, Zusammenfassungen und sonstigen Nebensächlichkeiten sollte zumindest echten Sportfans gefallen. Dafür muss man jedoch in Kauf nehmen, vom Sender nicht allzu schnell über die wichtigsten Geschehnisse des Tages informiert zu werden und gerne auch mal weniger aufregenden Übertragungen über lange Zeit zu folgen. Bei wem also die Zeit knapp bemessen ist, die Kommentatoren keinen großen Stellenwert genießen und die patriotische Ader sehr stark pulsiert, sollte lieber bei den Öffentlich-Rechtlichen bleiben. Wer sich hingegen nach substanzieller, hochwertiger und detaillierter Sportberichterstattung sehnt, sollte die regelmäßigen Werbespots über sich ergehen lassen und dem Team von Eurosport eine Chance geben - insbesondere bei Leichtathletik-Übertragungen ist dies sicher keine Entscheidung, die man als Sportfan bereuen wird.