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RTL 2012/13: Altbewährtes in neuer Verpackung

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Am Donnerstag hat der Kölner Sender sein Programm der nächsten TV-Season vorgestellt. Darunter befinden sich viele bereits bekannte Neustarts, aber auch einige Überraschungen, die neue Trends im Fernsehen setzen könnten – so zum Beispiel die eigenproduzierten Sitcoms. Ein Kommentar.

Im Vorfeld der Programmpräsentation hat die Branche viel von RTL erwartet: Schließlich wird der Marktführer nicht noch ewig tatenlos zusehen wollen, wie man in der Primetime Quoten abgibt und besonders mit US-Serien und den eigenen Castingshows zahlreiche Zuschauer verliert. Das berüchtigte Ausruhen auf den eigenen Lorbeeren soll also spätestens jetzt vorbei sein: Für all seine drei großen Shows «Das Supertalent» (Foto), «Deutschland sucht den Superstar» und «Let’s Dance» kündigt RTL – teils massive – Neuerungen an, um verloren gegangene Zuschauer zurückzugewinnen. Nach mehreren Jahren ohne größere Änderungen gibt es also nun offenbar Einschnitte – ob dies zum Erfolg oder eher zu weiteren Quotenverlusten führt, bleibt abzuwarten. Fest steht aber: RTL konnte gar nicht länger tatenlos zusehen – und dieser Umstand, auch an bekannten und größtenteils beliebten TV-Formaten weiter zu basteln, steht exemplarisch für den neuen Tatendrang, welchen der Kölner Sender in den nächsten Monaten bei seinem Programm beweist.

Ganz so tatkräftig, wie es bei all den angekündigten Neustarts den Anschein hat, ist RTL aber dann doch nicht: Denn man hat viele Programme, die bereits lange bekannt waren, aber nie gestartet sind, einfach nochmals in die jüngste Präsentation gepackt. So war «Transporter – Die Serie» bereits vor einem Jahr angekündigt worden, ebenso Oliver Pochers Show «Alle auf den Kleinen» und Daniel Hartwichs «Total Blackout», das an diesem Samstag erstmals zu sehen ist. Noch länger her ist das Bekanntwerden der Sitcom «Sekretärinnen»: Von dieser war erstmals im Herbst 2010 die Rede, also vor genau zwei Jahren. Erst im Februar 2012 aber begann der Dreh.

Zum Teil ist das neue RTL-Programm der kommenden Saison also ein nicht ganz so frisches – zumindest nicht auf dem Papier. Die angekündigten Neustarts, die man im vergangenen Jahr vermisste, kommen nun endlich ins Fernsehen. Und sorgen so für frischen Wind beim Marktführer, der – aufgrund eben dieser aufgeschobenen Neustarts – in den vergangenen Monaten eindeutig gefehlt hatte.

Zumindest einige echte Überraschungen hat RTL dennoch parat: So kündigte man mit «Die neuen Abenteuer der alten Christine» (Foto) eine weitere eigenproduzierte Sitcom an, die mit Diana Amft («Doctor’s Diary») prominent besetzt ist – und auf einer US-Comedy basiert, die es auf fünf Staffeln gebracht hat. Damit beschreitet RTL durchaus neue Wege: Denn sehr lange ist es her, dass ein Sender eine deutsche Sitcom direkt nach US-Konzept entwickelt und sich keine eigenen Geschichten ausdenkt. Denn an letzteren sind diese in den vergangenen Jahren meist gescheitert. Sollte das RTL-Projekt ankommen, dann hätte man wohl endlich den Schlüssel dafür gefunden, wie deutsche Sitcoms, gerade im Vergleich zu den nach wie vor populären US-Sitcoms, funktionieren. Mehrere Jahre nach dem Start des heimischen Sitcom-Booms um «Half Men» und «The Big Bang Theory» wäre dies eigentlich auch längst an der Zeit…

Abseits der Eigenproduktionen fährt RTL wie erwartet sein Engagement in US-Serien zurück, nachdem man jüngst zu viele Flops gelandet hatte. Lediglich «Dallas» und «Person of Interest» werden als Neustarts angekündigt, während Klassiker wie «CSI: Miami» und «Dr. House» demnächst auslaufen und Programmlücken hinterlassen. Vermutlich wird RTL donnerstags mittelfristig keine US-Ware mehr zeigen, zumal von «Dallas» bisher nur eine Staffel mit zehn Folgen vorliegt. Inwieweit man auch überhaupt noch den Dienstag mehrstündig mit ausländischer Serienware bestücken kann, bleibt angesichts der bisher spärlichen Ankündigungen ebenfalls fraglich.

Den höchsten Programmanteil bei RTL hat bisher das Doku-Soap- und Reality-Genre gehabt, das der Sender unter dem Oberbegriff „Real Life“ vereint – und von dieser Strategie weicht man nicht ab, sondern verstärkt sie sogar noch: Ganze 25 Sendungen zählt RTL in seiner Pressemitteilung auf, die in der kommenden TV-Saison in diesem Reality-Bereich starten werden. Darunter viele altbekannte Formate wie «Bauer sucht Frau», einige nur einmalige Testausgaben, aber auch neue größere Sendungen wie Christian Rachs dritte RTL-Show. Die Reality-Programme bleiben die Eckpfeiler des Kölner Senders – und dies sogar noch stärker als bisher. In der kommenden TV-Season wird sich wohl auch entscheiden, mit welchen Formaten man langfristig weiter planen kann; einige schwächere Real-Life-Programme werden dann wohl aus dem Raster fallen.

Auch die Reality «Der Bachelor» kommt übrigens zurück. Und da das Comeback dieser Show in diesem Jahr überaus erfolgreich geglückt ist, versucht sich RTL an einem weiteren Klassiker für romantische Herzen: der «Traumhochzeit», die zunächst zwei Folgen bekommt. Generell erscheint das Showprogramm der Kölner deutlich familienfreundlicher – nicht nur, weil man beim «Supertalent» künftig noch mehr Altersgruppen erreichen will, sondern auch wegen der neuen Formate: In «Born to Shine» erlernen Promis von Kindern deren besondere Talente und müssen diese live in der Show vorführen – eine Art «Stunde der Wahrheit» (Sat.1) mit prominenten Gesichtern also. Und in «Unschlagbar» – produziert übrigens von Endemol – duellieren sich ebenfalls Menschen mit ganz besonderen Fähigkeiten. Wenig Neues bietet dagegen das Comedy-Genre, das mit vielen Bühnenprogrammen altbekannter Künstler (zum Beispiel Bülent Ceylan und Kaya Yanar) daherkommt.

Was also erwartet die Zuschauer bis zum nächsten Sommer bei RTL? Ein Programm, das sich punktuell verändert, besonders im Fiction-Bereich. Dort könnte man mit den eigenproduzierten Sitcoms sogar wieder zum Trendsetter für das deutsche Fernsehen werden. Abseits davon erneuert man sich mit bewährten Programmen (wie beim «Supertalent»), mit bewährten Charakterköpfen (wie mit Christian Rach) und mit bewährten Spielkonzepten (wie bei der «Traumhochzeit» oder den neuen Talent-Shows, die in Teilen an «Schlag den Raab» erinnern). All diese bewährten TV-Zutaten präsentiert man in neuer Verpackung, garniert mit ein wenig Experimentierfreude. Immerhin: Verglichen mit den Programmpräsentationen der anderen Sender lesen sich die RTL-Neustarts abwechslungsreicher, mutiger, erfolgversprechender. Das Heft des Handelns hat der Marktführer offenbar (wieder) in die Hand genommen.

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