Mit der Ausstrahlung von Staffel eins der gewagten History-Serie «Spartacus» gelang ProSieben vor einigen Monaten ein Überraschungserfolg. Die actionreiche Serie mit dem Untertitel «Blood and Sand» aus dem Hause Starz holte am Freitagabend regelmäßig überdurchschnittliche Marktanteile und auch die als Prequel angelegte Miniserie «Gods of the Arena» kam mit nur leicht schwächeren Werten daher. Somit verwundert es wenig, dass auch der auf der Handlungsebene direkt an die erste Staffel anknüpfende Nachfolger ab sofort auf dem üblichen Sendeplatz am Freitag um 22:35 Uhr laufen wird.
Dieser späte Sendeplatz ist auch bitter nötig. Denn wie schon seine beiden Vorgänger präsentiert sich auch «Spartacus: Vengeance» als blutige Orgie aus Sex und Gewalt. Wenn der rote Lebenssaft in Zeitlupe gen Kamera spritzt und das sich gegenseitige Verstümmeln der Gladiatoren regelrecht zelebriert wird, wird schnell deutlich: an der serientypischen Handschrift hat sich nichts geändert. Die stylische Optik ist nach wie vor das Ass im Ärmel der Serienmacher, zu denen unter anderen ein weiteres Mal niemand geringeres als Sam Raimi gehört. Der Meister des Makaberem war unter Anderem verantwortlich für Geniestreiche wie «Tanz der Teufel», sowie «Drag Me to Hell» und ist ausführender Produzent der «Spartacus»-Staffeln. Die Vorliebe, seine Zuschauer mit pikanten Bildern zu schockieren, findet sich auch in «Vengeance» wieder, wenngleich die Bilder mittlerweile kaum noch für Aufruhr sorgen dürften. Man möchte fast meinen, den Machern sei nichts Revolutionäres mehr eingefallen, da darauf verzichtet wurde, die Gewaltschraube erneut anzuziehen. War das Gezeigte in Staffel eins noch deftig und schien sich in «Gods of the Arena» sogar zu steigern, legt man sein Hauptaugenmerk in der nun deutschlandweit anlaufenden Staffel mehr und mehr auf die Story. Im Hinblick auf diese darf man ab sofort nämlich einiges erwarten. Störte zu Beginn von «Blood and Sand» noch eine reichlich oberflächliche Handlung, die lediglich alibimäßig dafür sorgte, den Sex und die Gewalt zu rechtfertigen, so straffte sich der Plot zum Ende von Staffel eins und zog sich in seiner Konsequenz herüber in seinen Nachfolger. Ohne Umschweife knüpft «Vengeance» direkt an das Ende von «Blood and Sand» an.
Nachdem Spartacus (neu in seiner Rolle: Liam McIntyre) zu seinem Bedauern festellen muss, von Gladiatorenmeister Batiatus (John Hannah) dreist hinters Licht geführt worden zu sein, zettelt er einen Aufstand an. Einst versprach sein Mentor, ihm auf der Suche nach seiner verlorenen Frau Sura zu helfen, hegte dabei aber lediglich eigene Interessen und benutze Spartacus für seine Zwecke. Der Gladiator begibt sich mit Verbündeten auf einen blutigen Rachefeldzug, aus dem sich schließlich das noch viel größere Vorhaben entwickelt, sämtliche Sklaven zu befreien. Doch Spartacus wird zum Gejagten: Der zum Prätor aufgestiegene Gaius Glaber (Craig Parker) macht es sich zur obersten Priorität, Spartacus gefangen zu nehmen, da dieser zur Belastung für Glabers politischen Aufstieg zu werden droht.
Die wohl auffälligste Änderung, die einem bei «Spartacus: Vengeance» ins Auge fällt, ist die notgedrungene Auswechslung des ehemaligen Hauptdarstellers Andy Whitfield. Dieser zeigte in der ersten Staffel vor allem in den dramatischen Szenen eine beachtliche Leistung, verlor jedoch im September 2011 den tragischen Kampf gegen den Krebs. Ab sofort ist der weitestgehend unbekannte, australische Schauspieler Liam McIntyre («The Pacific», «Nachbarn») in der Rolle des titelgebenden Gladiators zu sehen. Auch er macht seine Sache nicht schlecht und findet einen eleganten Weg, seine Figur gleichzeitig respekteinflößend wie zerbrechlich darzustellen. Jedoch birgt vor allem die unfassbare Ähnlichkeit zu seinem Vorgänger eine gewisse Tragik. Sich für einen gänzlich anderen Typ zu entscheiden, um sich so bewusst von Whitfields Darstellung abzugrenzen, wäre ohne Zweifel falsch gewesen. Dennoch öffnet die optische Übereinstimmung zu McIntyres Vorgänger mühelos Tür und Tor für jedwede Art von Vergleich. So zeigt sich der Australier seiner Rolle entsprechend gut aufgelegt, kommt jedoch bei Weitem nicht an die elegante und detailreiche Darstellung eines Andy Whitfield heran. Besonders in den ruhigeren Momenten zeigt sich McIntyre oftmals zu bemüht, als dass er gänzlich überzeugen könnte. Das wirkt umso tragischer, wenn man die Umstände des Darstellerwechsels berücksichtigt und sich der leichte qualitative Abfall von Spartacus‘ Darstellung bemerkbar macht. Ein wenig relativiert wird dieser Umstand durch die vielen neuen Gesichter, die einen in «Spartacus: Vengeance» erwarten. Sie schaffen es allesamt, sich gut in den Plot einfügen und passen von ihrem Auftreten her gut in den Handlungsverlauf.
Soweit man nach den ersten Folgen von Staffel zwei der «Spartacus»-Reihe ein Fazit ziehen möchte, würde dies folgendermaßen ausfallen: «Spartacus: Vengeance» präsentiert sich als konsequente Fortführung seines Vorgängers «Blood and Sand». Die Handlung zeigt sich anspruchsvoller, die Gewalt befindet sich auf dem Level der vorherigen Staffel, wirkt teilweise sogar ein wenig heruntergefahren. Dies stört nicht, da vor allem die Gewaltspitzen, in die Handlung eingebettet, einen besonders eindringlichen Eindruck hinterlassen. Optisch bewegt man sich weiterhin auf dem gewohnt comichaften Terrain und zieht nach wie vor alle Register der künstlerischen Bildgestaltung. Von übermäßigen Zeitlupen über verschiedene Farbfilter bis hin zu auffallend ansehnlichen Kamerafahrten. Damit kann auch für «Vengeance» eine uneingeschränkte Empfehlung an all diejenigen ausgesprochen werden, die bereits an der ersten Staffel Gefallen gefunden haben oder Fans von experimentellem Serienfernsehen sind. Und bereits im Frühjahr 2013 präsentiert Starz seine Finalstaffel: «Spartacus: War of the Damned».