Hingeschaut

«Beef Brothers»: Authentisches Kochen mit mühsamen Protagonisten

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Große Teile des Formats machten tatsächlich Spaß, nur die Inszenierung der Köche wirkte unangemessen. Dank großer Authentizität hatte man tatsächlich auch Neuartiges zu bieten.

Allmählich hat man auch als regelmäßiger Fernsehzuschauer einen recht ordentlichen Überblick über die Qualität der bislang im Rahmen des «TVLab» ausgestrahlten TV-Formate bekommen, denn auf ZDFneo war am Dienstagabend bereits der vierte von insgesamt sieben Versuchen zu sehen, mit unkonventioneller Unterhaltung möglichst viele Zuschauer zu begeistern. Bei «Beef Brothers» fällt es besonders schwer, an ein unkonventionelles Konzept zu glauben, denn kaum ein Genre leidet hierzulande unter einer solchen Übersättigung wie das der Kochshows. Mit einem beschaulichen Panorama, großer Authentizität bei der Zubereitung der Gerichte und einer besonderen Verbundenheit zur Natur gelingt es in diesem Falle überraschenderweise aber doch, eine Kochshow zu präsentieren, die nicht abgestanden wirkt. Doch es gibt auch einige Mängel zu beanstanden.

Die Stars der Sendung sind die Köche Chakall, Shane und Frank, welche für zwei Tage dabei begleitet werden, wie sie in einem einsamen Bergchalet diverse Gerichte zubereiten - und sich nebenbei immer wieder anfrotzeln. Nach einem vermutlich sogar nicht ganz zufällig an die TV-Serie «Dexter» erinnernden Intro bekommt der Zuschauer bereits einen guten Eindruck von dem, was ihn in den kommenden knapp 30 Minuten hinsichtlich Interaktion der drei Hauptfiguren erwarten wird, denn man hört und sieht wenig später auch ein launiges Wortgefecht zwischen den dreien. Als sie kurz darauf ihr Anwesen erreichen, beginnt auch relativ schnell der etwas substanziellere Teil der Sendung: Sie nehmen einen frisch geschossenen Maibock auseinander, fangen Forellen oder bereiten das Fleisch eines Galloway-Rindes zu.

Dies könnte für den einen oder anderen Zuschauer hier bereits abschreckend wirken, da es in der heutigen Zeit sicher nicht mehr für jeden selbstverständlich ist, Zeuge davon zu werden, wie ein Bock gehäutet wird, ihm innere Organe entnommen werden und anschließend auch gezeigt wird, wie der Rest des Tieres in essbare Kleinteile geschnitten wird. Allerdings weidet man sich hierbei nicht an diesen Momenten, indem man seinem Publikum wirklich brutale oder blutige Szenen präsentiert, sondern betrachtet diese Handlungen als selbstverständlich und notwendig - was sie letztendlich ja auch bei jeglicher Form der Produktion von Tierfleisch für den menschlichen Verzehr sind. Mit dieser angenehmen Authentizität punkten quasi alle Szenen, in denen die Zubereitung des Essens im Vordergrund steht.

Doch leider können es die Macher der Sendung nicht lassen, die drei Profi-Köche mindestens ebenso sehr in den Fokus zu rücken wie ihre Arbeit. Somit kommt man sich als Zuschauer leider etwas zu oft vor, als ob man Gast eines Gesprächs zwischen dreier guter Kumpels ist, die alles daran setzen, einander möglichst viele Sprüche an den Latz zu pfeffern, um danach in großes Gelächter auszubrechen. Dies lenkt leider allzu oft von den wirklich sehr interessanten Gesprächen ab, in denen es vorrangig um die Zubereitung des Fleisches sowie Hintergründe zu den jeweiligen Tieren geht. Zudem hält sich für den neutralen Zuschauer der Witz dieser Männergespräche auch zumeist in eher eng gefassten Grenzen, zumal man sich bei der einen oder anderen Situation leider sogar ernsthaft fragen muss, ob nicht manches inszeniert wurde. Und gerade letzteres ist bei einem ansonsten so authentischen und liebevoll produzierten Format wie diesem tatsächlich sehr bedauerlich.

Ein wichtiges Stilmittel ist bei «Beef Brothers» die Einblendung von Text in allen möglichen Variationen. Mal geht es um nützliche Hintergrundinfos zum Wild, teilweise werden Kurzformen eines Rezeptes eingeblendet, in anderen Fällen jedoch werden auch schlicht und einfach die megahammergeilen Sprüche der Köche noch einmal visualisiert dargestellt und somit noch zusätzlich auf cool getrimmt - und spätestens hier werden sie unnötig und lenken zusätzlich vom eigentlichen Geschehen ab. Allerdings erschließt sich auch der Sinn hinter den Rezepten nur in manchen Fällen, denn es ist doch durchaus zu bezweifeln, ob Ottonormalverbraucher wirklich in den Genuss kommen kann, Maiböcke oder Galloway-Rinder zu verzehren - auszuschließen ist es jedoch auch nicht.

Insgesamt lebt «Beef Brothers» vor allem von der authentischen und konventionellen Zubereitung der verschiedenen Gerichte, bei denen man als Zuschauer tatsächlich sehr interessiert daran ist, selbst mal zu kosten. Auch die Bergidylle ist wunderbar anzusehen und passt sich dem natürlichen Flair an, welches das Format generell umgibt. Leider lässt man es sich aber nicht nehmen, auch verkrampft, wenn nicht sogar aufgesetzt wirkende Momente einzubauen, die wohl den Konflikt der drei Köche untereinander etwas anstacheln und somit für die vermeintlich nötige Reibung sorgen sollen. Dies wäre keineswegs nötig gewesen. Ob man hiervon letztlich tatsächlich viele Folgen unbedingt sehen möchte, darf ohnehin durchaus bezweifelt werden. Die Begeisterung der Internetgemeinde jedenfalls hält sich in Grenzen, denn am späten Dienstagabend lag die Sendung bei der Onlineabstimmung auf dem letzten Platz.

Kurz-URL: qmde.de/58790
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